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Warum noch ins Warenhaus?

Burhard Fraune, dpa12. Mai 2016

Es fehlt in keinem Reiseführer und ist für viele Berlin-Besucher ein Muss. Dennoch will sich das KaDeWe neu erfinden. Denn was normalen Warenhäusern zu schaffen macht, ärgert auch die Luxushäuser.

Bildergalerie Berlin City West - KaDeWe
Bild: S. Gallup/Getty Images

Gucci und Prada hinterm Bauzaun: Am Berliner KaDeWe hat ein groß angelegter Umbau begonnen. Wer in einigen Jahren das Luxuskaufhaus besucht, wird es kaum wieder erkennen. Schon streifen Arbeiter mit Werkzeugkisten über Marmorböden, auf dem Gehweg stehen

Gerüste, Trennscheiben kreischen. Auch im Oberpollinger in München und im Hamburger Alsterhaus werden Millionen verbaut. Die über hundert Jahre alten Warenhäuser setzen zum Befreiungsschlag an: gegen die wachsende Konkurrenz aus Einkaufszentren, Filialisten und Online-Handel - für die Edelhäuser sind es dieselben Gegner, die den normalen Warenhäusern seit Jahren das Wasser abgraben. Experten erwarten, dass vor allem in kleinen Städten Warenhäuser verschwinden.

Abgesägte Stahlträger ragen aus der Fassade des KaDeWe. Darunter ziehen Stadtführer Handzettel aus Umhängetaschen. Sie locken die vielen Touristen, für die ein Gang in das traditionsreiche Warenhaus zum Berlin-Programm gehört. Auf den Gängen der Luxusabteilung zwischen Rolex und Louis Vuitton schlendern Russen mit Sonnenbrillen und Araberinnen mit Vollschleier. Im KaDeWe bekommt man Füllhalter für 10.000 Euro, aber auch Staubsaugerbeutel.

Behäbige alte Damen

"Cities change - so do we", steht auf weißen Gipskarton-Wänden, die die im Haus verteilten Baustellen verdecken. Trotz Umbaus wird weiter verkauft, auch dann noch, wenn der Komplex neu aufgeteilt wird. Vier Kaufhäuser unter einem Dach sollen in den nächsten Jahren entstehen, mit Dachgarten und Fahrstühlen an der Fassade.

1907, als das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) öffnete, begann die Blütezeit der Warenhäuser in Deutschland - heute nennen Marktforscher sie "behäbige alte Damen". Längst haben Markenartikler wie Boss und Gerry Weber eigene Geschäfte. Auf langen hellen Holztischen stehen im KaDeWe Notebooks von Apple. Doch ein paar Schritte weiter, im Apple Store am Ku'Damm, sieht es genauso aus - nur viel größer, warum also noch ins Warenhaus?

Es sei mehr als ein Ort des Einkaufens, heißt es bei der KaDeWe-Gruppe, die nach der Herauslösung aus dem Karstadt-Konzern inzwischen Eigentümer in Bangkok und Wien hat, die Central Group und die Signa Holding. "Unsere Department Stores sind große Erlebniswelten", sagt Vorstandschef André Maeder.

Doch je weiter Kunden in den Bauch des großen Warenhauses vordringen, desto mehr dominieren lange Reihen gleichförmiger Kleiderständer mit Blusen, Kleidern, Strickjacken - Bügelware, wie sie anderswo kaum anders präsentiert wird. "Die drei Häuser sind und werden die Attraktion der Zukunft sein, im Wettbewerb mit internationalen Stores und dem Onlineshopping", verspricht Maeder. Weltbekannte Architekturbüros wurden engagiert.

Druck von allen Seiten

Die rund 160 Warenhäuser in Deutschland sind von immer mehr Seiten unter Druck geraten. Erst drangen Filialisten von H&M bis Douglas in viele Einkaufsstraßen vor, dann die Einkaufszentren, die sich mit der grünen Wiese nicht mehr begnügen. In Berlin öffnete erst 2014 touristengerecht zwischen Potsdamer Platz und Bundesrat die "Mall of Berlin" mit mehr Fläche als im KaDeWe und ähnlich vornehmer Optik.

Zugleich haben die Verbraucher sich verändert, schreiben die Stadtplaner vom Dortmunder Beratungsbüro Stadt + Handel und des Immobiliendienstleisters Savills in einer Markstudie. Der Kunde werde unberechenbarer, wählerischer und kaufe entweder billig oder teurer - nicht die preisliche Mitte, wie sie die meisten Warenhäuser jenseits der Luxustempel bieten.

"Lage nicht aussichtslos"

Galeria Kaufhof plant deshalb Edel-Outlets in den Innenstädten, steckt zugleich viel Geld in seine Warenhäuser. Mehr als zwei Jahre lang wird beispielsweise die "Weltstadt-Filiale" an der Düsseldorfer Königsallee im laufenden Betrieb neugestaltet. Sie soll Vorbild für andere Metropolstandorte sein.

"Die Lage ist für die Warenhäuser nicht aussichtslos", betont Stadt +Handel in der Studie, die vor allem den Häusern in Großstädten Chancen auf eine Renaissance zubilligt. Karstadt-Chef Stephan Fanderl sendete im Herbst sogar schon Erholungssignale: "Wir verdienen an der Ladenkasse wieder Geld. Das war viele Jahre nicht der Fall."

Der Ausleseprozess dürfte nach der Studie aber weitergehen. Schwierig werde es für rund 50 Häuser an ungünstigen Standorten, vor allem in kleineren Städten. Doch es trifft auch Großstädte: Erst vor einigen Wochen gab Kaufhof die Schließung seines Hauses am Berliner Ostbahnhof im nächsten Jahr bekannt. Es war einmal das größte Warenhaus der DDR.

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