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PolitikGlobal

Warum die EU und die USA gegen TikTok vorgehen

24. April 2024

Die USA fordern einen Zwangsverkauf der chinesischen Video-App TikTok, die EU leitet ein weiteres Verfahren gegen sie ein. Wo liegt das Problem?

TikTok-Logo vor dem US-Firmensitz in Kalifornien, USA
TikTok-Logo vor dem US-Firmensitz in Kalifornien, USA : Muss TikTok bald verkauft werden? Bild: Mario Tama/Getty Images

Es gibt wohl kaum eine andere App, die unter Kindern und Jugendlichen weltweit so beliebt ist wie TikTok - und kaum eine, die so umstritten ist. In den vergangenen Tagen zog die chinesische Videoplattform einmal mehr Ärger auf sich. Ein Überblick.

Warum soll TikTok in den USA gebannt werden? 

Der US-Senat stimmte am späten Dienstag (Ortszeit) für einen Zwangsverkauf der App in den USA. Das US-Gesetz hatte damit auch die zweite Kongresskammer passiert, erst am Wochenende hatte auch das US-Repräsentantenhaus dafür gestimmt. Damit kommt es nun auf den Tisch von Präsident Joe Biden, der bereits ankündigte, dass er es unterschreiben wird. 

TikTok soll sich demnach innerhalb von 270 Tagen von seinem chinesischen Mutterkonzern Bytedance lösen, gegebenenfalls könnte die Frist noch einmal um 90 Tage verlängert werden. Andernfalls müsste TikTok aus den App-Stores von Apple, Google und Co. entfernt werden. Zumindest ein neuer Download würde damit verhindert.

Die parlamentarische Initiative gegen Tiktok entspringt Datenschutzsorgen: Bytedance steht im Verdacht, der Kommunistischen Partei Chinas Zugriff auf die Nutzerdaten zu ermöglichen. In den USA sind das etwa 170 Millionen Menschen. Konkret wird befürchtet, dass Tiktok gezwungen werden könnte, Nutzerdaten herauszugeben. Außerdem könnte China Propaganda und Desinformation über den Algorithmus ausspielen. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück. 

Warum ermittelt die EU? 

Auch die EU hat TikTok mal wieder im Visier - wenn auch aus gänzlich anderen Gründen. In einem neuen Verfahren soll geprüft werden, ob die Belohnungsfunktion der neuen App TikTok lite die psychische Gesundheit von Jugendlichen gefährdet und damit gegen EU-Regeln verstößt. Die neue App gibt es seit April und ist innerhalb Europas derzeit nur in Frankreich und Spanien verfügbar.

Scrollen, scrollen, scrollen: Viele Jugendliche verbringen Stunden auf TikTok ( Symbolbild) Bild: Zacharie Scheurer/dpa-tmn/picture alliance

Große soziale Plattformen wie Facebook, X (ehemals Twitter), Instagram und eben auch TikTok müssen seit August 2023 die Vorgaben des Digital Services Act (DSA) erfüllen. Das Gesetz über digitale Dienste soll illegale oder schädliche Online-Aktivitäten verhindern. Auch sogenannte "dark patterns", also manipulative Praktiken, um Nutzer auf Plattformen zu halten, sind verboten.

Die EU-Kommission kritisiert, TikTok habe die neue App-Version "TikTok Lite" in den beiden EU-Mitgliedsstaaten eingeführt, ohne die Risiken vorab ausreichend zu bewerten. Der Konzern hatte bis zum 18. April Zeit, einen Bericht vorzulegen, die Frist aber zunächst verstreichen lassen. Er bekam eine neuen 24-Stunden-Frist eingeräumt und reichte die geforderte Risikoeinschätzung für die neue App nach eigenen Aussagen diesen Dienstag ein.

Damit wendete die für ihre Tanzvideos bekannte und besonders bei Jugendlichen beliebte Plattform eine Strafzahlung vorerst ab. Andernfalls hätte die EU Geldstrafen verhängen können - in Höhe von bis zu einem Prozent der gesamten Jahreseinnahmen. Auch die umstrittene Belohnungsfunktion der neuen App-Version (siehe unten) hätte blockiert werden können.

Schon im Februar hatte die EU ein Verfahren gegen TikTok eröffnet. Dabei ging es unter anderem um mutmaßlich mangelhaften Jugendschutz.

Warum gilt "TikTok Lite" als besonders süchtig machend?

"TikTok Lite" enthält ein neues Punkte-System, das es in der herkömmlichen TikTok-Version nicht gibt. Wer möglichst viele Videos schaut, Inhalte liked - also positiv bewertet - oder Freunde zu TikTok einlädt, erhält digitale Münzen. Diese Münzen können gegen Gutscheine ausgetauscht werden, zum Beispiel für den Online-Händler Amazon. Diese Funktion sei besonders süchtig machend, hieß es von der EU-Kommission.

Bei jungen Mädchen sind besonders die Tanzinhalte der App beliebt (Symbolbild) Bild: ROBIN UTRECHT/picture alliance

Die App, die auch viele Tanz- und Mitsingvideos enthält, ist besonders bei Kindern und Jugendlichen beliebt. Laut den Nutzungsbedingungen müssen Nutzende mindestens 13 Jahre alt sein. Unter 18 Jahren müssen Eltern oder andere Erziehungsberechtigte zudem noch offiziell zustimmen. Es sei jedoch nicht erkennbar, ob das Alter wirksam überprüft werde, erklärte die Kommission weiter.

Macht TikTok generell süchtiger als andere soziale Medien?

Die Algorithmen von TikTok funktionieren etwas anders als die Algorithmen älterer Social-Media-Plattformen - und machen deshalb möglicherweise noch schneller süchtig. Anders als die bisherigen Plattformen zeigen sie von Anfang auch Videos, die andere Nutzende ansprechend fanden, statt vor allem Inhalte von abonnierten Konten abzubilden.

Und: TikToks Algorithmen sind höchst intelligent. Je mehr Zeit Nutzende auf TikTok verbringen, desto präziser werden die Vorhersagen, was gefallen könnte.

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Das bleibt nicht ohne Folgen: In den USA verbringen junge TikTok-Nutzerinnen durchschnittlich mehr als 2,5 Stunden vor der App. Das geht aus einer Studie hervor, aus der die "Washington Post" im März 2023 zitierte. Von diesen Mädchen bezeichnet sich fast jede zweite als süchtig. Besonders anfällig sind demnach Mädchen mit Depressionen.

Ein Teil der Jugendlichen benutzt die App sogar mehr oder weniger immer. Laut dem US-amerikanischen Meinungsforschungsinstitut Pew Research mit Stand September 2023 verbringen etwa 17 Prozent der Jugendlichen ihre Zeit damit, eigentlich konstant ("almost constantly" ) durch die App zu scrollen. Ein Spitzenwert im Vergleich zu anderen Apps.

Dieser Artikel wurde am 24. April aktualisiert. 

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