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Warum in Bratislava?

Vladimir Müller24. Februar 2005

Warum fand das Treffen zwischen Putin und Bush ausgerechnet in der Slowakei statt? Sicherheitsgründe mögen eine Rolle gespielt haben. Doch es gibt andere, weit wichtigere Gründe.

Alles ruhig in BratislavaBild: AP

Die Slowakei, in deren Hauptstadt Bratislava das Treffen stattfand, hat auf jeden Fall vom Gipfel profitiert. Denn für diesen einen Tag stand die jüngste Republik Europas im Licht der Weltpolitik - Balsam für die Seele der 5,5 Millionen Einwohner des Landes zwischen der Donau und der Hohen Tatra.

Seit der friedlichen Trennung von Tschechien 1993 leiden die Slowaken unter einem Minderwertigkeitskomplex. Nicht zuletzt wegen der ständigen Verwechlslung mit Slowenien. Hinzu kommt, dass das Land bis 1998 wegen der autoritären Politik des damaligen Premiers Vladimir Meciar von den EU- und NATO-Beitrittsverhandlungen ausgeschlossen wurde.

Die Burg von Bratislava (Slowakei) in BesuchsbeflaggungBild: AP

Vom Außenseiter zum Partner

Die Außenseiterrolle gehört inzwischen der Vergangenheit an: Unter dem christdemokratischen Premier Mikulas Dzurinda und seiner konservativ-liberalen Regierungskoalition ist die Slowakei in den letzten sechs Jahren zu einem verlässlichen Partner des Westens geworden. Vor allem für die USA. "Im transatlantischen Streit hat die Slowakei - zumindest seit 2003 - mehr die amerikanische Seite favorisiert", meint der Politologe Ivo Samson. "Die Slowakei ist loyal in dem Sinne, dass sie nicht nur verbal die Notwendigkeit der transatlantischen Beziehungen betont. Sie hat auch die nötige Hilfe geleistet, indem sie sich in Afghanistan und auch im Irak engagiert."

Die Slowaken schicken allerdings keine Kampfeinheiten, sie helfen vor allem beim Minenräumen. Für die USA ist aber offensichtlich von Bedeutung, dass die Regierung in Bratislava an dieser Mission festhalten will und ihre Truppen im Gegensatz zu anderen Verbündeten keinesfalls zu verringern oder gar aus den Konfliktregionen abzuziehen gedenkt.

Mitteleuropäischer Tiger

Dann sind da noch die sehr guten persönlichen Beziehungen zwischen US-Präsident Bush und dem slowakischen Premier Dzurinda: Sie kennen sich bereits seit 2001. Die Chemie zwischen den beiden stimme hundertprozentig, sagen Beobachter. Und noch ein weiterer Grund hat für die amerikanische Seite bei der Wahl Bratislavas als Ort des amerikanisch-russischen Gipfels eine Rolle gespielt. "Die Slowakei wird als eine Art 'mitteleuropäischer Tiger' angesehen", sagt Samson. "Vielleicht wollen die Vereinigten Staaten ihre Anerkennung zollen für die radikalen und unpopulären Maßnahmen, die die Slowakei im Rahmen ihrer Wirtschaftsreformen unternommen hatte."

Vor allem wegen des spektakulären Steuersystems wird das Transformationsland Slowakei von vielen als ein kleines Wirtschaftswunderland betrachtet: 19 Prozent Mehrwertsteuer für die meisten Güter sowie eine Besteuerung von Einkommen und Unternehmensgewinnen von ebenfalls 19 Prozent sollten vor allem ausländische Investoren ins Land locken. Die Rechnung ging auf: Eine ganze Reihe von Großkonzernen, aber auch mittelständische Firmen sind inzwischen in der Slowakei tätig. Die Region Bratislava ist unter den neuen EU-Mitgliedern nach Prag die am meisten entwickelte und hat bereits den EU-Durchschnitt erreicht.

Wenig Interesse an Putin

Doch eines fällt auf: Während der Bush-Besuch in Bratislava in den slowakischen Medien als das eigentliche Ereignis gefeiert wurde, galt Wladimir Putin nur wenig Interesse. Dies wird wohl auch ein Symbol der neuen Machtverteilung in Europa nach dem Fall der Kommunismus sein: Einerseits wollen die einstigen kommunistischen Länder auch in Zukunft gute wirtschaftliche Beziehungen mit Russland pflegen - die Slowakei ist beispielsweise vom russischen Erdöl und Erdgas nach wie vor abhängig.

Politisch aber positioniert sich das "neue Europa" eindeutig prowestlich - und ohne Ambitionen, eine Brückenfunktion zu übernehmen.

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