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Was ist Racial Profiling?

Silja Thoms
8. November 2023

Racial Profiling beschreibt diskriminierende Personenkontrollen durch die Polizei. Immer wieder berichten Menschen, davon betroffen zu sein - sei es aufgrund ihrer Hautfarbe oder anderer Merkmale.

Ein Mann wird von einer Polizistin und einem Polizisten abgeführt
Polizisten kontrollieren Verdächtige im Bahnhofsviertel Frankfurt bei einer großangelegten Aktion. Das Bahnhofsviertel gilt als Kriminalitätsschwerpunkt der Bankenmetropole.Bild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

In der französischen Stadt Nanterre ist in diesem Sommer ein 17-jähriger Junge bei einer Polizeikontrolle gestorben. Es folgten landesweite Proteste gegen Polizeigewalt in Frankreich. Ein UN-Ausschuss forderte die französische Regierung auf, gegen das sogenannte "Racial Profiling" durch Sicherheitsbehörden vorzugehen. Auch der Tod von George Floyd 2020 rückte in den USA den Fokus wieder auf Rassismus und Polizeigewalt. Doch worum geht es beim Racial Profiling genau?

Von Racial Profiling ist die Rede, wenn Menschen aufgrund ihrer äußeren Merkmale, etwa der Hautfarbe oder anderer ethnischer sowie religiöser Merkmale, von der Polizei oder anderen Sicherheitsbehörden kontrolliert werden. Das können zum Beispiel Identitätskontrollen, Befragungen, Überwachungen, Durchsuchungen oder sogar Verhaftungen sein. Diese beruhen beim Racial Profiling nicht auf einem konkreten Verdacht, sondern allein auf äußeren Merkmalen der Personen. Dies gilt als diskriminierend, weil es eine Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht stellt. 

Nach Tod eines 17-Jährigen: Tausende Menschen protestieren gegen Polizeigewalt in FrankreichBild: Eliot Blondet/picture alliance/abaca

Wie häufig kommt Racial Profiling vor? 

Immer wieder berichten Betroffene und NGOs von Diskriminierungen bei Polizeikontrollen. “Es geht hier nicht nur um Einzelfälle”, sagt Hendrik Cremer, Jurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR), im Gespräch mit der DW. Dennoch ist es schwierig, empirische Aussagen zu dem Phänomen zu treffen, denn die Datenlage - zumindest in Deutschland - ist dünn. 

Zahlen einer französischen Studie aus dem Jahr 2017 zeigen: Bei jungen Männern, die als Schwarze oder Araber wahrgenommen werden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei Identitätskontrollen in Frankreich angehalten werden, 20 Mal höher als beim Rest der Bevölkerung. In den USA geben 41 Prozent der Schwarzen Amerikaner an, von der Polizei aufgrund ihrer Ethnie angehalten oder festgehalten worden zu sein. 

In Deutschland läuft aktuell eine Polizeistudie an der Deutschen Hochschule der Polizei. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte im April dieses Jahres dazu: "Unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten verdienen allen Rückhalt und Respekt. Sie sind Tag und Nacht unter schwierigen, manchmal lebensgefährlichen Bedingungen im Einsatz – und sie verteidigen Rechtsstaat und Demokratie." Sie bekräftigte aber auch, dass eine transparente Fehlerkultur gestärkt und der Entstehung und Verfestigung von Vorurteilen und Diskriminierungen konsequenter entgegentreten werden solle.

Alarmierender Anstieg der Polizeigewalt in Frankreich

04:26

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Wie wird Racial Profiling rechtlich bewertet?

Die rechtliche Lage bei Racial Profiling ist je nach Land unterschiedlich geregelt. Es fängt bei der Frage an, wie das Phänomen rechtlich definiert wird. In den USA oder Großbritannien wird es etwa von Gerichten als Problem anerkannt. So wird Racial Profiling in einigen US-Bundesstaaten wie Texasrechtlich definiert und explizit verboten. 

In Deutschland ist dies nicht der Fall. Anlasslose Personenkontrollen allein aufgrund eines Erscheinungsbildes verstoßen zwar gegen das Grundgesetz, aber Polizeigesetze auf Bundes- und Landesebene eröffnen dennoch einen gewissen Handlungsspielraum. 

“Gerade bei der Bundespolizei ist es so, dass die Ermächtigungsgrundlagen, die dort existieren, problematisch sind. Die Bundespolizei ist in bestimmten Bereichen, also in Zügen, Flughäfen, Bahnhöfen, dazu ermächtigt, ohne Anlass Personen zu kontrollieren", sagt Cremer der DW. "Gleichzeitig geht es dabei um den Zweck, zu kontrollieren, ob sich Personen unrechtmäßig in Deutschland befinden.” Dies mache die Situation wahrscheinlich, dass Polizistinnen und Polizisten anhand physischer Merkmale wie der Hautfarbe auswählen, wen sie kontrollieren.

Die rechtliche Lage von Racial Profiling ist je nach Land unterschiedlich Bild: Paul Zinken/dpa/picture alliance

Ein Beispiel: In einem Zug sitzen bis auf einen Menschen nur weiße Personen. Nur die nicht-weiße Person wird kontrolliert. In der Praxis hebt die Polizei dann beispielsweise hervor, dass sie die Person auch kontrolliert habe, weil sie einen möglicherweise verdächtigen Koffer dabei hatte. So kommt also zum äußerlichen Merkmal ein weiteres Merkmal hinzu. Sobald dies passiert, findet nach Ansicht der Bundesregierung kein Racial Profiling statt.

Dies sei laut Cremer nicht korrekt. “Die Gesetze, so wie sie momentan sind, führen dazu, dass es immer wieder zu solchen Kontrollen kommt und Menschen befürchten, immer wieder kontrolliert und damit öffentlich stigmatisiert zu werden", sagt er. 

Welche Folgen hat Racial Profiling? 

Für Betroffene kann Racial Profiling also weitreichende Folgen haben. Es kann zu traumatischen Erfahrungen führen, da dies ganze Bevölkerungsgruppen unter einen Generalverdacht stellt. Dies kann Gefühle der Erniedrigung, Nicht-Zugehörigkeit oder Misstrauen hervorrufen. Auch kann es psychischen und körperlichen Stress auslösen. 

Racial Profiling kann psychische Folgen für Betroffene habenBild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Nicht nur für Betroffene hat dies negative Folgen. Auch die Polizeiarbeit wird nach Ansicht von Expertenerschwert. Das entstehende Misstrauen verringere die Bereitschaft, mit Polizeibeamten zu kooperieren. Aufseiten der Polizistinnen und Polizisten kann dies außerdem zu Verunsicherung führen, wie mit bestimmten Fällen umgegangen werden soll. 

Welche Strategien gibt es gegen Racial Profiling? 

Eine Strategie ist es, die Polizei diverser zu besetzen und ihre interkulturelle Kompetenz zu stärken. Doch laut einigen Untersuchungen wird dies nicht ausreichen, um ein strukturelles Problem zu bewältigen. “In der Aus- und Fortbildung von Polizisten muss das stärker vermittelt werden, was das Verbot rassistischer Diskriminierung genau beinhaltet und inwiefern es polizeilicher Arbeit Schranken setzt", so Cremer.

Doch die Verantwortung liegt nicht nur bei der Polizei, sondern auch beim Gesetzgeber. Denn Racial Profiling entsteht besonders dort, wo Polizisten und Polizistinnen gesetzlich keine konkreten Vorgabenhaben. 

Sinnvoll könnten außerdem unabhängige Beschwerdestellen sein, an die sich Betroffene wenden können, eine Dokumentationspflicht von Polizeikontrollen sowie der ethnischen Herkunft der Kontrollierten, wie etwa in Großbritannien. Forschergehen auch davon aus, dass gesamtgesellschaftlich mehr für dieses Thema sensibilisiert werden müsse, um dieser Form des Rassismus entgegenzuwirken. 

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