Warum Trump Russland und Belarus von US-Zöllen verschont
5. April 2025
US-Präsident Donald Trump hat neue Strafzölle angekündigt, die 185 Länder weltweit betreffen sollen. Die am Donnerstag veröffentlichte Liste umfasst Länder und Gebiete, auf deren Importe künftig neue Zölle erhoben werden sollen. Bemerkenswert dabei: Einige wenige Staaten sind davon ausgenommen - darunter Russland und Belarus, nicht aber die Ukraine.
US-Finanzminister Scott Bessent erklärte in einem Interview mit dem Sender Fox News, dass aufgrund der bestehenden Sanktionen ohnehin kein Handel mit Russland stattfinde. Nach Russlands Einmarsch in der Ukraine hatten die USA und andere, vor allem europäische, Länder weitere Sanktionen gegen Russland verhängt. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, betonte, die US-Sanktionen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg würden "jeden sinnvollen Handel“ mit Russland verhindern. Doch stimmt das überhaupt?
Was importieren die USA aus Russland?
Laut dem United States Census Bureau ist der Warenhandel zwischen den USA und Russland seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine deutlich eingebrochen: von rund 36 Milliarden US-Dollar (etwa 32,9 Milliarden Euro) im Jahr 2021 auf etwa 3,5 Milliarden Dollar (rund 3,2 Milliarden Euro) im Jahr 2024.
Das ist wenig aber nicht nichts. Und, so gering ihr monetärer Wert mittlerweile auch sein mag, die Importe aus Russland sind für die USA bedeutend, da auch strategische Güter darunter sind wie etwa Düngemittel und anorganische Chemikalien.
Mit den Sanktionen und den gefallenen Importzahlen allein lässt sich das Fehlen Russlands auf Trumps Liste auch deshalb nicht erklären, weil Länder, mit denen die USA noch geringere Handelsvolumina teilen, sehr wohl darauf stehen. So erhebt die US-Regierung etwa Zölle in Höhe von 27 Prozent auf Importe aus Kasachstan, das ein ähnliches Handelsvolumen mit den USA hat wie Russland: rund 3,4 Milliarden Dollar. Noch geringer ist das Handelsvolumen mit der Ukraine mit 2,9 Milliarden Dollar. Dennoch steht die Ukraine auf Trumps Liste - mit einem Strafzoll von zehn Prozent.
Zölle gegen unbewohnte Inseln, aber nicht gegen Belarus
Obwohl sich mit Venezuela auch sanktionierte Staaten auf Trumps Zollliste finden, bleiben andere Länder, die ebenfalls US-Sanktionen unterliegen, von den neuen Maßnahmen ausgenommen - darunter neben Russland auch Nordkorea, Kuba und Belarus. "Das sieht nach Nachsichtigkeit aus, die Symbolcharakter hat", sagt die Politologin und Amerikanistin Alexandra Filippenko.
Zum Handelsvolumen mit Nordkorea, Kuba und Belarus haben die USA keine Zahlen veröffentlicht. Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge lag der bilaterale Handel der USA mit Belarus beispielsweise bei mehreren Dutzend Millionen Dollar pro Jahr. So wurden 2024 etwa belarussische Waren im Wert von 21 Millionen Dollar in die USA importiert.
Die Zusammensetzung der Zollliste scheint sich also nicht ausschließlich am Umfang des Handels mit einem Land zu orientieren. Darauf deutet unter anderem hin, dass selbst winzige oder unbewohnte Gebiete wie die Heard- und McDonald-Inseln - ein australisches Außengebiet im südlichen Indischen Ozean - von den Maßnahmen betroffen sind, obwohl praktisch kein relevanter Handelsaustausch mit den USA besteht.
Auffällig ist auch, dass Kanada und Mexiko auf der neuen Liste fehlen. Allerdings unterliegen die meisten Warenimporte aus beiden Ländern bereits bestehenden Zöllen in Höhe von 25 Prozent.
Warum verhängt Trump keine Zölle gegen Russland?
Alexandra Filippenko sieht in Trumps Entscheidung, Russland nicht auf die Zollliste zu setzen, ein deutliches politisches Signal: Für den US-Präsidenten habe die Verbesserung der Beziehungen zu Moskau Priorität. "Die russischen Behörden haben das politische Signal verstanden", sagt sie und verweist auf einen Telegram-Beitrag des Sondergesandten des russischen Präsidenten, Kirill Dmitrijew, der sich derzeit in Washington aufhält. Darin betont Dmitrijew, dass die Wiederherstellung des Dialogs zwischen Russland und den USA ein "schwieriger und schrittweiser Prozess" sei und beide Seiten bereit seien, "eine Zusammenarbeit aufzubauen - sowohl in internationalen Angelegenheiten als auch in der Wirtschaft".
Auch die Politikwissenschaftlerin Nina Chruschtschowa, Professorin an der New School in New York, sieht in den diplomatischen Kontakten zwischen den beiden Ländern einen möglichen Grund dafür, dass Trump auf Zölle gegen Russland verzichtet: "Ich denke, man wird auf die eine oder andere Weise politischen Druck auf Russland ausüben, aber während Dmitrijews Besuch sind Zölle eher kontraproduktiv", sagt sie im Gespräch mit der DW. Die Trump-Regierung könne, wenn sie wolle, die Erhebung von Zöllen gegen Russland später nachholen.
Oleg Buklemischew, Direktor des Zentrums für wirtschaftspolitische Forschung an der Moskauer Staatlichen Universität, meint Trumps Entscheidungen zu Russland und der Ukraine würden "jeder wirtschaftlichen Logik entbehren". Auch er sieht im Verzicht auf zusätzliche Zölle gegen Russland eine rein politische Entscheidung - ungeachtet der Behauptungen aus Washington, der bilaterale Handel sei unbedeutend. Tatsächlich, so Buklemischew, würden weiterhin russischer Kernbrennstoff, Düngemittel und Platinmetalle in die USA geliefert. Und: Hohe Zölle darauf könnten für hohe Energiekosten sorgen, was nicht in den Plänen Trumps liegt.
Zugleich betont er, dass das heutige Handelsvolumen mit Russland weder mit dem europäischen noch mit dem chinesischen Markt vergleichbar sei und weit vom früheren Niveau entfernt sei. Eine Rückkehr zum alten Handelsumfang zwischen den USA und Russland hält Buklemischew aber für unrealistisch: "Selbst wenn sich die Beziehungen entspannen sollten, wäre es unmöglich, das vorherige Niveau wieder zu erreichen. Finanzielle, logistische und sanktionsbedingte Beschränkungen werden bestehen bleiben, und China hat den russischen Markt bereits teilweise übernommen."
Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk