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Warum Hongkong für China so wichtig ist

Clifford Coonan dk
16. August 2019

Peking hat bisher keine paramilitärischen Einheiten der Volkspolizei über die Grenze nach Hongkong geschickt. Wichtigster Grund: China braucht Hongkong noch, denn Shanghai und Shenzhen sind noch nicht so weit.

Hong Kong Finanzmarkt - Börse
Bild: picture-alliance/AP/V. Yu

China braucht Hongkong nicht mehr ganz so dringend wie 1997, als die Stadt von Großbritannien an die Volksrepublik zurückgegeben wurde. Aber die Sonderverwaltungszone bleibt ein wichtiger Teil von Chinas Wirtschaft, einer, den zu schwächen China sich nicht leisten kann.

In den vergangenen vier Jahrzehnten ist China zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt und zu einem integralen Teil des globalen Finanzsystems geworden. Dieser Aufstieg ist durch Hongkong erst ermöglicht worden. Weil die Volksrepublik viele ökonomische Reformen erst noch anpacken muss, ist Hongkong als Tor zur kapitalistischen Welt überlebenswichtig für Peking.

Ungeliebtes "Kind"

Schon bevor die aktuellen Proteste in Hongkong entbrannten, war das Verhältnis zwischen Hongkong und Peking nicht spannungsfrei - ungeachtet der regelmäßigen Beteuerungen der Regierung, die Landsleute im Süden besonders gern zu haben. Hongkong wird von vielen Festlandchinesen, unter ihnen auch hohe Beamte, als verwöhntes und ungezogenes Kind wahrgenommen.

Hongkongs Jugend steht auf

12:37

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Aber harte Maßregelungen der Stadt durch Peking würde die Stabilität Chinas sehr viel stärker gefährden, als es die maskierten Demonstranten je könnten. Die Auswirkungen würden schnell auf Festlandchina überspringen und das daraus resultierende negative Image würde Investoren verschrecken und Chinas Fähigkeit, international Handel zu treiben, beeinträchtigen.

 

Druck durch den Handelsstreit mit den USA

Durch den Handelsstreit und den Boykott des Telekom-Riesen Huawei sind Peking die Hände gebunden. Chinesische Firmen sind angewiesen, ihre Abhhängigkeit von fremdem Geld und fremder Technik zu reduzieren - und das heißt wiederum, den Fokus verstärkt auf Hongkong zu richten.

So furchteinflößend die Polizisten auch auftreten - Peking könnte auch anders und hat doch gute Gründe, es nicht zu tunBild: picture-alliance/dpa/AP/V. Yu

Die chinesischen Direktinvestitionen in Hongkong belaufen sich auf 620 Milliarden Dollar, das sind 70 Prozent mehr als das Hongkonger Bruttoinlandsprodukt. Von den zehn größten Neu-Emmissionen an der Börse seit 1986 kamen neun aus China. Rund die Hälfte aller an der Hongkonger Börse notierten Unternehmen kommen vom Festland, darunter 50 der größten Staatsunternehmen.

Festlandunternehmen haben 2017 in Hongkong Kapital in Höhe von 47 Milliarden Dollar am Aktienmarkt und 66 Milliarden Dollar am Anleihenmarkt eingesammelt .

Trotz jahrelanger Versprechen, das zu ändern, ist der Yuan noch immer nicht frei konvertierbar. Kapitalkontrollen behindern den Geldfluss über die Grenzen. Die Yuan-Einlagen in Hongkong summieren sich auf 100 Milliarden US-Dollar. Nahezu 60 Prozent der chinesischen Auslandsinvestitionen, darunter auch jene für Präsident Xi Jinpings Prestigeprojekt der "Neuen Seidenstraße”, laufen über Hongkong.

Schlüssel des "Greater-Bay-Area"-Projektes

Dabei geht es nicht einmal nur ums Geld: Honkong ist ein wichtiger Teil der "Greater-Bay-Area", die neben Hongkong auch Macao und die neun großen Städte der Provinz Guangdong umfasst. In dieser Region, die eine Wirtschaftskraft von 1,5 Billionen Dollar hat, leben 70 Millionen Menschen.

China braucht Hongkong, um einen zunehmend grauer erscheinenden wirtschaftlichen Ausblick aufhellen zu können: Die Jahre zweistelliger Wachstumsquoten sind vorüber. Aktuelle Daten zeigen, dass das Wachstum bei der Industrieproduktion und bei den Einzelhandelsumsätzen - beides Schlüsselparameter für Chinas wirtschaftliches Wohlbefinden - im Juli gesunken sind.

Shenzhen und Shanghai statt Hongkong

China macht sich bereits auf Gebieten breit, die eigentlich von Hongkong bestimmt werden, zum Beispiel beim Handel über die Containerhäfen. Außerdem baut die Kommunistische Partei an Alternativen, besonders in der Finanzmetropole Shanghai und im Innovationszentrum Shenzhen - die aber beide noch nicht soweit sind, Hongkong ersetzen zu können.

Im Juli gaben 25 Unternehmen ihren Einstand an der Börse in Shanghai, und zwar im neu geschaffenen "Science and Technology Innovation Board" (STAR). Der soll dazu dienen, Kapital aus Übersee nach China zurückzulocken und gleichzeitig Shanghais Wettbewerbsposition gegenüber Hongkong zu fördern

Hongkong bietet jene Flexibilität, von der Wettbewerber auf dem Festland nur träumen können. Außerdem ist der Finanzmarkt der früheren britischen Kronkolonie eine wichtige Anlaufstelle für Unternehmen aus der Volksrepublik, wenn sie Geld bei Börsengängen einsammeln wollen. Dies wird durch ein dichtes regulatorisches Umfeld gewährleistet, das manche für das beste und offenste in der Region halten.

Jahr für Jahr  - und das seit einem Vierteljahrhundert - nennt der Washingtoner Thinktank "The Heritage Foundation" Hongkong die freieste Wirtschaftszone der Welt. Zum Vergleich: Auf dieser Liste rangiert China an 100. Stelle.

Auch Xi Jinpings Traum von der Neuen Seidenstraße wäre ohne Hongkong so nicht möglichBild: Arte France/Megane

Auch der Rest der Welt braucht Hongkong

Investoren mögen die "Ein-Land-zwei-Systeme"-Übereinkunft, die Großbritannien und China 1997 getroffen haben. Sie garantiert die Kontinuität gesetzlicher Rahmenbedingunen genauso wie eine eigene Währung und eine Bestandsgarantie für eine "kapitalistische Wirtschaft" bis 2047.

Die Hong-Kong-Monetary-Authority (das ist die Zentralbank) und ihre Regulatoren, die Sicherheits- und die Zukunftskommission, haben den Ruf, fortschrittlich und zuverlässig zu sein.

Deshalb ist Hongkong Basis für mehr als 1500 multinationale Firmen, die einen unkomplizierten Weg auf den chinesischen Markt suchen. 60 Prozent der Auslandsinvestitionen in China finden ihren Weg via Hongkong.

Die Stadt bietet Investoren Sicherheit. Darunter sind auch einige sehr hohe Kader der Kommunistischen Partei, die es nicht gern sähen, wenn die gegenwärtige Krise die Wirtschaft verunsichern würde. Die chinesische Führung hat genug in Hongkonger Wohnhäuser und Börsen-Standardwerte investiert, um dafür zu sorgen, dass die bewaffnete Volkspolizei noch länger in ihren Kasernen bleibt.

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