Was bringt der Ukraine das Rohstoffabkommen mit den USA?
2. Mai 2025
Abkommen über seltene Erden, Bodenschätze, natürliche Ressourcen und Mineralien oder einfach Wirtschaftsabkommen - all das sind Bezeichnungen für einen Vertrag, den die USA und die Ukraine gleich nach der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump Anfang des Jahres schließen wollten. Nach mehreren Anläufen und Änderungen wurde nun am 30. April ein "Abkommen zur Einrichtung eines amerikanisch-ukrainischen Investitions- und Wiederaufbaufonds" zwischen Washington und Kyjiw unterzeichnet.
Es umfasst nur zehn Seiten, plus zwei Seiten als Anhang. Nach der Unterzeichnung erklärte die erste stellvertretende ukrainische Premierministerin und Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko, die Ukraine werde dem Dokument zufolge gemeinsam mit den USA einen Investitionsfonds für den Wiederaufbau einrichten, der umfassende Investitionen in das Land locken solle. Im Abkommen werden keinerlei Schuldverpflichtungen der Ukraine gegenüber den USA erwähnt und es ändert auch nichts an Kyjiws Kurs der europäischen Integration.
Wie soll der Fonds funktionieren?
Swyrydenko sagte, die USA würden Beiträge zum Fonds leisten - neben direkten Finanzmitteln könnten dies beispielsweise auch Luftabwehrsysteme als Hilfe für die Ukraine sein. Kyjiw soll seinerseits 50 Prozent der Haushaltseinnahmen aus Zahlungen für neue Lizenzen zur Förderung wichtiger Rohstoffe zum Fonds beitragen, kann aber auch zusätzliche Beiträge einzahlen.
Der Fonds soll dann die Mittel in Projekte zur Förderung von Mineralien, Öl und Gas sowie in die damit verbundene Infrastruktur oder Verarbeitung investieren. Entsprechend sollen die Ukraine und die USA gemeinsam die konkreten Investitionsprojekte bestimmen, für die die Gelder verwendet werden. Der Fonds darf ausschließlich in der Ukraine investieren.
"Wir gehen davon aus, dass die Gewinne und Einnahmen des Fonds in den ersten zehn Jahren nicht ausgeschüttet, sondern nur in der Ukraine investiert werden können - in neue Projekte oder in den Wiederaufbau. Die Bedingungen sollen noch weiter besprochen werden", so die Ministerin.
Das amerikanisch-ukrainische Abkommen bedarf allerdings noch der Ratifizierung durch das Parlament der Ukraine. Die Fraktion der Oppositionspartei "Europäische Solidarität" ist jedoch unzufrieden darüber, dass die Abgeordneten nicht in die Verhandlungen über dieses Abkommen einbezogen wurden. Sie fordert, dass Präsident Wolodymyr Selenskyj Gespräche mit Vertretern der Parlamentsfraktionen und -gruppen führt.
Wann kommen die ersten Investitionen?
Laut Ilja Neschodowskyl von der ukrainischen gesellschaftlichen Organisation "Netzwerk zum Schutz nationaler Interessen - ANTS" ist ein Abkommen mit den USA für die Ukraine heute unabdingbar. "Wir zahlen und geben einen Teil unserer Einnahmen ab, aber im Gegenzug erhalten wir militärische und finanzielle Unterstützung sowie amerikanische Investitionen. Da die Amerikaner die Art und Weise der Investitionen kontrollieren werden, geht man davon aus, dass sie dann auch eher bereit sein werden, in die ukrainische Wirtschaft zu investieren", erläutert er.
Doch die Investitionen werden nicht sofort fließen. Experten meinen, mit ihnen könne man erst nach Ende der heißen Phase von Russlands Krieg gegen die Ukraine, nach einem Einfrieren des Konflikts oder der Unterzeichnung eines Friedensabkommens rechnen. "Neue Projekte sind jetzt während des Krieges ausgeschlossen. Ich glaube nicht, dass sie vor Mitte nächsten Jahres möglich sein werden. Denn Unternehmen, die in der Ukraine investieren wollen - sei es in Rohstoffe, Bergbau oder Verarbeitung - müssen dies im Etat fürs nächste Jahr berücksichtigen", sagt im DW-Gespräch Anatolij Amelin von der Denkfabrik "Ukrainian Institute for the Future". Er geht davon aus, dass im besten Fall amerikanische Investitionen ab den Jahren 2027 und 2028 in die Ukraine kommen werden. "Die USA sind weiterhin motiviert, uns zu helfen, aber die nächsten Hilfen werden sich als Schuldverpflichtungen in dem Fonds anhäufen", so Amelin.
Wird die US-Militärhilfe wieder aufgenommen?
Gleichzeitig weisen Experten darauf hin, dass das Abkommen für die Ukraine politisch von Vorteil ist, da es die Zusammenarbeit mit den USA fortsetzt, auch was eine Intensivierung der amerikanischen Militärhilfe angeht. "Dies ist eine große politische und diplomatische Errungenschaft der Ukraine", schrieb der Leiter der Kyiv School of Economics und ehemalige ukrainische Wirtschaftsminister Tymofij Mylowanow auf Facebook. "Das Abkommen beschert Trump einen innenpolitischen Erfolg, was auch die Haltung gegenüber der Ukraine in den USA verbessert. Der Ukraine ist es gelungen, ihre Interessen in diesem Abkommen zu verteidigen. Alle drakonischen Forderungen an sie wurden trotz unvorstellbaren Drucks fallen gelassen. Das Abkommen sieht nun fair aus und eröffnet Möglichkeiten für weitere US-Militärhilfen an die Ukraine"
Experten weisen darauf hin, dass unmittelbar nach der Unterzeichnung des Abkommens Medien meldeten, Donald Trump habe zum ersten Mal in seiner zweiten Amtszeit dem Verkauf von Waffen im Wert von mindestens 50 Millionen Dollar an die Ukraine zugestimmt.
Hat Selenskyj Sicherheitsgarantien erhalten?
Gleichzeitig betonen Experten, dass das unterzeichnete Abkommen keinerlei Sicherheitsgarantien der USA für die Ukraine enthält. Dabei hatte sich Präsident Wolodymyr Selenskyj genau diese zum Ziel gesetzt, als er die Unterzeichnung eines Abkommens mit den USA initiierte. Er wollte im Tausch für den Zugang zu ukrainischen Rohstoffen Sicherheitsgarantien für sein Land bekommen.
"Dies ist ein Abkommen für die Zukunft. Das Abkommen ist eher politischer Natur, es ist ein Versuch, die Beziehungen zu den USA wiederherzustellen. Aber es enthält keine Sicherheitsgarantien, und das ist ein echtes Problem für die Ukraine", findet Jewhen Magda von der ukrainischen Denkfabrik "Institute of World Policy". Im DW-Gespräch macht er darauf aufmerksam, dass die Ukraine bereits mehr als drei Dutzend Sicherheitsabkommen mit internationalen Partnern unterzeichnet habe, die bezüglich sicherheitspolitischer Fragen nützlicher seien als das Abkommen mit den USA zur Einrichtung eines Investitions- und Wiederaufbaufonds.
Adaption aus dem Ukrainischen: Markian Ostaptschuk