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Warum stranden Wale?

19. Februar 2025

157 Schwertwale sind an einem Strand von Tasmanien gestrandet. Jährlich sterben weltweit rund 2000 Meeressäuger bei Massenstrandungen. Doch nicht immer hat dies natürliche Gründe.

 Massenstrandung von Walen nahe Arthur River an der Westküste
Wenn eine Walstrandung entdeckt wird, bleibt meistens nicht viel Zeit, um die Tiere zu rettenBild: Department of Natural Resources and Environment Tasmania/AFP

An einem abgelegenen Strand im australischen Bundesstaat Tasmanien sind 157 Schwertwale gestrandet. Die meisten leben zwar noch, aber die Rettung der überlebenden Tiere ist auch aufgrund der abgeschiedenen Lage und des großen Gewichts sehr schwierig. Sehr häufig überleben Wale eine Strandung nicht.

Diese Delfinart kann bis zu 8 Meter lang werden, bis zu 4000 kg wiegen und wird 50 bis 90 Jahre alt. Sie ähneln Orcas, weshalb sie im Englischen auch als “falsche Killerwale“ bezeichnet werden.

Welche Wale stranden wo?

Die häufigsten Massenstrandungen sind von Grind- und Pottwalen, Schnabelwalen und Hochsee-Delfinen bekannt. Bartenwale, zu denen bis auf den Pottwal alle Großwale zählen, stranden dagegen sehr selten.

Einzelne Strandungen wurden bereits an vielen Orten beobachtet, die meisten Massenstrandungen wurden in Westaustralien, Neuseeland (mit jährlich bis zu 300 gestrandeten Walen), an der Ostküste Nordamerikas und Patagonien (Chile) verzeichnet. Zuweilen gibt es aber auch an der Nordsee Massenstrandungen. 

Wenn eine Walstrandung entdeckt wird, bleibt meistens nicht viel Zeit. Gestrandete Säuger können austrocknen, überhitzen, ersticken oder durch ihr gewaltiges Eigengewicht schwere innere Verletzungen erleiden. Hilfsteams können nur versuchen, die gestrandeten Tiere zu kühlen, feuchtzuhalten und die schweren Tiere mit vereinten Kräften möglichst schnell und schonend wieder zurück ins Meer zu schaffen.

An Land können die Säuger austrocknen, ersticken oder durch ihr gewaltiges Eigengewicht innere Verletzungen erleiden.Bild: Bilal Rashid/Reuters

Wie orientieren sich Wale?

Ähnlich wie Zugvögel legen auch manche Wal-Arten jedes Jahr große Entfernungen zurück. Im Winter ziehen Wale aus den kalten Nordmeeren in wärmere Gewässer nach Süden. Und Wale der südlichen Gewässer zieht es in dem Norden. Monate später treten sie dann ihre Heimreise an.

Die kleineren Zahnwale wie Schwertwale verfügen über ein leistungsstarkes Unterwassersonar. Sie orientieren sich auf ihren Wanderungen, indem sie Schallwellen in Form von Klicklauten aussenden. Prallen diese Schallwellen gegen ein Objekt, kommen die reflektieren Schallwellen als Echo zurück zu den Ohren, die bei den Walen abgeschirmt vom Schädel in schaumgefüllten Kammern im Körperinneren liegen. Je schneller der Schall zurückkehrt, desto näher ist die Beute, ein Hindernis oder die Küste.

Bei den großen Bartenwalen, die Hornplatten (Barten) statt Zähne im Oberkiefer haben und damit Krill, tierisches Plankton und kleine Fische aus dem Wasser filtern, ist dieses Unterwassersonar dagegen nur sehr schwach ausgebildet.

Die Echoortung funktioniert grundsätzlich sehr gut, doch vor allem bei seicht zulaufenden oder halbkreisförmigen Buchten, bei sandigen oder schlickigem Untergrund funktioniert die Schallreflektion nicht zuverlässig. Das Warnsystem versagt. 

Selbst am deutschen Wattenmeer werden zuweilen Wale wie dieser noch nicht ausgewachsene Pottwal angespültBild: picture-alliance/I. Wagner

Welchen Einfluss hat das Erdmagnetfeld?

Wale orientieren sich aber nicht nur durch ihr Unterwassersonar, sondern - ebenfalls wie Zugvögel - offenbar auch an den Linien des Erdmagnetfeldes, denn ihre Wanderungen verlaufen häufig parallel zu magnetischen Linien. Die leichten Schwankungen des Erdmagnetfeldes sollen wie eine Art Landkarte funktionieren.

In den Schädeln der Tiere wurden magnetische Kristalle gefunden. Durch Störungen des Erdmagnetfeldes in Küstennähe könnten die Wale irritiert werden. 

Größere Veränderungen beim Erdmagnetfeld gibt es alle paar Jahre durch Sonnenstürme und Sonnenflecken aufgrund besonders starker Aktivitäten auf der Sonnenoberfläche. Gerade dann verirren sich und stranden in der Nordsee zum Beispiel Pottwale, die ebenfalls den Geomagnetismus als natürliches Navigationssystem nutzen.

Welche Rolle spielt das Sozialverhalten?

Nach wie vor sind nicht alle Ursachen der Massenstrandungen abschließend erforscht. Ein Grund ist sicherlich das Sozialverhalten vieler Walarten, die in Gruppen, sogenannten Walschulen, unterwegs sind und sich von einem Leittier führen lassen. So führt ein männlicher Pottwal den Weg aus dem Nordpolarmeer zurück in wärmere Gewässer. Bei den Schwertwalen führt dagegen eine Mutter oder Großmutter die Gruppe an.

Verliert das Leittier die Orientierung, weil es verwirrt ist oder weil zum Beispiel Parasiten das Ohr des Leittieres befallen haben und es das Echo der ausgesandten Klicklaute nicht mehr hören kann, dann folgen die mitschwimmenden Tiere dem Leittier in die falsche Richtung. Sitzt das Leittier im seichten Wasser fest, bleibt der Rest der Gruppe bei ihm, auch wenn es ihr sicheres Verderben bedeutet. 

Manchmal kehren sogar bereits gerettete Wale nach einer Massenstrandung wieder zum Strand zurück, wenn ein anderer gestrandeter Wal um Hilfe ruft. 

Neben Navigationsfehlern können die Strandungen aber auch ganz natürliche Gründe haben: Manchmal stranden zum Beispiel kleinere Tiere, weil sie sich vor Orcas und anderen Fressfeinden in flachere Gewässer geflüchtet haben oder weil sie sich bei der Jagd auf Fischschwärme zu weit in flache Stellen vorgewagt haben.

Welche menschlichen Einflüsse verschärfen die Situation?

Neben natürlichen Faktoren kann auch menschengemachter Unterwasserlärm, etwa von Schiffen, Eisbrechern, Bohrinseln oder militärischen Sonargeräten, die Orientierung und Kommunikation der Meeressäuger massiv beeinträchtigen.

Da die Dichte des Wassers viel höher ist als die von Luft, verbreitet sich Schall unter Wasser rund fünf Mal schneller als in der Luft. Orientierungslos flüchten sie vor den starken Schallwellen. 

Besonders drastische Auswirkungen haben die starken militärischen Sonar-Einsätze. Nach NATO-Manövern wurden zum Beispiel Schnabelwale an die Küsten von Zypern, den Kanaren und den Bahamas tot angespült. Die mehr als 200 Dezibel lauten Sonare hatten bei den Meeressäugetieren (wie bei der Taucherkrankheit) die Bildung von Gasbläschen in den Blutgefäßen und Organen ausgelöst, was die Blutversorgung verhindert und zum Tod führt. 

Der Artikel von 2020 wurde am 19.02.25 aktualisiert 

Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit
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