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Film

Mohammad Rasoulof filmt trotz aller Drohungen

Elizabeth Grenier rbr
29. Februar 2020

Um seinen Film "There is No Evil" zu drehen, setzte sich Mohammad Rasoulof über ein Filmverbot im Iran hinweg. Sein Film gewann auf der Berlinale den Goldenen Bären. Nun muss er eine einjährige Gefängnisstrafe absitzen.

Szene aus  There is No Evil
Irgendwo im Nirgendwo: Szene aus "There is No Evil" Bild: Cosmopol Film

"Deine Macht liegt darin, nein zu sagen", sagt eine der Figuren in Mohammad Rasoulofs Film "There is No Evil" (auf Deutsch: "Es gibt kein Böses"). Der Film befasst sich mit moralischen Fragen rund um das Thema Todesstrafe und ist gleichzeitig eine Metapher für die Arbeit des Regisseurs. Rasoulof fordert mit seinem Werk die despotischen Autoritäten seines Landes heraus, wohl wissend, dass sein Handeln tragische Folgen und persönliche Einschränkungen nach sich ziehen wird.

"Einer der Gründe, warum die Menschen so stark von Mohammad Rasoulofs Filmen gefesselt sind, ist, dass er seine eigenen Erfahrungen einbringt", sagt sein Produzent Kaveh Farnam im Gespräch mit der DW. Seit 2017 darf Rasoulof eigentlich keine Filme mehr drehen; im Juli 2019 wurde er zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Er legte gegen den Gerichtsentscheid Berufung ein und es gelang ihm in der Wartezeit auf das endgültige Urteil sogar, Regie bei "There is No Evil" zu führen. 

Leerer Stuhl für Mohammad Rasoulof auf der Berlinale-PressekonferenzBild: AFP/T. Schwarz

Vor drei Wochen wurde das Urteil bestätigt - per SMS: "Er erhielt eine SMS-Nachricht vom Gericht, in der ihm mitgeteilt wurde: 'Das Urteil ist rechtskräftig. Ihre Berufung wird abgelehnt und Sie müssen ins Gefängnis. Machen Sie sich bereit'", sagte Kaveh Farnam und fügte hinzu, dass in der Nachricht nicht einmal erwähnt wurde, wann Rasoulofs Gefängnisstrafe tatsächlich beginnen soll: "Das ist ihre Art der Bedrohung. Es ist wirklich eine Art von Folter." Am 4. März sei Rasoulof nun vom zuständigen Richter in Teheran aufgefordert worden, die Haft anzutreten, teilten die Berlinale Veranstalter mit. Rasoulof, der auch Familie in Hamburg hat, ist nach Angaben aus seinem Umfeld bisher aber nicht in Haft.

Zur Premiere seines Films bei der Berlinale durfte Rasoulof nicht ausreisen. Der Staat beschlagnahmte seinen Pass schon bei seiner Rückkehr in den Iran im Jahr 2017, nachdem der Filmemacher bei den Filmfestspielen von Cannes mit "A Man of Integrity" (auf Deutsch: "Kampf um die Würde") den Hauptpreis in der Kategorie "Un Certain Regard" ("Ein gewisser Blick") gewonnen hatte. Der Regisseur kann nicht in sein Haus in Hamburg zurückkehren, wo seine Familie noch immer lebt.

Mohammad RasoulofBild: privat

Die Pflicht des Filmemachers

Farnam hat den Iran ebenfalls verlassen: Er lebt in Dubai, und seine Produktionsfirma ist in der Tschechischen Republik ansässig. Farnam hat mit Rasoulof schon an früheren Filmen gearbeitet, und sie "planen, noch viele weitere zu machen". Er ist sich bewusst, dass die Teilnahme an dieser "illegalen" Produktion Konsequenzen haben wird, aber er ist bereit, sich ihnen zu stellen: "Wir denken, dass dies unsere Pflicht ist. Künstler sollten der Gesellschaft ein Feedback über die Dinge geben, die um sie herum passieren, wenn sie sterben", sagte der Produzent im Exil. "Und wenn wir das unabhängige Kino und das freie Denken am Leben erhalten wollen, gibt es keine andere Möglichkeit, als die Konsequenzen zu akzeptieren."

Wie der Staat das iranische Kino ausbremst

Er weist darauf hin, dass die Verfolgung gefeierter Regisseure wie Rasoulof oder Jafar Panahi zwar internationale Aufmerksamkeit errege, aber: "Wir machen uns mehr Sorgen um unsere jungen Kollegen, um unabhängige Filmemacher, die nicht so große Namen haben."

Neben Zensur, Einschränkungen und Verfolgung kommt noch ein weiteres Hindernis hinzu: Filme, die von der iranischen Organisation für Kino (IOC), der staatlichen Produktionsfirma - "im Grunde genommen Regierungspropaganda" - unterstützt würden, hätten nicht nur riesige Budgets, sondern auch unbegrenzte logistische Unterstützung, sagt Farnam. Während es für unabhängige Produktionen unmöglich sei, eine Straße für eine Filmszene zu sperren, "könnte sie [die IOC] leicht zwei Hubschrauber nehmen, um den Hauptplatz für eines ihrer Projekte zu blockieren." Es überrasche nicht, dass "viele Leute begonnen haben, für sie zu arbeiten", so Farnam weiter.

Filmproduzent Kaveh Farnam: mutig und entschlossen, weiter zu machenBild: DW/E. Grenier

Obwohl er den Eindruck hat, dass es dem Land oftmals an Mut fehlt, stellt Farnam auch klar, dass verschiedene Initiativen noch immer für die Wiedererlangung der Rechte unabhängiger Filmemacher kämpfen. So unterzeichneten Im November 2019 mehr als 200 Mitglieder der iranischen Filmindustrie einen offenen Brief, in dem sie die staatliche Zensur verurteilten und die freie Meinungsäußerung in der Islamischen Republik forderten, nachdem Kianoush Ayaris Film "The Paternal House" eine Woche nach seiner ersten Vorführung in iranischen Kinos verboten worden war.

Kreative Umgehung des Filmverbots

Um bei "There is No Evil" die Aufmerksamkeit der Behörden zu umgehen, baten die Produzenten nur um die Erlaubnis, vier Kurzfilme in verschiedenen Regionen zu drehen. Rasoulofs Name erschien nicht auf den Formularen. Er gab seine Anweisungen für die auf einem Flughafen gedrehten Szenen durch einen Mitarbeiter. Andere Szenen wurden in in geschlossenen Räumen wie einem Gefängnis oder in abgelegenen Regionen gedreht.

Todesstrafe im Iran allgegenwärtig

Die Hinrichtungen iranischer politischer Gefangener ab 1988 habe den Film inspiriert, sagte der Produzent. Eine unbekannte Anzahl von Menschen wurde damals hingerichtet. Amnesty International hat die Namen von fast 4.500 verschwundenen Gefangenen während der etwa fünfmonatigen Säuberungsaktion aufgezeichnet, aber einige Schätzungen gehen bis zu 30.000.

Noch heute, so der jüngste Bericht von Amnesty International über den Iran, der am 18. Februar veröffentlicht wurde, "wurden zahlreiche Menschen nach unfairen Gerichtsverfahren hingerichtet". Zu den im vergangenen Jahr hingerichteten Personen gehörten mehrere Personen, die zum Zeitpunkt ihrer Tat minderjährig waren. Auch Homosexualität gilt im Iran als Verbrechen nach islamischem Recht, das mit der Todesstrafe belegt ist. Wie der Iran Human Rights Monitor berichtet, besteht eine der Hinrichtungsmethoden des Regimes darin, öffentliche Erhängungen an Baukränen vorzunehmen. 

Dies ist eine aktualisierte Version eines früheren Artikels.

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