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Politik

Was macht Angela Merkel in Zukunft?

7. Dezember 2021

Nach 16 Jahren Regierungsarbeit ist Schluss: Angela Merkel verabschiedet sich aus dem Bundeskanzleramt in den Ruhestand. Was erwartet sie dort und was wird die 67-Jährige mit ihrer neu gewonnenen Freizeit anfangen?

Die "Raute" von Angela Merkel
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Angela Merkel kocht gerne Kartoffelsuppe und backt gerne Pflaumenkuchen mit Streuseln. Typische deutsche Herbstgerichte, für deren Zubereitung sie in den vergangenen Wochen allerdings noch keine Zeit hatte. Als Bundeskanzlerin blieb sie nach der Bundestagswahl geschäftsführend im Amt, wie es in Deutschland  bei einem Regierungswechsel üblich ist, bis die neue Regierung steht.

Am 8. Dezember soll es nun soweit sein. Rund 16 Jahre wird Angela Merkel dann Regierungschefin gewesen sein und nur einige Tage weniger als ihr politischer Ziehvater Helmut Kohl. Er schied 1998 nach 5870 Tagen aus dem Amt aus.

Spitzenpolitiker Merkel und Kohl (2010): Rekord ganz knapp verfehltBild: picture-alliance/Augenklick/B. Kunz

Immer wieder hat Merkel in den vergangenen Wochen etwas zum letzten Mal getan: Im Bundestag auf der Regierungsbank sitzen, das Bundeskabinett leiten oder eine Corona-Krisensitzung mit den Ministerpräsidenten. Die Bundeswehr hat sie mit einem Großen Zapfenstreich zum Abschied geehrt - einem feierlichen militärischen Zeremoniell mit Militärmusikern und Fackelträgern.

Ein letztes Mal in Paris, London, Washington

Zum letzten Mal als Kanzlerin ist Angela Merkel in den letzten Wochen auch in vielen Hauptstädten dieser Welt gewesen. Wehmütig wirkte sie dabei nicht. Als der italienische Premier Mario Draghi anlässlich des G20-Gipfels sagte, er hoffe, Merkel in Zukunft häufiger in Italien zu sehen, "vielleicht auch bei etwas entspannteren Gelegenheiten", antwortete Merkel, ihre Liebe zu Italien werde sie bald "noch ganz anders leben können, wenn ich nicht mehr Bundeskanzlerin bin".

Eine Formulierung, die genau genommen nicht ganz korrekt ist. Merkel scheidet zwar aus dem Amt aus, wird in der offiziellen Anrede aber Frau Bundeskanzlerin bleiben. Wenn über sie gesprochen oder geschrieben werden wird, dann als Bundeskanzlerin außer Dienst, abgekürzt a.D., oder als Altbundeskanzlerin oder Altkanzlerin.

"Schauen wir mal, wo ich auftauche"

Mit dem ersten Tag als Altkanzlerin beginnt für Angela Merkel ein neues Leben. Wie das aussehen wird, darüber hielt sie sich bislang bedeckt. Im Juli, bei einem Besuch in Washington, bei dem ihr eine weitere Ehrendoktorwürde verliehen wurde, ließ sie zumindest durchblicken, dass sie sich erst einmal eine Pause gönnen und keine Einladungen annehmen will. Sie müsse erst einmal realisieren, dass ihre bisherigen Aufgaben "jetzt ein anderer macht". Aber, so fügte sie hinzu: "Ich glaube, das wird mir sehr gut gefallen."

Im DW-Interview: Kanzlerin Angela Merkel

21:01

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In ihrer neu gewonnenen Freizeit wolle sie darüber nachdenken, "was mich so eigentlich interessiert". Dazu habe sie in den letzten 16 Jahren wenig Zeit gehabt. "Danach werde ich vielleicht versuchen, etwas zu lesen, dann werden mir die Augen zufallen, weil ich müde bin, dann werde ich ein bisschen schlafen, und dann schauen wir mal, wo ich auftauche." 

"Miss Merkel" ermittelt

In die Zukunft geschaut haben bereits ein Fotokünstler und ein Krimiautor. Andreas Mühe hat ein Double der Bundeskanzlerin in viel Ruhe, ja Einsamkeit ausstrahlenden Posen fotografiert und daraus eine Ausstellung gemacht. Der Krimiautor David Safier geht hingegen davon aus, dass sich Angela Merkel ohne ihren bis zum Bersten vollgepackten Terminkalender schnell langweilen wird.

Am liebsten spannt die Bundeskanzlerin in ihrem Haus in Brandenburg aus. Aber wird sie von Berlin dorthin umziehen? Bild: Patrick Pleul/dpa/picture alliance

In seinem humoristischen Krimi "Miss Merkel" lässt er die Altkanzlerin nach einem Umzug in ihr bisheriges Ferienhaus in Brandenburg mit dem beschaulichen Landleben hadern. Nur wandern und Kuchen backen? Frei nach den britischen Miss-Marple-Krimis von Agatha Christie lässt Safier Merkel über einen Mordfall stolpern und mit Feuereifer ermitteln.

Ihre Rente ist sicher

Unterhaltsame Fiktion, doch die Ausgangsfrage ist berechtigt: Kann ein Mensch, der jahrzehntelang von frühmorgens bis spätabends verplant war und so große Verantwortung getragen hat, von heute auf morgen abschalten? "Was man vermisst, merkt man meistens erst, wenn man es nicht mehr hat", orakelt die zukünftige Altbundeskanzlerin.

Am 17. Juli ist Angela Merkel 67 Jahre alt geworden. Finanziell muss sie sich keine Sorgen machen. Derzeit verdient sie als Bundeskanzlerin 25.000 Euro pro Monat. Dazu kommen etwas mehr als 10.000 Euro, die ihr als Abgeordnete des Bundestags zustehen, dem sie seit mehr als 30 Jahren angehört. Wenn Merkel mit der Arbeit aufhört, bekommt sie zunächst drei Monate lang ihr Gehalt weitergezahlt und dann für maximal 21 Monate die Hälfte als Übergangsgeld.

15.000 Euro pro Monat

Für das anschließende Ruhegehalt werden die verschiedenen Versorgungsansprüche aus ihrer Tätigkeit als Kanzlerin, Ministerin und Bundestagsabgeordnete miteinander verrechnet. Merkel kommt zugute, dass sie sehr lange im Dienst war.

Die auf fünf (!) Kommastellen genauen Berechnungsgrundlagen finden sich im sogenannten Ministergesetz des Bundes aus dem Jahr 1953. Bundeskanzlern stehen nach mindestens vier Jahren im Amt 27,74 Prozent ihres bisherigen Gehalts zu. Mit jedem weiteren Amtsjahr steigt der Anspruch um 2,39167 Prozent bis zum Höchstsatz von 71,75 Prozent.

Umweltministerin Merkel (1997): Finanzielle Ansprüche aus sehr langer DienstzeitBild: Reuters

Im Ergebnis kann Angela Merkel mit einem Ruhegehalt von rund 15.000 Euro pro Monat rechnen. Außerdem hat sie bis zu ihrem Lebensende Anspruch auf Personenschutz, einen Dienstwagen und ein Büro in den Räumlichkeiten des Bundestags in Berlin. Personell möchte sie mit einem Büroleiter, einem stellvertretenden Leiter, zwei Referentinnen, drei Sachbearbeitern und zwei Fahrern ausgestattet werden. So hat sie es beantragt.

Zweite Karriere nicht ausgeschlossen

Ehemalige Regierungsmitarbeiter sind gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Doch auch wenn sie nicht plaudern dürfen, sind sie in der Wirtschaft beliebt. Als Berater und wegen ihrer enormen politischen Kontakte. Einige Amtsvorgänger von Angela Merkel sind in die Wirtschaft gegangen. Helmut Schmidt wurde 1982 Herausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit" und war ein beliebter Redner. In einem Interview sagte der Altkanzler 2012: "Ich habe es mir zur Regel gemacht, keinen Vortrag für weniger als 15.000 Dollar zu halten."

Bis zu seinem Tod 2015 war Helmut Schmidt ein gefragter politischer Gast und Redner Bild: Getty Images

Weitaus besser noch als Schmidt verstanden es die Altkanzler Helmut Kohl und Gerhard Schröder, ihre politische Vergangenheit und Berühmtheit in bare Münze umzuwandeln. Kohl gründete als Altkanzler eine Firma für Politik- und Strategieberatung, mit der er als Lobbyist und Berater sehr gut verdiente.

Die Causa Schröder

Für viel Ärger sorgte Gerhard Schröder, als er sich 2005 nur wenige Monate nach seinem Ausscheiden aus dem Kanzleramt in die Dienste des Pipeline-Unternehmens Nord Stream stellte, einer Tochter der russischen Gazprom. Schröder hatte sich bereits als Bundeskanzler für die Gaspipeline eingesetzt.

Zwei, die sich gut verstanden: Gerhard Schröder und Wladimir Putin im April 2004Bild: picture-alliance/dpa/H. Hollemann

Inzwischen ist gesetzlich festgelegt, dass ehemalige Regierungsmitglieder vor dem Wechsel in die Wirtschaft beim Kanzleramt anfragen müssen, ob mit ihrer Tätigkeit "öffentliche Interessen beeinträchtigt werden". Eine Ethikkommission berät die Regierung, die im Zweifel eine Karenzzeit von bis zu 18 Monaten verhängen kann.

Wohnort Berlin

Strebt Angela Merkel einen neuen Job oder ein Ehrenamt an? Darüber ist nichts bekannt. 

Wie in jedem Jahr besuchten Angela Merkel und Joachim Sauer 2021 die Richard-Wagner-Festspiele in BayreuthBild: Daniel Karmann/dpa/picture alliance

Wahrscheinlich ist zumindest, dass sie erst einmal in Berlin bleiben wird. Ihr Mann, der Quantenchemiker Joachim Sauer, denkt nämlich noch nicht ans Aufhören. An der Berliner Humboldt-Universität ist er als Professor zwar emeritiert, seinen Vertrag als Senior Researcher hat der 72-Jährige aber verlängert. Erst einmal bis 2022.

Dieser Artikel wurde aktualisiert.

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