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Glaube

„Was für ein Vertrauen“ - Kirchentag in Dortmund

21. Juni 2019

Der Deutsche Evangelische Kirchentag findet zurzeit in Dortmund statt, wie schon 1963. Petra Schulze besucht dafür ihre Heimatstadt und erzählt von der Bedeutung eines Kohlesäckchens.

Pfarrer Manfred Schwarz
Pfarrer i.R. Manfred Schwarz in seinem „Kirchentagszimmer“ vor dem Panoramafoto vom Schlussgottesdienst des Kirchentages in Dortmund 1963. In der Hand ein Säckchen mit Kohle, das alle Kirchentagsgäste damals als Erinnerung erhielten.Bild: Petra Schulze

Dortmund, mein Dortmund

Posaunenklang kommt von drüben aus dem Stadion in mein Hotelzimmer Hunderte Posaunen spielten beim Eröffnungsgottesdienst und werden es am Sonntag beim Schlussgottesdienst des Deutschen Evangelischen Kirchentages tun.
Rosengärten im Westfalenpark, schwarz-gelb Borussia Dortmund, das Stadion Signal Iduna Park unweit meines Gymnasiums, wo ich zur Schule gegangen bin, die Westfalenhalle in Kirchentagsgrün geschmückt- meine Geburtsstadt Dortmund kommt groß raus. Dortmund, mein Dortmund. Du zeigst dich herzlich, mit dem Herzen auf der Zunge. Hilfsbereit. Das sagen viele Kirchentagsgäste, die hier kommen.

Der erste Kirchentag

Bild: Petra Schulze

Am ersten Abend dieses Kirchentages, dem Abend der Begegnung, stehe ich vor der Bühne mitten auf der Kreuzung am Ostentor, die Kerze in der Hand, singe mit Zehntausenden „You´ll never walk alone“ und „Der Mond ist aufgegangen“. Dann schlendere ich durch die Fußgängerzone der Innenstadt. Von Sankt Reinoldi geht’s weiter zur St. Petri Kirche. Und ich denke an Pfarrer in Ruhe Manfred Schwarz. Er war schon beim evangelischen Kirchentag 1963 in Dortmund dabei. Genau hier in der Petrikirche. Manfred Schwarz fand hier besondere Liebe seines Lebens. Er hat mir erzählt: „Das war mein erster Kirchentag, den ich miterlebt habe. Ich gehörte zur jungen Gemeinde Ottweiler. (…) Ich war Internatsschüler und für uns war die Kirchengemeinde der Zufluchtsort..“

Und diese junge Gemeinde Ottweiler im Saarland hatte sich vorgenommen, „einen Jugendgottesdienst beim Kirchentag zu gestalten. Wir waren in der Petrikirche. …und das Ganze war voll besetzt und als der Gottesdienst zu Ende war, musste er sofort wiederholt werden, weil eine große Menge vor der Tür stand“ und diesen Gottesdienst auch erleben wollte. Eine Podiumsdiskussion. Und mit auf dem Podium der Internatsschüler Manfred Schwarz. Anschließend geht es mit dem Gottesdienst auf Tournee in verschiedene Gemeinden. Beim Wegfahren sagen sie sich:

„Jetzt haben wir hier dann wieder ein Bäumchen gepflanzt und das wird wachsen und irgendwann ist es was ganz Schönes.“ Und noch etwas nimmt der Schüler Manfred Schwarz mit. Am Ende des Kirchentages vor fast 60 Jahren erhalten alle Teilnehmenden „so ein kleines Säckchen mit Kohle. Und das war so die Erinnerung an das Ruhrgebiet und dieses kleine Säckchen mit Kohle ist mit mir durch mein Studium gewandert und bis hierhin wieder nach Dortmund zurückgekommen, das war sozusagen mein Begleiter über viele Jahre.“ Bei dem Schlussgottesdienst 1963 auf der Rennbahn in Dortmund-Wambel sind 350.000 Kirchentagsbesucher dabei. „Ich weiß auch noch, wo ich stand.“, sagt Manfred Schwarz und zeigt es mir auf einem großen schwarz-weißen Panoramabild. Es hängt in seinem Büro, dem so genannten Kirchentagszimmer.

Mehrere Jahrzehnte hat der Pfarrer im Ruhestand viele Kirchentage mit vorbereitet, auch den in Dortmund 2019.

Der Tod von Elisabeth Käsemann

Sehr eindrücklich war für ihn der Kirchentag in Hannover 1977. Er erinnert sich so: Bei einer Bibelarbeit war der Hauptredner Professor Ernst Käsemann. Die Kirchentagsbesucher erhielten während der Veranstaltung die Nachricht, dass seine Tochter Elisabeth in Argentinien nach langer Haft und Folter ermordet worden war. „Es war ein Moment der Stille in der großen Halle. Dann fing irgendwo in einer Ecke jemand an zu singen `Nun bitten wir den Heiligen Geist`. Und es war für mich diese Sache eine der bewegendsten und berührendsten Geschichten, die ich auf dem Kirchentag erlebt habe.“ Elisabeth Käsemann hatte bei einem Evangelischen Kirchentag in Hannover im Juni 1967 entdeckt, dass sie ein Praktikum in Lateinamerika absolvieren kann. Und sie blieb dort. In Argentinien kämpfte sie zuletzt für Rechte von Unterdrückten. Dies kostete sie das Leben.

Die evangelischen Kirchentage – sie gehen alle Themen an. Die harten, die sanften. Und sie stärken alle die kommen: mit geistlicher Nahrung, Argumenten, Mut, Vertrauen in Gott, der mitgeht: durch Schweres und Leichtes. Sie sind wie eine große Liebe: Packen sie einen einmal, dann prägen sie das gesamte Leben. Bis zum nächsten Kirchentag.

 

Zur Autorin

Bild: Petra Schulze

Landespfarrerin Petra Schulze, Jahrgang 1965, studierte Evangelische Theologie, Publizistik und Sozialpsychologie in Bochum. Sie ist für den WDR und andere Sender als freie Journalistin tätig sowie u.a. für die Wochenzeitung „Unsere Kirche“. Seit November 2011 ist sie die Evangelische Rundfunkbeauftragte beim WDR und Leiterin des Evangelischen Rundfunkreferates NRW in Düsseldorf.

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