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Was bringt eine Zuckersteuer auf Softdrinks?

18. Juni 2024

In Deutschland wird wieder über die Einführung einer Zuckersteuer auf Soft- und Energydrinks debattiert. Andere Länder haben gemischte Erfahrungen damit gemacht. Ein Vorbild könnte Großbritannien sein.

Saft- und Getränkedosen in einem Kühlregal
Will jetzt auch Deutschland zuckerhaltigen Softdrinks den Kampf ansagen?Bild: Robert Kneschke/Zoonar/picture alliance

Übergewicht und Diabetes sind weltweit auf dem Vormarsch. Allein in Deutschland bringt rund die Hälfte aller Erwachsenen mittlerweile einige Kilos zu viel auf die Waage. Fast jeder fünfte ist sogar fettleibig. Mehr als sieben Prozent der Gesamtbevölkerung leiden unter Diabetes - Tendenz steigend. Ein übermäßiger Zuckerkonsum macht aber nicht nur krank, er ist auch teuer für die Allgemeinheit - sei es, weil dadurch die Ausgaben der Krankenkassen steigen oder Arbeitskräfte ausfallen. 

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Im Fokus der Debatte stehen vor allem stark zuckerhaltige Softdrinks. Der Konsum von Limonaden, Colas, Energydrinks und Co. gilt als eine der Hauptursachen für die steigende Zahl an Übergewichtigen weltweit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt daher schon seit längerem, diese Getränke gesondert zu besteuern. Auch Bundesernährungsminister Cem Özdemir von den Grünen befürwortet eine solche Maßnahme. Nun erhält er Rückendeckung von neun der 16 deutschen Bundesländer. Sie fordern die Bundesregierung auf, die Einführung einer solchen Steuer zu prüfen.

Was soll eine Zuckersteuer bringen? 

Im vergangenen November hatte die Technische Universität München in einer Studie aufgezeigt, wie wirksam eine Sondersteuer auf zuckerhaltige Getränke in Deutschland wäre: In den kommenden 20 Jahren, rechnen die Wissenschaftler vor, könnten bis zu 240.000 Fälle von Typ-2-Diabetes verhindert werden. 17.000 bis 30.000 Todesfälle könnten so ausbleiben oder zumindest deutlich verzögert werden. Im selben Zeitraum ließen sich insgesamt bis zu 16 Milliarden Euro einsparen, davon alleine vier Milliarden innerhalb des Gesundheitssystems, etwa weil mit Übergewicht verbundene Krankheiten vermieden werden könnten. Die Zahl der Krankheitsfehltage und krankheitsbedingter Frühverrentungen würde deutlich sinken, ebenso die Zahl der Todesfälle im noch erwerbsfähigen Alter. So würde auch die Gesamtwirtschaft von einer solchen Steuer profitieren. 

Dass eine Steuer auf gesüßte Getränke insbesondere den Body-Mass-Index von Kindern und Jugendlichen senkt, hat eine kürzlich durchgeführte Studie der University of Washington in Seattle mit rund 6000 Probanden herausgefunden. Auch die Forscher der TU München weisen darauf hin, dass der Konsum gesüßter Getränke im Jugendalter höher sei - und dass dementsprechend die gesundheitlichen Effekte einer solchen Steuer in dieser Altersgruppe noch höher wären als im Durchschnitt.  

Erfahrungen aus anderen Ländern

Tatsächlich haben mittlerweile weltweit mehr als 50 Länder eine Softdrinksteuer eingeführt, darunter Großbritannien, Frankreich, Spanien und Polen ebenso wie Indien, Südafrika, Chile oder Saudi-Arabien. Einige Beispiele:

Fettleibigkeit in Großbritannien: Nicht nur im Vereinigten Königreich wächst die Zahl der stark Übergewichtigen rasant an Bild: Lindsey Parnaby/AFP

Norwegen hat mit Abgaben auf Süßes besonders lange Erfahrung. Schon 1922 gab es eine Zuckersteuer. Sie gilt sowohl für Zucker als auch für künstliche Süßstoffe. Das freut auch das Nachbarland Schweden, da viele Norweger gern zum Schokoladenkauf über die Grenze fahren. 2018 erhöhte die Regierung in Oslo die Steuer noch einmal drastisch, nämlich um rund 80 Prozent. Als Folge sanken die Absatzzahlen von Softdrinks in Norwegen.

Mexiko besteuert zuckerhaltige Softdrinks seit 2014 mit einem Peso (fünf Cent) pro Liter. Das entspricht einer Steuerlast von rund zehn Prozent. Zwar ist der Kauf von Colas und Limonaden dadurch bereits im Folgejahr spürbar zurückgegangen, das Modell galt jahrelang als Erfolg. Doch in der Folge wichen viele Konsumenten auf Fruchtsäfte und gesüßte Milchprodukte aus, die nicht der Zuckersteuer unterliegen, was die gesundheitlichen Erfolge einer solchen Abgabe zumindest teilweise wieder zunichte machte.

Auch Indien erhebt eine Zuckersteuer. Auf dem Subkontinent werden Getränke mit zugesetztem Zucker in der höchsten Abgabenkategorie gelistet. 28 Prozent entfallen auf diese Nahrungsmittel, damit befinden sie sich in derselben Steuerklasse wie Luxusautos und Tabakprodukte. Darunter fallen alle Getränke, denen bei der Produktion Zucker zugesetzt wird. Dadurch haben sich die Preise dieser Getränke erhöht, was den Konsum sinken ließ. Es wurde allerdings kein Anreiz für die Hersteller geschaffen, die Zuckermenge in den Getränken zu reduzieren - sie werden weiter verkauft.

Gestaffelte Zuckersteuer als Königsweg?

Vorbild für Deutschland könnte daher Großbritannien sein. 2018 führte die Regierung in London ihre gestaffelte Zuckersteuer ein. Seitdem werden ab fünf Gramm Zucker pro 100 Millilitern 18 Pence pro Liter fällig, ab acht Gramm sogar 24 Pence. Dies hat nicht nur dafür gesorgt, dass der Konsum deutlich zurückging. Es schafft auch einen Anreiz für die Hersteller, den Zuckergehalt ihrer Softdrinks deutlich zu reduzieren, um Steuern zu sparen. Viele Produzenten haben dies infolge der neuen Gesetzgebung bereits getan.

In Deutschland gab es bislang nur eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller, den Zucker in ihren Getränken zu reduzieren - mit wenig Konsequenzen. Im Durchschnitt ist der Zuckergehalt in Soft- und Energydrinks seitdem nur um zwei Prozent gesenkt worden. Länder mit gestaffelten Zuckersteuern haben da weitaus bessere Erfolgsquoten vorzuweisen. In Großbritannien etwa sank der Zuckergehalt in Limo, Cola und Co. bereits in den ersten drei Jahren im Schnitt um 29 Prozent. Und auch die oben erwähnte Simulation der TU München belegt: Wenn Hersteller je nach Höhe der Zuckermenge besteuert werden, sind die Effekte am größten.

Thomas Latschan Langjähriger Autor und Redakteur für Themen internationaler Politik
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