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Politik

Stresstest für die große Koalition

Cristina Burack dh
31. August 2019

Der Ausgang der Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen könnte ein politisches Beben verursachen und auch die Politik in Berlin verändern.

Wahlplakate zur Landtagswahl in Brandenburg
Bild: picture-alliance/dpa/C. Soeder

Der August nähert sich dem Ende und alle schauen in den Osten Deutschlands: Am 1. September finden in Brandenburg und Sachsen die Landtagswahlen statt. Der Wahlausgang wird nicht nur über die Zukunft der jeweiligen Bundesländer entscheiden, sondern könnte auch bundesweite Auswirkungen haben.

Warum aber sind diese beiden Landtagswahlen so wichtig für Deutschland?

1. Die rechtspopulistische AfD könnte Geschichte schreiben

Die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) ist keineswegs ein ausschließlich ostdeutsches Phänomen. Es ist die größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag, und sie hat Abgeordnete in jedem deutschen Landesparlament. Die Partei erfährt besonders im Osten viel Rückhalt. Während die AfD bundesweit etwa 13 Prozent der Wähler hinter sich vereinen kann, sind es aktuellen Wahlumfragen zufolge 25 Prozent in Sachsen und 21 Prozent in Brandenburg.

Teilweise stützt sich ihr Rückhalt auf ihre Anti-Migrationspolitik, während die Migrationspolitik der Bundesregierung in Ostdeutschland oft kritisiert wurde. Die letzten Umfragen haben ergeben, dass bei der Wahl in Sachsen die Asyl- und Einwanderungspolitik einer Partei mitentscheidend dafür ist, wo die Wähler ihr Kreuz machen werden.

Sollte die AfD die stärkste Partei in einem der beiden Bundesländer werden, wäre das für die sechs Jahre alte Partei ein großer Erfolg. Außerdem wäre es das erste Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges, dass eine rechtspopulistische Partei die größte Fraktion in einem Landtages stellte. So ein Ergebnis könnte außerdem die Dynamik im Vorfeld der ebenfalls in einem Monat anstehenden Thüringen-Wahl beeinflussen. Björn Höcke ist Thüringens AfD-Vorsitzender und Gründer des rechtsnationalen "Flügels" der Partei.

Jörg Urban ist Sachens AfD-Chef Bild: picture-alliance/dpa/R. Michael

2. Die Linke am Scheideweg

Lediglich in Thüringen stellt die Partei Die Linke den Ministerpräsidenten. Die heutige Linkspartei, die wesentlich aus der ehemaligen DDR-Staatspartei SED hervorgegangen ist und sich im vereinten Deutschland zunächst Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) nannte, erzielt dort ihr bestes Ergebnis, wo sie ihre historischen Wurzeln hat.

Mittlerweile wird die Linke oft sowohl als ostdeutsche Volkspartei als auch als Protestpartei bezeichnet. Ihre Unterstützung im Osten hat in den vergangenen zehn Jahren abgenommen.

Die Afd arbeitet in ihren Wahlkampagnen mit Slogans in Anlehnung an die Zeit der DDR-Bürgerrechtsbewegung. Wenn linke Wähler wirklich zur AfD abwandern, dann hätte es die AfD geschafft, der Linken den Ruf als ostdeutsche Anti-Establishment-Partei wegzunehmen.

3. Können die Grünen in einem historisch schwierigen Umfeld gedeihen?

Bündnis 90/Die Grünen sind auf nationaler Ebene hoch im Kurs - getragen von den Ergebnissen bei der EU-Wahl im Mai. Aber besonders Brandenburg und Sachsen gelten nicht als besonders Grünen-freundlich, weil dort der Braunkohletagebau ein wichtiger Wirtschaftszweig gewesen ist, obwohl die Zahl der dort beschäftigten Personen seit der Wiedervereinigung zurückgegangen ist. In der Vergangenheit haben die Grünen oft Probleme gehabt, die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in die Landesparlamente Sachsens und Brandenburgs zu schaffen.

Neuesten Umfragen zufolge gewinnen die Grünen im Osten aber derzeit an Rückhalt. In Brandenburg ziehen sie den Zahlen zufolge fast gleich mit der konservativen CDU und den Sozialdemokraten (SPD). Aufgrund ihrer Einwanderungs-freundlichen Politik werden die Grünen von vielen als das genaue Gegenstück zur AfD gesehen. Je nachdem wie es den anderen Parteien ergeht, könnten die Grünen die Rolle des Königsmachers einnehmen.

Die Grünen auf Wahlkampftour in Sachsen (links: Annalena Baerbock, rechts: Robert Habeck, Mitte: Wolfram Günther und Katja Meier)Bild: picture-alliance/dpa/S. Kahnert

4. Was könnte die Wahl für Angela Merkels große Koalition bedeuten?

Die Landtagswahlen gelten als Stresstest für die Stärke der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD in Berlin. Brandenburg ist eine SPD-Hochburg und Sachsen traditionell konservativ.

Sowohl die CDU als auch die SPD werden vermutlich Wähler einbüßen, so dass sogar davon die Rede ist, dass die große Koalition in Berlin zerbrechen könnte. Das würde nicht automatisch bedeuten, dass es zu Neuwahlen käme, denn Angela Merkel könnte auch eine Minderheitsregierung bilden. Die Parteiführungen haben für Oktober eine kritische Bilanz über ihre Zusammenarbeit angekündigt.

5. Was könnte als nächstes passieren?

Eine zuverlässige Vorhersage über den Ausgang der Wahlen kann man nicht tätigen, aber eine politische Fragmentierung scheint sicher, denn auch auf nationaler und europäischer Ebene scheinen sich die Mehrheitsverhältnisse zu verändern. Brandenburg und Sachsen dürften nach Einschätzung der Wahlforscher keine Ausnahme bilden.

Die derzeitigen Zwei-Parteien-Koalitionen wird es vermutlich nicht geben. Alle etablierten Parteien haben ausgeschlossen, Koalitionen mit der AfD zu bilden. Das könnte bedeuten, dass sich künftig drei bis vier Parteien für eine Koalition zusammenschließen müssten. Das würde noch schwieriger werden, wenn die AfD als stärkste Partei aus den Wahlen hervorginge. Obwohl in Sachsen, Brandenburg und Thüringen nur etwa zehn Prozent der deutschen Bevölkerung leben, könnten diese Wahlen einen politischen Sturm auslösen.

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