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PolitikMali

Warum sind Blauhelme in Afrika so unbeliebt?

Isaac Kaledzi
30. Juni 2023

UN-Friedenstruppen werden mit dem Auftrag in Länder entsandt, den Frieden und die Stabilität wiederherzustellen. Manch afrikanischer Staat sähe es jedoch lieber, anwesende Blauhelme würden wieder abziehen.

UN-Blauhelme in einem Schützenpanzer auf einer unbefestigten Straße im Dschungel
Einschränkungen ihres Mandats können es den UN-Blauhelmen erschweren, ihre Mission zu erfüllenBild: Djaffar Sabiti/REUTERS

Der Erfolge von Friedensmissionen der Vereinten Nationen ist durchwachsen - insbesondere in afrikanischen Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo), Südsudan, Mali und der Zentralafrikanischen Republik sind die kaum in der Lage, die allgemeine Sicherheit zu gewährleisten, kritische Sicherheitslagen zu stabilisieren oder auch nur Zivilpersonen zu schützen. Einige Analysten sind der Ansicht, dass die Missionen weit davon entfernt sind, erfolgreich zu sein.

"Die Blauhelme sind durchweg daran gescheitert, den Kreislauf der Gewalt in diesen Ländern zu durchbrechen und die Ursachen zu beseitigen, die zu ihrem Einsatz geführt haben", kritisiert Adib Saani, Geschäftsführer des Jatikay Center for Human Security and Peace Building. Einige der Missionen seien regelrecht überwältigt von der immer weiter ausufernden Gewalt. Ein gutes Beispiel hierfür sei Mali: "Die Gewalt scheint täglich zuzunehmen, und die Mission dort wirkt regelrecht hilflos."

Sind UN-Mandate für die komplexe Dynamik der Konflikte ungeeignet?

Experten machen auch die UN-Mandate selbst für den mangelnden Erfolg verantwortlich. Diese sehen beispielsweise nicht vor, dass Blauhelmeals Gesetzeshüter oder Vollstreckungskräfte agieren. Tödliche Gewalt dürfen die Blauhelme nur anwenden, wenn es um die Selbstverteidigung oder die Verteidigung des Mandats geht.

Die UN-Friedenstruppen, hier im Südsudan, sind nicht überall willkommenBild: Sam Mednick/AP Photo/picture alliance

"Ich würde nicht sagen, dass alle UN-Missionen in Afrika scheitern", sagt Fidel Amakye Owusu, Analyst beim Conflict Research Consortium for Africa. Die Gemengelagen auf dem Kontinent sei in den fraglichen Ländern immer in Bewegung und extrem unberechenbar. Das mache es Soldaten und Zivilkräften sehr schwierig die UN-Mandate, so wie sie formuliert sind, umzusetzen: "Es scheint also oft, als würden sie nicht ihr Bestes tun. Doch das hat mehr mit den Beschränkungen des Mandats, als damit, wie effektiv die eingesetzten Truppen oder Missionen selbst sind."

Politische Instabilität macht die Dinge nicht einfacher, betont Saani. Es könne nichts Neues geschaffen werden, solange es an effektiven demokratischen Systemen fehlt. "Einer der Gründe ist die politische Instabilität: Erfolg ist nur möglich, wenn ein wirklicher politischer Wille vorhanden ist."

Teil der Lösung oder des Problems?

In Mali hat sich die Bevölkerung zwischenzeitlich gegen die dortige UN-Friedensmission MINUSMA gewandt. Viele beschuldigen die Truppen, die Spannungen sogar zu verschärfen. Die Beziehungen haben sich so weit verschlechtert, dass der Außenminister des Landes die UN vergangene Woche offiziell dazu aufforderte, ihre Truppen umgehend abzuziehen. Vor dem UN-Sicherheitsrat behauptete Außenminister Abdoulaye Diop, die Mission MINUSMA entwickle sich zu einem "Teil des Problems bei der Verschärfung interkommunaler Spannungen".

Der malische Außenminister verlangte im UN-Sicherheitsrat den Abzug der UN-FriedensmissionBild: Loey Felipe/UN/dpa/picture alliance

Laut Owusu tragen auch Regierungen wie die von Mali dazu bei, den Erfolge der Missionen zu gefährden. So zögen es Malis militärischen Machthaber vor, der dschihadistischen Bedrohung im Land durch die  Gruppe Wagner, einer mehrheitlich aus russischen Söldnern bestehenden Privatarmee, zu begegnen. "Die UN-Mission war in letzter Zeit wegen der Ankunft der Wagner-Truppen in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt", sagt Owusu.

Missionen müssen Misstrauen überwinden

Die UN-Mission in Mali ist offiziell am 29. Juni ausgelaufen. An diesem Freitag stimmt die UN über einen Beschlussentwurf Frankreichs ab, mit dem der Friedenseinsatz beendet werden soll. Wird der Abzug bestätigt, muss sich Mali überlegen, wie es das große Kontingent an Blauhelmen ersetzen kann.

Doch es sind nicht nur vermeintliche Misserfolge, die am Ansehen der Blauhelme kratzen. Immer wieder werden ihnen auch Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Erst in diesem Monat kündigte die UNO an, eine Einheit von 60 Soldaten aus Tansania nachhause zu schicken, die in der Zentralafrikanischen Republik der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs beschuldigt werden.

Würden solche Anschuldigungen nicht zügig untersucht und die Täter bestraft, erschwere dies die Arbeit einer gesamten Missionen, unterstreicht Experte Saani. "Es hat viel mit dem mangelnden Vertrauen in die Verfahren zu tun. In der Darfur-Region gab es beispielsweise Vorwürfe der Ausbeutung durch Friedenstruppen, die die Friedensmission in dieser Region wirklich in Verruf gebracht haben." Zu diesem komme ein weiteres Vertrauensproblem, erklärt Saani: "Manche glauben, dass die westlichen Mächte sich die Situation zunutze machen, um ihre Autorität und Kontrolle über die Länder wiederzuerlangen, in die sie Friedensmissionen entsenden."

Friedensmissionen unverzichtbar

Trotz dieser Probleme spielen die Missionen weiterhin eine wichtige Rolle, sagt Mohamed Amara von der Universität der Humanwissenschaften (ULSHB) in Malis Hauptstadt Bamako. Er macht sich Sorgen, dass der Abzug von Friedenstruppen nach dem Scheitern einer Mission für das Gastgeberland zu noch größeren Problemen führen.

Im Falle Malis befürchtet er, dass es der Regierung schwer fallen wird, die durch den Abzug entstandene Lücke zu füllen. "Man darf nicht vergessen, dass MINUSMA in gewisser Weise als Puffer zwischen den malischen Behörden und dem Rest des Hoheitsgebiets dient. Wenn MINUSMA abzieht, müssen alle von MINUSMA besetzten Sicherheitsposten ersetzt werden", warnt Amara.

Unterwegs mit Blauhelmen im Kongo

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Auch Owusu warnt davor, UN-Missionen zu diskreditieren und ihren Rückzug zu fordern. Im Fall von Mali und der Sahel-Region steige die Zahl terroristischer Vorfälle weiter: "Wir stellen fest, dass sich ISIS-Verbündete weiterhin in der Region bewegen, mutiger werden und jeden Tag, jede Woche neue Gebiete erobern."

Reformen und Restrukturierung

In einer Stellungnahme betonte UN-Sprecher Stephane Dujarric, eine erhebliche Anzahl UN-Kräfte verhalte sich weiterhin "integer bei der Rettung und Verbesserung von Leben, oft unter Einsatz ihres eigenen Lebens und unter schwierigen und gefährlichen Bedingungen".

Saani hält die Missionen in Afrika weiter für relevant: "Ich kann nicht abstreiten, dass Afrika es nicht alleine schaffen kann, uns fehlt die Selbständigkeit. Doch die UN muss das neu strukturieren." Um ein gewisses Vertrauen zurückzugewinnen und erfolgreich zu sein, müssten lokale Akteure stärker in die Durchführung der Missionen eingebunden sein, meint Saani.

Auch Owusu ist überzeugt, dass die Blauhelme ohne Reformen nur wenig erreichen können. "Künftige UN-Missionen müssen vielleicht neu definiert werden, vielleicht so, dass ihr Mandat erweitert wird oder dass ihre Unterstützung flexibler wird", sagt er. Einen Glaubwürdigkeitsverlust der UN sehe er nicht: "Nein, das hat mit anderen Akteuren als der UN zu tun."

Eric Topona hat zu diesem Artikel beigetragen. Phoenix Hanzo hat ihn aus dem Englischen adaptiert.

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