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PolitikEuropa

Was bringt 2025 für die NATO und Europas Sicherheit?

Anchal Vohra
28. Dezember 2024

Das Verteidigungsbündnis hat 2025 einige Herausforderungen zu bewältigen. Steigen die Verteidigungsausgaben? Wird die Ukraine weiter unterstützt? Und was bedeutet der neue US-Präsident Donald Trump für die Allianz?

NATO-Soldatin und -Soldaten stehen bei Miitärübung hinter- und nebeneinander
2024 hielt die NATO mit dem Manöver Steadfast Defender ihre größte Militärübung seit dem Kalten Krieg abBild: Press Office, Albania Ministry of Defence

In einer unheilschwangeren Rede machte Mark Rutte deutlich, wie nah der Krieg vor der Haustür des Verteidigungsbündnisses steht. Der NATO-Generalsekretär verdeutlichte damit die Prioritäten der Allianz im Jahr 2025. "Von Brüssel aus fährt man nur einen Tag bis in die Ukraine", sagte er im Dezember vor dem Thinktank Carnegie Europe. "So nahe fallen russische Bomben. So nahe kommen iranische Drohnen. Und nur wenig weiter entfernt kämpfen nordkoreanische Soldaten."

Rutte warb in seiner Rede um öffentliche Unterstützung für höhere staatliche Verteidigungsausgaben und Investitionen. Damit sollen nicht nur die europäische Sicherheit gestärkt und die Ukraine unterstützt, sondern auch verhindert werden, dass Russland weiter expandiert.

Können höhere Verteidigungsausgaben Trump milde stimmen?

Höhere Verteidigungsausgaben der europäischen NATO-Mitglieder wären für das Bündnis auch hilfreich, um den Herausforderungen durch einen unberechenbaren US-Präsidenten Donald Trump zu begegnen. Alle US-Präsidenten der jüngeren Vergangenheit haben die Europäer aufgefordert, mehr für die Verteidigung aufzuwenden. Doch Trump ist der einzige, der damit gedroht hat, Mitglieder, die nicht genügend beigetragen haben, im Regen stehen zu lassen.

Hat die NATO ohne die USA eine Zukunft?

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Um Trumps Unmut abzuwenden, erfüllten viele europäische Staaten im vergangenen Jahr ihre Verpflichtung, zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts für Verteidigung aufzubringen. Während sich Trump darauf vorbereitet, sein Amt anzutreten, machen Vorschläge die Runde, das Ausgabenziel der NATO auf drei oder sogar vier Prozent anzuheben.

"Wir benötigen mehr Zeit, um untereinander zu beraten, wie hoch das neue Ziel genau sein soll. Aber es wird zwei Prozent deutlich übersteigen", bestätigte Rutte. "Lassen Sie mich offen sein: Wenn wir nur mehr ausgeben, das aber nicht gezielter tun, müssen es mindestens vier Prozent sein."

Fachleute gehen davon aus, dass Trump versuchen wird, vier Prozent durchzusetzen. "Die Europäer müssen den USA ein gutes Angebot machen", empfiehlt Verteidigungsexpertin Gesine Weber vom German Marshall Fund (GMF) gegenüber der DW. "Das könnte beispielsweise ein Modell sein, in dem die USA nur der Notanker sind, der Verteidiger, der nur eingreift, wenn alle anderen Stricke bereits gerissen sind, und die Europäer die konventionelle Verteidigung Europas größtenteils selbst übernehmen."

Europäische NATO-Mitglieder offenbaren Schwächen

Die europäischen Bündnismitglieder sind sich darüber einig, dass sie mehr für ihre eigene Verteidigung tun, die Produktionskapazitäten erhöhen und logistische Lücken schließen müssen. 

So hielt die NATO 2024 die Militärübung Steadfast Defender ab, die größte Übung seit Ende des Kalten Krieges. Und das Bündnis beschloss im Dezember, seine Strategie für die hybride Kriegsführung aus dem Jahr 2015 zu überarbeiten, weil die Zahl der mutmaßlich von Moskau beauftragten Sabotageakte in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist.

Einblicke in die bislang größte NATO-Übung in Europa

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Außerdem bemühen sich die NATO-Staaten, verstärkt Truppen an den Grenzen der Allianz zu stationieren. So will Deutschland zum Beispiel bis 2027 rund 5000 Soldaten nach Litauen entsenden.

Schlecht aufgestellt sind die europäischen NATO-Mitglieder insbesondere bei Nachrichtendiensten, Überwachung und Aufklärung. Es fehlen zum Beispiel Satelliten, die gegnerisches Territorium observieren, oder große Transporthubschrauber, die sperrige Verteidigungsausrüstung und Truppen über große Entfernungen transportieren können.

In diesem Bereich sind in den kommenden Jahren Verbesserungen geplant. Fachleuten zufolge wird es jedoch lange dauern, bis Europa seine Abhängigkeit von den USA beenden kann. "Die Europäer verfügen über wenige Satelliten, und diese Lücke zu füllen, kann zehn bis 15 Jahre dauern", erläutert Rafael Loss der DW. Er ist Experte für Sicherheit und Verteidigung im euroatlantischen Raum beim European Council on Foreign Relations (ECFR) in Berlin. Die erste Herausforderung für die europäischen Staaten sei es, Mittel für solche Projekte bereitzustellen.

USA profitieren im Indo-Pazifik von der NATO

Die europäischen Mitglieder der NATO argumentieren, dass die Allianz nicht nur Sicherheit und Wohlstand auf beiden Seiten des Atlantiks garantiere, sondern auch Washingtons Antwort auf Peking im indopazifischen Raum stärke.

NATO will engere Beziehungen mit Partnern im Indopazifik

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Um der "grenzenlosen Partnerschaft" Chinas und Russlands entgegenzuwirken, hat die NATO die Beziehungen zu ihren vier asiatischen Partnern vertieft - zu den sogenannten AP4 (Australien, Neuseeland, Südkorea und Japan). Zur Kooperation soll im kommenden Jahr gehören, mehr nachrichtendienstliche Informationen auszutauschen.

"Die europäischen Mitglieder der NATO versuchen, den China-Hardlinern in der kommenden Trump-Regierung klarzumachen, dass es für sie ohne die NATO sehr viel schwerer wird, Peking entgegenzutreten", meint Loss.

Trump und die Ukraine

Im Februar 2025 jährt sich der Einmarsch Russlands in die Ukraine zum dritten Mal. Europäische Staats- und Regierungschefs sichern Kiew weiterhin ihre Unterstützung zu. Sie machen sich allerdings keine Illusionen darüber, dass sie einen möglichen Wegfall der US-amerikanischen Unterstützung ausgleichen könnten.

Angesichts ihrer eigenen Haushaltsengpässe werden wohlhabende europäische Staaten sehr zurückhaltend mit Versprechungen an die Ukraine. Dazu kommt die Ungewissheit, ob die USA als größter finanzieller und militärischer Unterstützer der Ukraine ihre Hilfe fortsetzen werden.

Bei der Wiedereröffnung von Notre-Dame in Paris kamen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj zusammenBild: Ludovic Marin/AFP via Getty Images

Ein weiterer Reibungspunkt innerhalb des Bündnisses bleibe die potentielle NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, meint Kristine Berzina, in Washington ansässige Geschäftsführerin von GMF Geostrategy North. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei überzeugt davon, dass die Zukunft der Ukraine in der NATO liege. Die meisten europäischen NATO-Mitglieder unterstützen eine Mitgliedschaft, Deutschland ist hier die Ausnahme. Doch das bleibe ein Lippenbekenntnis, wenn die Trump-Administration eine Mitgliedschaft ablehne, betont Weber. Und der gewählte US-Vizepräsident JD Vance hat diesbezüglich bereits Zweifel geäußert.

Bei der Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame in Paris im Dezember begrüßte der französische Präsident Emmanuel Macron auch Trump und Selenskyj. Sein Ziel war es Fachleuten zufolge, Trumps Haltung zur Ukraine aufzuweichen und dessen Politik zu Gunsten Kiews zu beeinflussen. Doch niemand weiß, wie Trump handeln wird. Loss sagt: "Das ist die große Unbekannte."

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

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