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US-Notenbank senkt Leitzinsen

Sophie Schimansky
19. September 2019

Die amerikanische Notenbank macht es billiger, Geld zu leihen. Noch ist die US-Wirtschaft zwar stark, doch die Fed sieht Risiken. Sie liegen sowohl in der globalen Wirtschaft als auch in den USA selbst.

USA PK Jerome Powell in Washington
US-Notenbankchef Jerome Powell vor der Presse Bild: Reuters/S. Silbiger

Die Notenbank Fed senkte die US-Leitzinsen um einen Viertel Prozentpunkt auf eine Spanne von 1,75 bis 2 Prozent. Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell verkündete die Entscheidung der Notenbanker gestern vor der Presse in Washington. Es ist bereits die zweite Zinssenkung dieses Jahr und die zweite seit der Finanzkrise 2008.

Eigentlich sind Zinssenkungen dazu gedacht, eine Volkswirtschaft in einer Rezession wieder in Schwung zu bringen. Das niedrige Zinsniveau macht Sparen unattraktiv, dafür werden Unternehmen und Konsumenten dazu angeregt, günstige Kredite aufzunehmen. Unternehmen investieren eher, Konsumenten kaufen eher. So wächst die Wirtschaft. Die letzte Leitzinssenkung durch die FED vor den beiden Zinsschnitten in diesem Jahr kam direkt nach der Finanzkrise 2008.

Vorsichtsmaßnahme

Dass die Zinsen aktuell gesenkt werden, bedeutet nicht unbedingt, dass eine Krise bevorsteht. Vielmehr ist es eine Art Vorsichtsmaßnahme, ähnlich wie bereits die Zinssenkung im Juli. Die Notenbank will die US-Wirtschaft stärken, bevor sie überhaupt erst in eine Rezession oder Krise abrutschen kann. "Die Wirtschaft soll stark bleiben”, sagte Powell auf der Pressekonferenz. Sie befindet sich derzeit im längsten Aufschwung der Geschichte und wächst bereits seit 11 Jahren. Vor allem die Triebfeder der US-Konjunktur, der Konsument, wird nicht müde: Das Verbrauchervertrauen ist solide, die Einkommen der Haushalte wachsen, und die Arbeitslosigkeit ist seit 2011 stetig gefallen, von neun Prozent auf nunmehr knapp vier Prozent. Das Fed-Motto könnte demnach lauten: "Vorsicht ist besser als Nachsicht”.

Die Federal Reserve, die US-Notenbank in WashingtonBild: picture-alliance/Photoshot/L. Jie

Noch ist die Notenbank zuversichtlich, sie erhöhte sogar ihre Prognose für das amerikanische Wirtschaftswachstum auf nun 2,2 Prozent von 2,1 Prozent im Juni. "Es ist eine ungewöhnliche Situation", sagte Powell. „Die US-Wirtschaft an sich ist stark. Und doch gibt es erhebliche Risiken, die es zu bewältigen gibt.” Die Risiken liegen vor allem in einem schwächeren oder gar fallenden Wirtschaftswachstum in China und Europa, aber auch ungelöste geo-politische Problemen wie der Brexit spielen eine Rolle.

Hausgemachte Bedrohung

Eine Bedrohung ist allerdings selbstgemacht: die von US-Präsident Trump angezettelten Handelskonflikte. Die schwächen nicht nur ausländische Volkswirtschaften, sondern auch die US-amerikanische selbst. Das zeigen die Daten bereits. Die Exporte der US-amerikanischen Unternehmen sind im Vergleich zum Vorjahr tendenziell gefallen: Eine Umfrage unter US-Herstellern im August hat ergeben, dass auch die Exportaufträge auf ein 10-Jahres Tief gefallen sind. Das bedeutet, dass "die Exporte in den nächsten Monaten wahrscheinlich stark zurückgehen", schreibt der britische Ökonom Ian Shepherdson in einer Notiz an Kunden.

Die Auswirkungen auf das BIP-Wachstum im dritten Quartal dürften noch "moderat" sein, aber die weiteren Aussichten seien düster, so Shepherdson. Und auch die Notenbank sieht Grund zur Sorge in diesem Bereich: Sie hat US-Unternehmen befragt, wie zuversichtlich sie in die Zukunft schauen. Das Ergebnis: Sie scheuten sich vor Investitionen, weil sie eine negative Entwicklung ihrer Geschäfte erwarteten, erklärte Powell.

Wie es weitergehen könnte

Mindestens genauso wichtig wie die gestrige Entscheidung ist für Anleger der weitere Pfad der Geldpolitik. Den hält sich die Notenbank offen. Powell betonte in der Pressekonferenz mehrmals, alles hänge davon ab, wie sich die Wirtschaft weiter entwickelt. "Wenn die Wirtschaft Schwäche zeigen sollte, könnten weitere Zinssenkungen angebracht sein", sagte er.

Notenbankchef Powell und US-Präsident TrumpBild: picture-alliance/AP Photo/P. M. Monsivais

Die Lage ist komplex, so verwundert es nicht, dass die Mitglieder im zuständigen sogenannten Offenmarktausschusses der Notenbank alles andere als einig sind. Das wird ersichtlich beim Blick in die Fed-Mitteilung. Nur eine relative Mehrheit, nämlich sieben der 17 Mitglieder, sprach sich für eine weitere Zinssenkung in diesem Jahr aus; fünf Mitglieder finden, es sollte dieses Jahr keine weitere Senkung mehr geben; weitere fünf wollten bereits nach der Senkung im Juni Schluss machen. Die Notenbank hat keinerlei Interesse daran, die Märkte zu überraschen oder gar zu schocken und versucht deshalb, möglichst transparent zu agieren. Doch momentan scheint es, als wüssten selbst die Notenbanker nicht, wie mit dem aktuellen Szenario umgehen. Diese Unentschlossenheit bremste auch die Anleger in den ersten beiden Handelsstunden nach der Fed-Pressekonferenz. Die Kurse an der Wallstreet fielen zunächst, der Dow Jones Index schloss dann aber ganz knapp im Plus.

Trump schießt gegen Powell

Noch unzufriedener mit der Entscheidung der Notenbank zeigte sich US-Präsident Donald Trump. Er fordert seit Monaten Zinssenkungen und erhofft sich so einen Wachstumsschub - kurz vor dem Wahljahr 2020, wie manche mutmaßen. Den Zinsschritt dieser Woche empfand er, wenig überraschend, als zu zögerlich und schrieb auf Twitter: "Jay Powell und die Federal Reserve scheitern erneut. Kein 'Mut', kein Sinn, keine Vision! Ein schrecklicher Kommunikator!” Powell seinerseits meinte vor der Presse, dass er sich generell nicht zu Kommentaren von "gewählten Amtsträgern" äußere. In der Vergangenheit hatte er immer wieder die Unabhängigkeit der Notenbank vom Weißen Haus betont.

 

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