Eine Inzidenz von mehr als 5200 - und trotzdem dürfen die Dänen seit Dienstag wieder in Diskos oder auf Großveranstaltungen. Auch die Maskenpflicht ist passé. Wie passt das zusammen?
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Seit zwei Jahren steckt die Welt nun schon in der Corona-Pandemie. Im vergangenen Winter waren die Verhältnisse noch klar: Je höher die Inzidenzzahlen, desto besorgter die Gesichter der Gesundheitsexperten und Politiker, und desto strenger die Einschränkungen.
Aber spätestens seitdem die hochansteckende Omikron-Variante um sich greift, hat sich das geändert. Inzidenzen in den Tausenden führen nicht mehr zu Lockdowns, die früher schon galten, wenn die Hunderter-Marke überschritten wurde. Ein wichtiger Unterschied zum vergangenen Winter ist, dass heute Millionen von Menschen gegen das Coronavirus geimpft sind.
Trotzdem klingen Nachrichten wie die, die nun aus Dänemark kommen, immer noch überraschend: Zum 1. Februar hat das nordeuropäische Land fast alle Corona-Einschränkungen abgeschafft, und das trotz einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 5200 auf 100.000 Einwohner.
"Wir sagen 'Auf Wiedersehen' zu Einschränkungen und 'Hallo' zu dem Leben, das wir vor Corona kannten", sagte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen.
Wie ist die aktuelle Corona-Lage in Dänemark?
Das Land erlebt zur Zeit Rekordinfektionszahlen. Am 1. Februar lag die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Menschen innerhalb der letzten sieben Tage bei 5236. Das ist wesentlich höher als beispielsweise im Nachbarland Deutschland, wo die Sieben-Tage-Inzidenz am 1. Februar bei 1206 lag.
Wichtig dabei: Der internationale Vergleich hinkt etwas, weil jedes Land unterschiedliche Teststrategien fährt. Deutschland etwa hat seit kurzem den Zugang zu den als "Goldstandard" geltenden PCR-Tests für bestimmte Gruppen priorisiert, weil die Labore mit der Auswertung nicht mehr hinterherkommen. In Dänemark dagegen kann sich jeder online für einen gratis PCR-Test anmelden.
Aber die Inzidenz ist auch nicht mehr der einzige entscheidende Wert. Durch die Impfungen haben viele Infizierte bei ihrer Corona-Erkrankung nur einen milden Verlauf oder sogar gar keine Symptome. Und in Dänemark sind laut des Portals "Corona in Zahlen", das sich auf die täglichen Erhebungen der Johns Hopkins University stützt, 81,4 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft, während mehr als 61 Prozent bereits ihren Booster bekommen haben. In Deutschland sind nur 74 Prozent der Bevölkerung zweimal geimpft und 53 Prozent geboostert.
Welche Einschränkungen fallen weg?
Ab dem 1. Februar gehört die Maskenpflicht der Vergangenheit an. Die Menschen in Dänemark müssen keine Impf- oder Genesenennachweise mehr vorzeigen und sich nicht mehr testen lassen. Bei Großveranstaltungen gelten keine Kapazitätsgrenzen mehr. Auch in Stadien darf wieder jeder letzte Platz besetzt werden, und der Besuch von Clubs und Bars ist ebenfalls wieder erlaubt.
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Was ist die Begründung?
Laut Ministerpräsidentin Frederiksen schaue man nun, wie viele Menschen nach einer Infektion ernsthaft erkrankten und zum Beispiel auf die Intensivstation eingewiesen werden müssten - und diese Zahl gehe nach unten. Die Letalitätsrate, also die Anzahl der an Corona-Infizierten, die verstirbt, ist mit 0,22 Prozent ebenfalls verhältnismäßig niedrig. In Deutschland beispielsweise liegt sie bei 1,18 Prozent, in Spanien, wo ähnlich viele Menschen zweimal geimpft sind wie in Dänemark, bei 0,94 Prozent.
"Praktisch alle Infektionen in Dänemark sind jetzt Omikron [-Fälle]", twittert Michael Bang Petersen. Der Politikwissenschaftler leitet das größte Projekt zum Verhalten der Bevölkerung in der Pandemie und berät die dänische Regierung in Corona-Fragen. "Die Kombination von Omikron und dem hohen Anteil Geboosterter sorgt dafür, dass Infektion und ernsthafte Erkrankung nicht mehr aneinander geknüpft sind."
Das betont auch der dänische Gesundheitsminister Magnus Heunicke. Innerhalb von zwei Wochen habe sich zwar der Inzidenzwert von rund 3000 auf mehr als 5000 gesteigert. Aber gleichzeitig habe sich die Zahl der Patientinnen und Patienten auf den Intensivstationen seit Anfang Januar halbiert, zitiert tagesschau.de den Minister.
Weiter zu machen mit den Einschränkungen bringt außerdem Kosten für "Wirtschaft, Wohlbefinden und demokratische Rechte" mit sich, schreibt Petersen auf Twitter. Und die würden zu "Pandemie-Erschöpfung" führen.
"Lockdowns verursachen Misstrauen, von daher ist es klug, Maßnahmen zu lockern, wenn das möglich ist", so Petersen. "Wenn es noch nicht vorbei ist - wenn Lockdowns wieder eingeführt werden müssen - wird die Gesellschaft so viel Vertrauen und Solidarität brauchen, wie sie nur irgend aufbringen kann."
Welche Regeln bleiben noch bestehen?
In Krankenhäusern und Pflegeheimen ist die Maske weiterhin Pflicht, und Besucher müssen hier den Geimpft- oder Genesenennachweis vorzeigen, um besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen zu schützen.
Vier Wochen lang soll es noch Einreisebeschränkungen für Ungeimpfte geben. Danach gilt: Wer weder geimpft noch genesen ist, darf nach Dänemark einreisen, muss sich aber in den Tagen vor oder spätestens bis zu 24 Stunden nach der Ankunft auf Corona testen.
Margrethe II. von Dänemark: 50 Jahre auf dem Thron
Erst der 80. Geburtstag, jetzt das Thronjubiläum - beide Male mussten die Feierlichkeiten coronabedingt abgesagt werden. Feiern will Dänemark seine Königin Margrethe II. trotzdem.
So kennen und lieben die Dänen ihre Königin: Immer gut gelaunt, fröhlich lächelnd und farbenfroh gekleidet. Um höfische Konventionen hat sich Margrethe II. nie geschert. Sie ist eine volksnahe Monarchin zum Anfassen und hält nichts von Distanz zu ihren Landsleuten.
Bild: Carsten Rehder/picture alliance/dpa
Als man noch jubeln durfte
Wenn sie dürften, würden die Dänen ihrer Königin deswegen zum 50. Thronjubiläum 2022 wohl genauso enthusiastisch zujubeln wie 2012 zum 40., als sie auf den Balkon von Schloss Amalienborg dem Volk zuwinkte. Doch Corona lässt solche Menschenaufläufe nicht zu.
Bild: Peng Zhongmin/Xinhua/picture alliance
Feierlichkeiten beim 40. Thronjubiläum
Am 14. Januar 2012 konnte Königin Margrethe II. den Gratulantinnen und Gratulanten in Kopenhagen noch unbeschwert gegenübertreten. Fröhlich strahlend, wie man sie kennt. Seit ihrer Thronbesteigung erfreut sich die dänische Königsfamilie großer Beliebtheit bei ihrem Volk.
Bild: KELD NAVNTOFT/AFP/Getty Images
Ein Geschenk für die Königin
Zum feierlichen Anlass ließ das dänische Parlament es sich damals nicht nehmen, der Königin ein Geschenk zu überreichen: einen Teppich mit dem royalen Wappen. Die Monarchin nimmt zwar nur repräsentative Pflichten wahr, trotzdem bedarf jedes neue Gesetz auch ihrer Unterschrift. Margrethes königlicher Wahlspruch: "Gottes Hilfe, Volkes Liebe, Dänemarks Stärken".
Bild: Liselotte Sabroe/dpa/picture alliance
Eine Büste für die Königin
Auch zum 25. Thronjubiläum 1997 gab es ein Geschenk der dänischen Regierung. Der Bildhauer Hans Pauli Olsen (r.) hatte eine Büste der Königin geschaffen, die hier von Margrethe II. und Prinz Henrik in Augenschein genommen wird. Die Monarchin hat ein Faible für Kunst, entwirft sie doch selbst leidenschaftlich gern Kostüme und Bühnenbilder und gibt sogar Kinderbücher mit eigenen Zeichnungen heraus.
Bild: Politikens Presse Foto/dpa/picture alliance
Illustre Gästeliste
Natürlich gab es beim 40. Thronjubiläum auch ein standesgemäßes Galadiner im Schloss Christiansborg im Herzen der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Ursprünglich nur für die royale Familie erbaut, zogen hier später auch das Parlament und das Oberste Gericht ein. Hier begrüßt Margrethe II. ihre Gäste, darunter den schwedischen König Carl Gustaf (l.) und den norwegischen Monarchen Harald I.
Als Margrethe Alexandrine Thorhildur Ingrid am 16. April 1940 das Licht der Welt erblickte, war nicht abzusehen, dass sie eines Tages regierende Königin und damit Staatsoberhaupt Dänemarks, der Färöer Inseln und Grönlands werden würde. Noch war damals ein Mann als Monarch vorgesehen.
Bild: Scanpix Denmark/picture alliance
Mit 13 zur Thronfolgerin ernannt
Margrethes (r.) Kindheit war glücklich und unbeschwert. Zusammen mit ihren jüngeren Schwestern Anne-Marie (l.) und Benedikte wuchs sie auf Schloss Amalienborg auf. Weil ihr Vater, König Frederik IX., keinen Sohn bekam, ließ er das Thronfolgegesetz ändern - übrigens per Volksabstimmung. Fortan durfte auch eine Frau die Krone tragen. Mit 13 Jahren wurde Margrethe 1953 so offizielle Thronfolgerin.
Bild: Polfoto Petersen Erik/dpa/picture-alliance
Wie eine Königin
An ihrem 18. Geburtstag im Jahr 1960 posierte Margrethe neben ihren Eltern und Geschwistern auf dem Balkon des Schlosses schon ganz wie eine Königin und begrüßte die wartende Menge - wie immer mit einem Lächeln auf den Lippen.
Wie es sich für eine Kronprinzessin gehört, studierte Margrethe an den renommiertesten Universitäten. In London verliebte sie sich in den französischen Diplomaten Graf Henri de Laborde de Monpezat. 1967 heirateten die beiden: Aus dem französischen Grafen Henri wurde Prinz Henrik von Dänemark.
Bild: Per Pejstrup/Scanpix Denmark/picture alliance
Erster Tag im Amt
Man schrieb den 14. Januar 1972, den Todestag ihres Vaters König Frederik IX., als die Kronprinzessin mit 31 Jahren zur Königin ausgerufen wurde. Eine feierliche Thronbesteigung gab es in Europas ältester Monarchie nicht mehr, dennoch war dieser Tag in Dänemark etwas ganz Besonderes: Erstmals seit über 500 Jahren wurde das Land wieder von einer Frau regiert.
Bild: picture-alliance/dpa/Mydtskov Rigmor
Eine große Liebe
Für die Ehe von Margrethe und Henrik war das zeitweise eine große Belastung. Es war für beide die große Liebe, doch der französische Adlige spielte in der Öffentlichkeit nur ungern die zweite Geige. Aber das Paar raufte sich immer wieder zusammen. 51 Jahre waren sie verheiratet, als Prinz Henrik im Februar 2018 starb. Die beiden haben zwei Söhne: Kronprinz Frederik und Prinz Joachim.
Bild: Bernard Patrick/abaca/picture alliance
Eine große, glückliche Familie
Familie ist für Margrethe sehr wichtig. Hier ist sie 2014 mit Mann, Kindern und Enkelkindern glücklich vereint auf Henriks Weingut im französischen Schloss Cayx zu sehen - weitab repräsentativer Pflichten, die das Königinnen-Sein so mit sich bringt.
Bild: Patrick van Katwijk/DPP/dpa/picture alliance
Royale Pflichten
Aber auch die royalen Events meistert Margrethe II. immer mit einem Lächeln im Gesicht. Die charmante Königin hat schon so manchen ausländischen Würdenträger empfangen und geht auch selbst regelmäßig auf Auslandsreisen. Erst im November 2021 war sie in Berlin im Schloss Bellevue bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Gast.
Bild: Adrian Joachim/AP/picture alliance
50 skandalfreie Jahre
Fünf Jahrzehnte skandalfreier Regentschaft hat Margrethe II. hinter sich gebracht. Ihr größtes Laster ist das Rauchen, angeblich bis zu 30 Zigaretten am Tag. Die Dänen belegten sie dafür mit dem Spitznamen "Vulkan-Königin". Auch mit 81 Jahren ist die Königin noch sehr aktiv, und trotz des Verlusts ihrer großen Liebe zeigt sie sich nach wie vor stark und fröhlich.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Lancelot
Gedenken an Frederik IX.
Ein vorzeitiger Ruhestand kommt für Margrethe II. nicht in Frage: "So lange man Aufgaben hat, hat man keine Zeit, in ein Loch zu fallen", sagt sie. Das 50. Thronjubiläum am 14. Januar wird die Königin allerdings coronabedingt nur im kleinen Kreis mit Regierungsmitgliedern feiern können. Außerdem wird sie im Dom von Roskilde - wie schon beim 40. Jubiläum - einen Kranz für ihren Vater niederlegen.
Ihre Majestät wünsche sich aber noch eine große Feier mit allen Dänen, hieß es am Hof. "Corona ist zwar ein zäher Gegner, gefeiert wird aber trotzdem", verkündete die Königin - und plant für den Sommer. Einen Rückblick auf 50 Jahre auf dem Thron erlaubt sie sich jetzt schon: "Vieles hat sich in der Zeit verändert, aber nicht die Liebe zu meinen Nächsten und nicht die Liebe zu meinem Land."