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Warum spielen Fußball-Teams aus Afrika gegen Russland?

Matt Pearson
24. März 2025

Russlands Fußball-Nationalmannschaft trägt trotz der Suspendierung durch die FIFA nach dem Einmarsch in die Ukraine Freundschaftsspiele aus. Immer öfter kommen die Gegner aus Afrika. Warum ist das so?

Spielszene aus Fußball-Länderspiel Russland gegen Kamerun im Oktober 2023
Immer öfter treten Mannschaften aus Afrika zu Freundschaftsspielen gegen die gesperrten Russen anBild: Mike Kireev/NurPhoto/IMAGO

Seit dem Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine ist die russische Fußball-Nationalmannschaft von allen wichtigen Wettbewerben ausgeschlossen. Sie spielt nicht in der WM- oder EM-Qualifikation, auch bei den Olympischen Spielen und der Nations League ist sie nicht dabei. Gleiches gilt für russische Klubmannschaften in Champions League, Europa League und Conference League.

Regelmäßige Freundschaftsspiele - immer öfter gegen afrikanische Teams

Trotz des Banns hat der russische Verband aber offenbar keine großen Schwierigkeiten, Gegner für Freundschaftsspiele des Nationalteams zu finden. Im vergangenen Jahr trat die "Sbornaja" gegen Syrien, Belarus, Brunei, Grenada, Vietnam und Serbien an. Davor waren Iran, Katar, Kuba und Irak unter den Gegnern. Die Russen haben ihre letzten sieben Spiele in Folge gewonnen und dabei 31 Tore geschossen und keines kassiert.

Neben den Mannschaften mit offensichtlich politisch-freundschaftlichen Verbindungen zum Kreml sind auch immer mehr afrikanische Mannschaften bereit, gegen die Gastgeber der Weltmeisterschaft 2018 zu spielen. Eine ägyptische U23-Auswahl war im September 2023 das erste Team. 

Länderspiel vor leeren Rängen: Russland traf im Oktober 2023 im türkischen Antalya auf die Mannschaft KeniasBild: Alexander Demianchuk/ITAR-TASS/IMAGO

Mitte Oktober 2023 reiste das Team von Kamerun zu einem Spiel nach Moskau, vier Tage später spielten die Russen in der Türkei gegen Kenia. Nächster Gegner Russlands ist an diesem Dienstag Sambia, Anfang Juni steht dann ein Heimspiel gegen Nigeria an.

Sambia: Lücke im Spielplan

"Es ist nur ein Freundschaftsspiel. Es hat nichts mit den offiziellen Spielen zu tun", sagte Sydney Mungala, Kommunikationsdirektor des sambischen Fußballverbands, gegenüber der DW und spielte die Bedeutung der Begegnung runter. "Im Grunde war dies eine fußballerische Entscheidung aus sambischer Sicht."

"Als sie uns anriefen, suchten wir nach einer Möglichkeit, unsere Mannschaft in diesem FIFA-Fenster zu beschäftigen, und wir konnten uns die Gelegenheit, dieses Spiel zu spielen, nicht entgehen lassen", fügte Mungala hinzu. Sambia stand nämlich für die Länderspielpause ohne Gegner da.

Eigentlich wäre man in der WM-Qualifikation unter anderem gegen Eritrea und die Republik Kongo angetreten. Allerdings zogen die Eritreer ihr Team im November 2023 aus dem Wettbewerb zurück, weil man befürchtete, dass Spieler ins Ausland fliehen und dort Asyl suchen könnten. Die Republik Kongo wurde Anfang Februar von der FIFA wegen der Einmischung Dritter in Fußballangelegenheiten gesperrt.

Sambia belegt in der FIFA-Rangliste Platz 87 und schied beim letzten Afrika-Cup in der Gruppenphase aus.Bild: Kim Price/ZUMA/IMAGO

"Ich denke, wir betrachten es auch als einen Akt der Solidarität mit den Menschen, egal wo sie sind. Für uns ist Fußball also nicht diskriminierend", so Mungala, der zudem darauf hinwies, dass zwischen den beiden Ländern eine starke und dauerhafte Verbindung bestehe.

"Sambia und Russland haben eine 60-jährige Beziehung. Eines der Länder, die Sambia wenige Tage nach der Unabhängigkeit 1964 ihre Solidarität bekundeten, war Russland, und Russland ist in Sambia sehr präsent", sagte Mungala, fügte aber hinzu, dass das Spiel nicht bedeute, dass Sambia die Wiederaufnahme Russlands in die FIFA fordere.

Zurückhaltung bei Gegner Nigeria

In Nigeria, dem Gegner Russland im Juni, hält man sich über das geplante Freundschaftsspiel auffallend bedeckt. Auf der Website des nigerianischen Fußballverbands (NFF) gab es trotz der Ankündigung des Spiels durch Russland keine eigene Ankündigung. Wiederholte Anfragen der DW blieben erfolglos.

"Fußball ist kein Krieg, Fußball hat nichts mit Ethnizität oder Politik zu tun", sagte der nigerianische Sportproduzent und Reporter Oluwaseun Idowu gegenüber der DW und versuchte, die wahrscheinliche Position des nigerianischen Fußballverbandes einzuschätzen. "Ich glaube nicht, dass dies bedeutet, dass diese Länder eine andere Meinung über Russland haben als der Rest der Welt.

Russland setzt auf Soft Power

Wie Sambia entwickelte auch Nigeria in den 1960er Jahren bedeutende Beziehungen zur Sowjetunion, als die UdSSR die nigerianische Regierung in einem 1967 begonnenen Bürgerkrieg unterstützte. Später empfing der russische Präsident Wladimir Putin den damaligen nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo kurz nach dessen Amtsantritt im Jahr 2000. Die beiden Länder unterzeichneten 2017 auch ein Militärabkommen, und Russland plant den Bau eines Atomkraftwerks in Nigeria. Aber das ist nicht die einzige Form der Einflussnahme.

"Russland und die Sowjetunion haben diese sanfte Macht in der Region definitiv genutzt, indem sie afrikanische Studenten zum Studium nach Russland schickten und kulturelle und sportliche Programme und dergleichen durchführten", sagte Michelle Sikes, eine außerordentliche Professorin für Kinesiologie und Afrikastudien an der Penn State University in den USA, gegenüber der DW. "Das kann ein bleibendes Vermächtnis hinterlassen."

Russland versucht trotz des Ukraine-Krieges als Handels- und Wirtschaftspartner für afrikanische Staaten interessant zu bleibenBild: Vyacheslav Prokofyev/ITAR-TASS/IMAGO

Die sportlichen Bindungen scheinen in einigen Ländern seit der Invasion der Russen in der Ukraine noch stärker geworden zu sein. Vertreter der Nationalen Olympischen Komitees von vier afrikanischen Staaten - Namibia, Mali, Eswatini und Togo - nahmen an einem Gipfeltreffen mit Russland im Jahr 2023 teil. Die überwiegende Mehrheit der afrikanischen Länder schickte Vertreter zu dem Gipfel, darunter auch Nigeria und Sambia.

"In schwierigen Momenten erkennt man Freunde nicht an Worten, sondern an Taten", sagte der Präsident des Russischen Olympischen Komitees, Stanislaw Pozdnyakov, auf dem Gipfel. "Jetzt können wir wirklich sehen, wer unsere wirklichen Partner sind und wer nur so getan hat oder weiter so tut. Deshalb haben wir eine sehr positive Einstellung zu unserer gemeinsamen Arbeit und wir wollen natürlich, dass die Kollegen aus anderen Kontinenten dem Beispiel unserer afrikanischen Freunde folgen."

Geostrategische Ambitionen

Michelle Sikes glaubt zudem, dass der Krieg in der Ukraine wegen der größeren geografischen Entfernung weniger im Vordergrund stehe als in vielen europäischen Ländern.

Dass der Einfluss Russlands in Afrika in den vergangenen Jahren zugenommen hat, stellte auch das Europäische Parlament bereits fest. "Russlands derzeitiges Engagement auf dem Kontinent zielt darauf ab, die vom Westen auferlegte diplomatische und wirtschaftliche Isolation zu durchbrechen, seine eigene Relevanz auf der internationalen Bühne als Verfechter der neuen 'polyzentrischen Welt' zu bekräftigen", heißt es in einem Briefing von 2024.

Russland treibe damit "seine geostrategischen Ambitionen in den Bereichen Bergbau, Energie und militärische Präsenz in Schlüsselregionen wie dem Roten Meer und dem Mittelmeer voran."

Dass die Freundschaftsspiele gegen afrikanische Teams dafür sorgen, dass Russland demnächst wieder bei FIFA- und UEFA-Wettbewerben mitspielen darf, ist nicht zu erwarten. Nicht ohne eine Friedenslösung in der Ukraine, die von allen Parteien akzeptiert wird.

Allerdings können sie dafür sorgen, dass Russlands Fußballer mehr und mehr aus der Isolation herausgeholt werden und die Gruppe der Verbände und Fans, die Spiele gegen die ausgeschlossenen Russen als unproblematisch ansehen, immer größer wird.

Der Artikel ist aus dem englischen Original "Why are African teams playing football against Russia?" adaptiert.

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