Was passiert, wenn es keinen EU-Zolldeal mit Trump gibt?
Veröffentlicht 7. Juli 2025Zuletzt aktualisiert 7. Juli 2025
50 Prozent soll der Zoll betragen, den Donald Trump droht auf EU-Waren zu erheben, die in die USA verkauft werden. Ursprünglich hatte Trump gesagt, sie sollten ab dem 9. Juli gelten, wenn sich beide Seiten nicht vorher auf etwas anderes einigten. Sein Handelsminister Howard Lutnick hingegen hatte vom 1. August gesprochen. Nun scheint es Klarheit zu geben. Das Weiße Haus bestätigte am Montagnachmittag (Ortszeit), dass sich die Einführung der geplanten Zölle auf den 1. August verschieben werde.
Das nimmt ein wenig Zeitdruck von den Unterhändlern. Doch, dass Trump es ernst meint, hatte er bereits im April gezeigt. Da belegte der US-Präsident EU-Importe mit Zöllen von mindestens zehn Prozent. Bei Autos wurde der Satz auf 25 Prozent, bei Stahl und Aluminium sogar auf 50 Prozent festgesetzt. Trump hatte gedroht, den Steuersatz schon zum 9. April auf 50 Prozent zu erhöhen. Doch dazu kam es nicht, nachdem seine Zölle einen Börsencrash ausgelöst hatten.
Noch am Donnerstag (3. Juli) hatte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf einer Pressekonferenz gesagt, dass es "unmöglich" sei, innerhalb von 90 Tagen ein umfassendes Handelsabkommen zu erzielen. Aber sie hoffe auf eine "grundsätzliche Einigung" und bezog sich dabei auf das Abkommen zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich als anzustrebendes Modell.
Unterschiedliche Meinung in den EU-Mitgliedsstaaten
Beobachter der Verhandlungen zufolge gibt es unter den Mitgliedstaaten der EU große Meinungsverschiedenheiten darüber, welche Zugeständnisse akzeptabel sind und was die US-Seite anbieten sollte. So hat beispielsweise Bundeskanzler Friedrich Merz von der Notwendigkeit gesprochen, schnell eine Einigung zu erzielen, und den "komplizierten" Ansatz der Europäischen Kommission kritisiert.
"Es geht hier um die schnelle Beilegung eines Zollstreits, insbesondere für die Schlüsselindustrien unseres Landes", sagte er.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Idee von Zöllen, die von mächtigen Ländern erhoben werden, als "Erpressung" bezeichnet, ohne sich dabei ausdrücklich auf Trump zu beziehen.
Jacob Funk Kirkegaard vom Peterson Institute for International Economics in der US-Hauptstadt Washington glaubt nicht, dass die Position des deutschen Kanzlers für alle EU-Mitglieder "akzeptabel" sein wird. "Merz hat mehrmals gesagt, dass wir mit einem allgemeinen Zoll von zehn Prozent leben können. Solange wir nicht 25 Prozent sektorale Zölle auf Autos und so weiter bekommen", sagte er der DW.
Während die Äußerungen von EU-Handelskommissar Maros Sefcovic und Ursula von der Leyen gegenüber Trump und den USA etwas versöhnlich klangen, sieht Kirkegaard darin einen Versuch, die Einheit unter den Mitgliedsstaaten zu wahren: "Das ist im Grunde genommen der Versuch der Kommission, sich vor Angriffen aus den Mitgliedsstaaten zu schützen, denn es ist offensichtlich, dass sie die Konsequenzen eines Handelskrieges zu tragen hätten."
Wenn das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich als Vorbild dient, müsste die EU wahrscheinlich mit zehnprozentigen Zöllen auf viele Waren leben, so wie es das Vereinigte Königreich getan hat. Das Abkommen zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich senkt den Zollsatz auf britische Autos von 25 Prozent auf zehn Prozent, aber die Zahl der Autos, die mit diesem Zollsatz eingeführt werden können, ist auf 100.000 begrenzt. Das entspricht in etwa der Zahl der Autos, die das Vereinigte Königreich im Jahr 2024 in die USA verkauft hat.
Alle Autos, die über diese Menge hinaus exportiert werden, werden mit einer Steuer von 27,5 Prozent belegt. Zum Vergleich: Die EU hat im vergangenen Jahr mehr als 700.000 Autos in die USA verkauft.
Kirkegaard glaubt jedoch, dass es für viele auf der EU-Seite schwer zu akzeptieren sein wird, wenn die hohen Zölle auf Autos, Stahl und Aluminium auf demselben Niveau bleiben.
"Solange das der Fall ist, wird es meiner Meinung nach keine Einigung geben", sagte er. "Für die EU, deren Wirtschaft in etwa so groß ist wie die der USA, ist es letztlich nicht akzeptabel, dass die US-Zölle steigen und die der EU nicht."
Kirkegaard vertritt die Auffassung, dass in einer Handelskonfrontation zwischen Volkswirtschaften gleicher Größe die Zölle "gemeinsam steigen und gemeinsam sinken" sollten.
"Gebt Trump den Sieg"
Bill Reinsch, ein leitender Wirtschaftsberater des in Washington ansässigen Center for Strategic and International Studies (CSIS), hält ein Abkommen nach britischem Vorbild für das wahrscheinlichste Ergebnis. Er glaubt jedoch, dass das Wichtigste für Trump der Eindruck ist, dass er "gewonnen" hat, und nicht das, was tatsächlich vereinbart wurde.
"Was für ihn zählt, ist das Treffen im Oval Office, dass man sich auf dies und das geeinigt hat und nun alles gut wird. Es würde mich also nicht überraschen, wenn es am Ende ein Abkommen in Anführungszeichen mit der EU gäbe."
Reinsch hält es für klug, wenn sich die EU auf die politischen Ergebnisse konzentrieren würde und nicht auf die Wahrnehmung dessen, wer gewonnen hat: "Lassen Sie ihm den Sieg. Wenn man ihm den Sieg gönnt, spielt es keine Rolle, was er gewinnt. Man muss also nicht viel aufgeben, wenn man es richtig anpackt."
Digitale Umsatzsteuer
Ein Bereich, in dem viel über mögliche Zugeständnisse der EU abgesehen von Zöllen spekuliert wurde, ist die EU-Digitalpolitik, insbesondere ihr Gesetz über digitale Dienstleistungen und mögliche digitale Umsatzsteuern.
Deutschland hat eine zehnprozentige Steuer auf US-Digitalriesen wie Google und Metas Facebook in Europa in Erwägung gezogen. Trump hat sich gegen solche Pläne ausgesprochen und Kanada hat diese Woche einen Vorschlag für eine Steuer auf digitale Dienstleistungen fallen gelassen, um die Handelsgespräche mit den USA am Leben zu erhalten.
Reinsch ist der Meinung, dass die EU ihre Mitgliedsstaaten daran hindern sollte, diese Steuern einzuführen, denn "Trump hat Recht" mit seiner Position und das sei "nicht einmal Rhetorik": "Ich denke, sie diskriminieren eindeutig einige amerikanische Unternehmen", sagte er und fügte hinzu, dass es aus politischer Sicht "der völlig falsche Ansatz" sei. "Wenn man europäische Konkurrenten aufbauen will, dann tut man das nicht, indem man die Konkurrenz auf diese Weise runtermacht. Man tut es, indem man europäische Konkurrenten aufbaut und lebensfähige Optionen schafft", so Reinsch.
Kein Deal?
Auch wenn jetzt die Frist bis zum 1. August verlängert wurde, können die Verhandlungen scheitern - mit ernsthaften Folgen. Die EU hat die transatlantischen Handelsbeziehungen als "die wichtigsten Handelsbeziehungen der Welt" bezeichnet, da der bilaterale Handel mit Waren und Dienstleistungen nach Angaben der EU-Kommission im Jahr 2023 ein Volumen von 1,6 Billionen Euro (1,88 Billionen US-Dollar) erreicht.
Kirkegaard sagt, dass ein No-Deal-Szenario dazu führen könnte, dass in einigen EU-Ländern aufgrund "kurzfristiger Volatilität" fiskalische Anreize erforderlich werden. Dazu zählen vor allem Steuersenkungen und staatliche Investitionen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das könnte die EU durchaus verkraften, glaubt Kirkegaard. "Wir würden nicht wieder ins Jahr (der Finanzkrise, d. Red.) 2008 zurückfallen oder mit einer Situation konfrontiert werden, die sogar dem Energiepreisschock nach der russischen Invasion im Jahr 2022 ähnelt - absolut nicht", sagte er. Er rechnet damit, dass die EU in diesem und im nächsten Jahr "einen halben Prozentpunkt an Wachstum verliert", was "nicht trivial" sei, aber gleichzeitig "nichts, womit wir nicht leben könnten".
Reinsch sieht das anders: Ein Scheitern wäre eine "schlechte Nachricht" für alle. "Ich denke, im Hinblick auf den tatsächlichen Handel wäre es wahrscheinlich nicht so folgenreich wie eine Eskalation mit China, weil wir so viel mehr von China kaufen. Aber wenn es darum geht, dass die Beziehungen zur EU zerrüttet werden und es vor allem zu einer Störung der transatlantischen Investitionsströme angeht, dann wäre es ein großes Problem."
Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.