Was die Berlinale 2025 verspricht
12. Februar 2025
Es ist die Weltpremiere von Tom Tykwers "The Light", mit der die 75.Internationalen Filmfestspiele von Berlin (13. bis 23. Februar) an diesem Donnerstag beginnen. Der deutsche Filmemacher ("Lola rennt" und "Babylon Berlin") kehrt mit einem Drama zurück, in dem Lars Eidinger und Nicolette Krebitz die Hauptrollen spielen. Der Film erzählt vom Leben einer Mittelklassefamilie, das aus dem Tritt gerät, als eine Haushälterin aus Syrien dazustößt.
Während der Eröffnungsveranstaltung wird Tilda Swinton den Goldenen Ehrenbären für ihr Lebenswerk erhalten. Die schottische Schauspielerin hat in den vergangenen Jahren mehrfach an der Berlinale teilgenommen, sei es als Jurypräsidentin im Jahr 2009 oder als Begleiterin ihrer Filme, von denen 26 auf dem Filmfestival liefen. Edward Berger hält eine Rede zu ihren Ehren. Der Oscar-nominierte Regisseur von "Konklave" und "Im Westen nichts Neues" arbeitet aktuell an einer Netflix-Produktion mit Swinton in der Hauptrolle, "The Ballad of a Small Player".
Bei der Eröffnungsgala stellt sich auch die internationale Jury des Wettbewerbs vor. Den Vorsitz hat der US-Regisseur Todd Haynes ("Carol", "I'm Not There"). Zur siebenköpfigen Jury gehören der chinesische Star Fan Bingbing, die deutsche Filmemacherin und Schauspielerin Maria Schrader, der marokkanisch-französische Regisseur Nabil Ayouch, die deutsche Kostümbildnerin Bina Daigeler, der argentinische Filmemacher Rodrigo Moreno und die amerikanische Kritikerin und Podcast-Moderatorin Amy Nicholson. Die Jury wählt die Gewinner des Goldenen und Silbernen Bären aus, die am 22. Februar verliehen werden.
Höhepunkte des Wettbewerbs
Im Hauptwettbewerb des Festivals laufen 19 Filme. Das gesamte öffentliche Programm zählt fast 250 Filme aus 26 Ländern. Unter die früheren Preisträger, die in den Wettbewerb zurückkehren, mischt sich auch der rumänische Filmemacher Radu Jude, sein neuer Film: "Kontinental '25". Jude hatte 2021 den Goldenen Bären mit "Bad Luck Banging or Loony Porn" gewonnen, der einen kritischen Blick auf sein Land warf. Der koreanische Regisseur Hong Sang-soo, der in den letzten Jahren mehrere Silberne Bären erhalten hat, kehrt mit "What Does that Nature Say to You" zurück.
Zwei chinesische Filme feiern im Wettbewerb ihre Weltpremiere: "Girls on Wire" unter der Regie von Vivian Qu, und "Living the Land" unter der Regie von Huo Meng. In "Yunan" von Ameer Fakher Eldin - einer Koproduktion zwischen Deutschland, Kanada, Italien, Palästina, Katar, Jordanien und Saudi-Arabien - spielen der libanesische Komiker Georges Khabbaz und die deutsche Schauspiellegende Hanna Schygulla, die durch ihre Arbeit mit Rainer Werner Fassbinder bekannt wurde, die Hauptrollen.
Im Hauptwettbewerb gibt es nur einen Dokumentarfilm, nämlich "Timestamp" von Kateryna Gornostai. Er gibt einen Einblick in das ukrainische Schulleben nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine.
Viele Stars auf dem roten Teppich
Zu den Wettbewerbsfilmen, die Prominente nach Berlin bringen werden, gehört Richard Linklaters "Blue Moon" mit Ethan Hawke, Margaret Qualley und Andrew Scott in den Hauptrollen. Der US-Filmemacher gewann sowohl für "Before Sunrise" (1995) als auch für "Boyhood" (2014) einen Silbernen Bären in der Kategorie "Beste Regie".
In "If I Had Legs I'd Kick You" von Mary Bronstein spielen Rose Byrne und ASAP Rocky die Hauptrollen. In "Der Eisturm", bei dem Lucile Hadzihalilovic Regie führte, tritt die französische Schauspielerin Marion Cotillard auf. Als Hauptdarstellerin in Michel Francos "Dreams" wird Jessica Chastain in Berlin erwartet.
Eine interessante Sektion des Festivals verspricht "Das Berlinale Special" zu werden. Bong Joon-Ho, der preisgekrönte Filmemacher von "Parasite", wird zur Deutschlandpremiere seiner neuen schwarzen Science-Fiction-Komödie "Mickey 17" erwartet, mit Robert Pattinson in der Hauptrolle.
Angesagt hat sich auch Timothee Chalamet, bekannt aus "Call Me by Your Name", um die Premiere von "A Complete Unknown" zu feiern, in dem er Bob Dylan verkörpert. Das Festival begrüßt zudem den "Euphoria"-Star Jacob Elordi, der in der Serie "The Narrow Road to the Deep North" (Der schmale Weg in den tiefen Norden) des Australiers Justin Kurzel mitspielt. Und auch Benedict Cumberbatch wird in Berlin sein, um die Europapremiere von "The Thing with Feathers" zu erleben.
Immer noch ein politisches Festival
Doch gibt es bei den Filmfestspielen nicht nur Glitzer und Glamour. Abseits des roten Teppichs geht es auch um aktuelle und historische Ereignisse. So wird - 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz - Claude Lanzmanns monumentaler Film "Shoah" (1985) im Rahmen eines Sonderprogramms aufgeführt, ebenso ein neuer, einordnender Dokumentarfilm dazu von Guillaume Ribot mit dem Titel "Alles, was ich hatte, war das Nichts".
"Meine unerwünschten Freunde: Part I - Last Air in Moscow" ist ein Dokumentarfilm über russische Intellektuelle, die unter dem aktuellen Regime ins Exil getrieben werden. "Das Deutsche Volk" greift die rassistisch motivierten Schießereien in Hanau im Jahr 2020 auf. Und "A Letter to David" ist eine filmische Botschaft an den israelischen Schauspieler David Cunio, der noch immer von der Hamas in Gaza als Geisel festgehalten wird.
Antworten der neuen Festivalleiterin
Verglichen mitCannes und Venedig war Berlin schon immer das politischste der großen europäischen Filmfestivals. "Die Leute fragen uns oft, ob wir ein politisches Festival sind. Und ja, obwohl ich sagen würde, dass wir ein soziales Festival sind, liegt die Politik in unserer DNA", sagte vorab die neue Festivaldirektorin Tricia Tuttle. "Berlin ist eine geschichtsträchtige Stadt."
Im letzten Jahr löste der - mit dem Berlinale Dokumentarfilmpreis ausgezeichnete - palästinensisch-norwegische Dokumentarfilm "No Other Land", eine Antisemitismus-Debatte aus. Der Auftritt der Filmemacher bei der Preisverleihung und ihre Kritik an Israel führte zu Vorwürfen seitens deutscher Politiker.
Direktorin Tuttle sieht darin eine große Herausforderung für das - größtenteils mit staatlichem Geld finanzierte - Festival: "In den letzten Wochen sind viele Filmemacher aus arabischen Ländern an uns herangetreten, um sicherzustellen, dass das Festival ein Raum für offenen Dialog und Diskurs ist", sagte die in den USA geborene Kuratorin bei der Vorstellung des Programms. "Es ist eine Herausforderung, seien wir ehrlich. Wir leben in einer Welt, die sehr gespalten ist und in der der Diskurs nicht immer freundlich und offen abläuft."
Tuttle möchte das Berlinale-Programm neu beleben. Dafür hat die Berlinale-Chefin einen neuen Wettbewerb einführt, die Sektion heißt "Perspectives". Gezeigt werden ausschließlich Spielfilmdebüts. "Aufstrebende Filmemacher" sollen so eine "prominentere Plattform" erhalten, so die Festivaldirektorin. Für den besten Erstlingsfilm gibt es einen Preis, der mit 50.000 Euro dotiert ist.
Aus dem Englischen adaptiert von Stefan Dege