Giftiges Schwermetall
9. Juli 2013Die meisten Menschen kennen Quecksilber als silbrige Flüssigkeit. In dieser Form kommt es zum Beispiel in älteren Fieberthermometern vor oder auch in elektrischen Schaltern oder Relais, die bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts in Maschinen verbaut wurden. Aber auch Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen sind mit Quecksilber gefüllt.
Dieses flüssige Quecksilber ist besonders gefährlich, weil es bereits bei Zimmertemperatur verdampft. Dann füllt sich die Luft mit einzelnen Quecksilberatomen. Die sind unsichtbar, geruchslos aber sehr gut fettlöslich. Atmet ein Mensch den Quecksilberdampf ein, nimmt der Körper die einzelnen Atome sehr leicht über die Lunge auf. Von dort gelangen sie ins Blut und ins Gehirn.
Das Nervengift kann Schlafstörungen, Aufgeregtheit aber auch Lähmungen verursachen. Sogar eine eigene Krankheitsform - Erethismus Mercurialis - ist nach der Quecksilbervergiftung benannt. "Es gibt historisch dokumentierte Fälle, wo sich die Schrift der Menschen verändert hat. Sie sind am Ende der Zeile immer abgerutscht und konnten nicht mehr auf einer Linie schreiben", sagt Thomas Gebel, Toxikologe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Dortmund.
Als Dampf am gefährlichsten
Auch ein scheinbar unbedeutender Vorfall - wie ein zerbrochenes Fieberthermometer - kann bereits eine deutliche Quecksilbervergiftung auslösen. Besonders gefährlich wird es, wenn flüssiges Quecksilber im Kinderzimmer unbemerkt in Ritzen fließt und nicht entfernt wird. Dann können die Kinder über einen langen Zeitraum den Dämpfen ausgesetzt sein. "Es ist nicht wie bei heißem Wasser, das verdampft und weg ist. Quecksilber verdampft langsamer, es wird über einen längeren Zeitraum - über Tage und Wochen - aufgenommen und es dauert lange, bis es wieder ausgeschieden ist", so Gebel.
Jochen Flasbarth, Präsident des Bundesumweltamtes, betont, dass sich Menschen in Entwicklungsländern Tag für Tag dieser Gefahr aussetzen. Unter einfachsten Bedingungen zerlegen oft sogar Kinder alte Leuchtstoffröhren oder Energiesparlampen, um an die darin enthaltenen Metallteile zu kommen. "Sie brechen die Lampen wirklich einfach so auf", erinnert sich Flasbarth mit Schrecken an einen Besuch in Indien. "Und die Quecksilberddämpfe landen in ihren Wohnungen."
Nach einer Quecksilbervergiftung kann es Wochen dauern, bis die Symptome abklingen.
In Verbindungen fruchtbarkeitsschädigend
Nicht nur reines, flüssiges Quecksilber ist giftig, sondern auch Quecksilbersalze und andere Quecksilberverbindungen. Vor allem, wenn sie, beispielsweise mit Industrieabfällen, ins Wasser gelangen. "Wir wissen schon lange, dass sich Quecksilber in der Nahrungskette anreichert - in den Algen und letztendlich auch im Fisch", betont Gebel. "Egal welche Quecksilberverbindung man in Wasser einleitet, es kommt grundsätzlich über Meeresprodukte zu uns zurück, und das dann auch noch in konzentrierter Form."
Nimmt man solche Quecksilberverbindungen über stark kontaminierte Fische oder Meeresfrüchte auf, hat das nicht nur eine nervenschädigende Wirkung. Auch die Fruchtbarkeit des Menschen kann dadurch geschädigt werden.
Paradox scheint indes nur eines: Obwohl Quecksilber eigentlich hochgiftig ist, haben Mediziner im späten 19. Jahrhundert Patienten flüssiges Quecksilber kiloweise eingeflößt, um damit einen Darmverschluss zu behandeln. "Wenn Sie Quecksilber trinken, hat das eine abführende Wirkung", erklärt der Toxikologe Gebel diese eigentümliche Behandlung. "Durch die sehr hohe Dichte reinigt das wunderbar den Darm."
Die Wirkung sei eine völlig andere als beim Einatmen. Denn in Dampfform liegt Quecksilber als vereinzeltes Atom vor, wird von der Lunge sehr gut aufgenommen und entfaltet die nervengiftartige Wirkung. Trinkt man es, dann wird über den Darm kaum etwas aufgenommen, fast alles wird wieder ausgeschieden."Rein oral aufgenommen, ohne es einzuatmen, passiert quasi gar nichts", konstatiert der Toxikologe. Ausprobieren sollte man es dennoch nicht. Denn der Großteil der Patienten damals überlebte die Behandlung nicht - denn einatmen muss man ja doch irgendwann einmal.