Gute Beziehungen
26. Februar 2010Deutschland hat seine Spuren hinterlassen im Jemen. In der Altstadt von Sanaa hängen gelbe Briefkästen der Deutschen Post, mancher Rosinenhändler hat noch ein Bild vom Marktbesuch des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder vor fünf Jahren in seinem Laden hängen. Wer es sich leisten kann, lässt sich im Deutsch-Jemenitischen Krankenhaus behandeln. Und in den ersten Oberschulen des Landes steht jetzt auch Deutsch auf dem Lehrplan.
"Ich fahre nach Deutschland, ich nehme eine Kamera mit", schreibt der Deutschlehrer Adel Said an die Tafel. 1000 jemenitische Schüler sollen künftig jedes Jahr die Schule mit Deutschkenntnissen verlassen – eine Initiative des Auswärtigen Amtes in Berlin. Adel Said ist einer der ersten, die die fremde Sprache an einer Mädchenschule im Jemen unterrichten. Ausgebildet hat ihn das Goethe-Institut. "Wenn die Schüler in diesem Alter Deutsch lernen, erfahren sie viel über das Land", sagt Said. "Das sorgt für gute Beziehungen zwischen den beiden Ländern."
Gute Beziehungen seit 1969
Gut sind die deutsch-jemenitischen Beziehungen schon seit Jahrzehnten. 1969, nach dem Ende des Bürgerkriegs zwischen Republikanern und Anhängern des Imams, nahm Bonn diplomatische Beziehungen mit der neu gegründeten Arabischen Republik Jemen auf. Entwicklungshelfer, Lehrer, Mediziner und Archäologen kamen in den bis dahin streng abgeschotteten Nordjemen. Die Republik wurde zum Schwerpunktland deutscher Entwicklungshilfe – und ist es bis heute. Im Fokus stehen mittlerweile die Versorgung mit sauberem Wasser und die Grundbildung.
Auch die DDR war ein wichtiger Geber und unterstützte vor allem den damals sozialistischen Südjemen. Von dort stammt der Kulturattaché an der jemenitischen Botschaft in Berlin. Die gemeinsame Erfahrung der Teilung verbinde den Jemen mit Deutschland, sagt Awadh Bawazir. "Voriges Jahr haben wir 40 Jahre diplomatische Beziehungen gefeiert, dieses Jahr werden wir beide 20 Jahre Einheit feiern – der Jemen im Mai, Deutschland im Oktober."
Deutschland hat einen guten Ruf
Bawazirs Kollegin Amida Sholan kommt aus Sanaa. Die Soziologin war in den 90er Jahren die erste Frau aus dem Nordjemen, die in Deutschland promovierte – mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austausch-Dienstes. Für Deutschland entschied sich Sholan aus fachlichen Gründen: Im 19. Jahrhundert seien es vor allem deutsche Wissenschaftler gewesen, die sich mit dem südlichen Teil der arabischen Halbinsel beschäftigt hätten, sagt die 46-Jährige. "Die deutsche Forschung hat einen sehr guten Ruf im Jemen. Wenn unsere Studenten ins Ausland gehen wollen, dann oft nach Deutschland."
Rund 2000 Jemeniten sind auch in diesem Jahr an deutschen Hochschulen eingeschrieben. Dieser Austausch nutze der Entwicklung des von Korruption und Armut geplagten Landes, sagt Martin Weiss, der in den 80er Jahren das Büro der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Sanaa leitete. "In den Ministerien habe ich immer wieder deutschsprachige Jemeniten getroffen, die dort versuchen, eine gute Regierungsführung zu praktizieren und das in Deutschland Erlernte anzuwenden."
Mehr Einfluss aus Berlin erwünscht
Als Beirat der Deutsch-Jemenitischen Gesellschaft setzt sich Weiss für die Beziehungen zwischen beiden Ländern ein. Große Hilfsprojekte wie der Bau wichtiger Überlandstraßen und des Flughafens in Sanaa, aber auch die Sprach- und Kulturarbeit hätten sehr zum Ansehen Deutschlands im Jemen beigetragen, sagt der 62-Jährige, der auch als außenpolitischer Referent der SPD-Bundestagsfraktion das Land besucht. Seit Jahren ist Deutschland eines der wichtigsten Geberländer. Doch angesichts der wachsenden Konflikte im Land müsse Berlin seinen Einfluss stärker geltend machen, fordert Weiss.
"In innenpolitischen Fragen lassen sich die Jemeniten nicht gerne reinreden", räumt Weiss ein. Dennoch müsse die Hilfe an gewisse Bedingungen geknüpft werden, wie etwa einen ernstzunehmenden Dialog mit den Aufständischen im Nordjemen und den Separatisten im Süden. Auf Dialog und Versöhnung dringen die westlichen Geberländer spätestens seit dem verhinderten Anschlag von Detroit, dessen Spur bis in den Jemen führte. Eine militärische Lösung könne im Kampf gegen die wachsende Instabilität nicht erfolgreich sein, hatte Außenminister Guido Westerwelle vergangenen Monat bei einem Besuch in Sanaa gemahnt.
Autor: Klaus Heymach
Redaktion: Diana Hodali