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Warum Venedig das Filmfestival des Jahres ist

Scott Roxborough
27. August 2024

Das 81. Filmfestival von Venedig ist ein Pflichttermin für alle Filmfans. Dieses Jahr soll es sogar das Festival von Cannes toppen - und das nicht nur wegen der hohen Promi-Dichte.

Figur des "Goldenen Löwen", im Hintergrund der Schriftzug "La Biennale di Venezia".
Ein begehrter Preis: der "Goldene Löwe"Bild: Keystone USA/dpa/picture alliance

Zum 81. Mal wird in Venedig der Rote Teppich ausgerollt - vom 28. August bis zum 7. September 2024 will das Festival zeigen, warum es das größte, wichtigste und schlichtweg coolste Filmfest des Jahres sein wird. Und das sind die Gründe...

The Stars Are Back in Town

Der Streik der Schauspielerinnen und Schauspieler, der letztes Jahr für einen recht verwaisten Roten Teppich sorgte, ist Geschichte. 2024 verspricht Venedig eine hohe Dichte an Berühmtheiten, ganz vorne mit dabei einige Hollywood-Superstars. Angekündigt haben sich zum Beispiel Brad Pitt und George Clooney, die für Jon Watts' Actionkomödie "Wölfe" in der Stadt sind.

Auch Tilda Swinton und Julianne Moore werden erwartet, sie gehören zum Cast des neuen Pedro Almodóvar-Films "The Room Next Door". Lady Gaga und Joaquin Phoenix tanzen für "Joker: Folie à Deux" durch die Lagunenstadt. Es ist die Fortsetzung von Todd Phillips "Joker", der 2019 ebenfalls in Venedig Premiere feierte und dort den Goldenen Löwen für den Besten Film erhielt.

Eine wahnsinnige Liebe zwischen dem Joker und Harley QuinnBild: Alon Amir/Warner Bros.

Ex-James Bond-Darsteller Daniel Craig kommt für seine eher Bond-untypische Rolle in Luca Guadagninos "Queer", Angelina Jolie gibt sich für Pablo Larraíns "Maria" die Ehre. Nicole Kidman und Antonio Banderas präsentieren "Babygirl" der niederländischen Regisseurin Halina Reijn. Und auch der Cast des Eröffnungsfilms, Tim Burtons "Beetlejuice Beetlejuice", eine Fortsetzung des Films "Beetlejuice" von 1988, glänzt mit Stars wie Michael Keaton, Catherine O'Hara und Winona Ryder sowie Willem Dafoe, Monica Bellucci und Jenny Ortega ("Wednesday"). Alles in allem genug Prominenz, um Instagram zum Absturz zu bringen. "Es sieht so aus, als ob es der vollste rote Teppich des letzten Jahrzehnts sein wird", sagt Festivalleiter Alberto Barbera.

Oscar-Kandidaten in Hülle und Fülle

Längst hat Venedig Cannes als Startrampe für Oscar-Preisträger abgelöst, und Barbera versteht es, Filme auszuwählen, die auch die Academy begeistern.

Viele Oscar-Gewinner der vergangenen Jahre starteten in Venedig, dazu zählen "Birdman", "Nomadland", "The Favourite", "Dune", "Poor Things" und viele mehr.

Angelina Jolie als Maria Callas - die Technik macht's möglich, dass Jolie eine Opernstimme hatBild: Pablo Larrain

Ob Angelina Jolie als Opernlegende Maria Callas in "Maria" die hohen Töne trifft - ja, sie singt wirklich -, ob der Zauber von Almodóvars Oscar-prämierten spanischen Filmen in seinem englischsprachigen Spielfilmdebüt "The Room Next Door" verloren geht und ob Joaquin Phoenix, der 2020 den Oscar als bester Hauptdarsteller für "Joker" gewann, die Academy erneut als Clown-Prinz des Verbrechens beeindrucken kann, das alles wird sich im Januar 2025 zeigen, wenn die Oscar-Nominierungen bekanntgegeben werden.

Politisch, aktuell und streitbar

Am Lido geht es nicht nur um Glanz und Glamour. Das Programm von Venedig umfasst einige der politisch relevantesten Filme und Dokumentationen des Jahres, die mit Sicherheit zur öffentlichen Debatte beitragen werden.

Filmszene aus "5. September"Bild: Constantin Film

Dazu gehört "5. September", ein Dokudrama des deutschen Filmemachers Tim Fehlbaum, das die Terroranschläge auf die Olympischen Spiele 1972 in München rekonstruiert, bei denen israelische Sportler als Geiseln genommen wurden. Der Film erzählt die Geschichte aus der Sicht amerikanischer Sportjournalisten, die damals aus München über die Spiele berichteten.

Andres Veiel, einer der renommiertesten deutschen Dokumentarfilmer, nimmt sich die deutsche Regisseurin Leni Riefenstahl vor, die Macherin der nationalsozialistischen Propagandafilme "Triumph des Willens" und "Olympia".

Riefenstahl, die 2003 im Alter von 101 Jahren starb, hatte stets bestritten, von Hitlers Konzentrationslagern und dem Holocaust gewusst zu haben. Veiel, der für seinen Dokumentarfilm erstmals Zugang zu ihren persönlichen Archiven hatte, fand jedoch Beweise dafür, dass Riefenstahl eine überzeugte Nationalsozialistin war.

Über die Geschichtsstunde hinaus sieht Veiel in "Riefenstahl" ein Beispiel für die "Verführung zum Faschismus", die angesichts des Erstarkens der Rechtsextremen in ganz Europa erschreckend aktuell ist.

Leni Riefenstahl: Eine glühende Verehrerin des "Führers"Bild: Bayrische Staatsbibliotek Bildarchiv

Der britische Starregisseur Joe Wright untersucht die Ursprünge des Faschismus in "M. Son of the Century", einer Fernsehserie, die in Venedig Premiere hat und den Aufstieg des italienischen Diktators Benito Mussolini nachzeichnet. Angesichts der Tatsache, dass die derzeitige italienische Regierung die am weitesten rechts stehende seit "Il Duce" ist, wird die Serie in aller Munde sein. 

Erotisches Knistern auf der Leinwand

Abseits von politischen Schwergewichten soll das älteste Filmfestival der Welt allerdings auch "ziemlich heiß" werden, wie Schauspieler Drew Starkey verspricht. Starkey ist Daniel Craigs Liebhaber in "Queer", einer Verfilmung des ziemlich expliziten Romans von William S. Burroughs über amerikanische GIs im Mexiko der 1950er Jahre.

Eine verhängnisvolle Affaire? Szene aus "Babygirl"Bild: Niko Tavernise/A24/AP/picture alliance

Nicole Kidman und Harris Dickinson treiben es in "Babygirl", der laut Regisseurin Halina Reijn von Erotikthrillern der 1980er und 90er Jahre wie "Basic Instinct", "Eine verhängnisvolle Affäre" und "9 1/2 Wochen" inspiriert wurde. Kidman spielt eine hochrangige Managerin, die Karriere und Familie aufs Spiel setzt, um eine heiße Affäre mit ihrem viel jüngeren Praktikanten zu beginnen.

Und in "Love" des norwegischen Regisseurs Dag Johan Haugerud geht es um Singles, die auf einer Fähre nach Oslo über Tinder-Kontakte spontane Intimität suchen. Für Filmfans, die das erotische Knistern auf der Leinwand einem Disney-Familienfilm vorziehen, könnte Venedig eine gute Idee für ein Date sein.

Skandale vorprogrammiert

Und was wäre ein Filmfestival ohne Klatsch und Tratsch? 2024 ist ein vielversprechender Jahrgang - und Social Media wird wahrscheinlich explodieren. Da wäre zunächst das Aufeinandertreffen von Brad Pitt und Angelina Jolie, die sich seit Jahren einen erbitterten Scheidungskrieg liefern.

Zum 50. Geburtstag soll Angelina Jolie ihrem Gatten noch eine Insel geschenkt haben: Die Zeiten sind vorbei...Bild: Dennis Van Tine/STAR MAX/IP/picture alliance

Joaquin Phoenix wird sich bei der Pressekonferenz zu "Joker: Folie à Deux" wohl auch unangenehmeren Fragen stellen müssen: Er war nur wenige Tage vor Drehbeginn im August aus einem Schwulendrama von Todd Haynes ausgestiegen. Phoenix sollte in der Liebesgeschichte aus den 1930er Jahren mit Schauspielkollege Danny Ramirez Szenen mit "explizitem sexuellem Inhalt" spielen. Sein plötzlicher Ausstieg hat das Projekt platzen lassen, was nun angeblich Millionen kosten wird und einen Rechtsstreit nach sich ziehen könnte.

Und selbst der sonst so skandalfreie George Clooney könnte dank einer Mini-Fehde mit Quentin Tarantino in Venedig auf dem heißen Stuhl sitzen. Der "Pulp Fiction"-Regisseur soll behauptet haben, Clooney sei "kein Filmstar", woraufhin Clooney zurückschoss: "Dude, F*** Off!".

Adaption aus dem Englischen: Silke Wünsch

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