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PolitikTansania

Was Sie zur Wahl in Tansania wissen müssen

Cai Nebe
27. Oktober 2025

Tansania steht kurz vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Wie funktioniert das Wahlsystem - und was bewegt Wähler oder Opposition in dem Land?

Wähler sehen sich die Wählerlisten in Tansania an
Die ländlichen Gemeinden Tansanias gelten als wichtiger Faktor für die bevorstehenden WahlenBild: Eric Amos/DW

Wie funktioniert das Wahlsystem in Tansania?

Tansania nutzt ein Mehrheitswahlsystem: Präsidentin und Vizepräsident werden gemeinsam und direkt durch eine einfache Mehrheit gewählt. Ihre Amtszeit beträgt fünf Jahre und kann einmal verlängert werden.

Die Wahl am 29. Oktober ist besonders: Präsidentin Samia Suluhu Hassan tritt erstmals offiziell zur Wahl an. Sie übernahm das Amt 2021 nach dem Tod von Präsident John Magufuli. Hassan war zuvor seine Stellvertreterin - und ist die erste Frau an der Spitze des Landes.

Der Festlandteil Tansanias bildet seit 1964 mit der halb-autonomen Inselgruppe Sansibar die Vereinigte Republik. Trotz dieser politischen Einheit gibt es deutliche Unterschiede bei der Bevölkerung, Kolonialgeschichte, Religion und Wirtschaft. Sansibar zählt rund 1,9 Millionen der rund 68 Millionen Tansanier. Auf der Inselgruppe leben fast ausschließlich Muslime (98 Prozent), während auf dem Festland etwa 63 Prozent der Menschen Christen sind.

Von den 264 direkt gewählten Abgeordneten entfallen 214 Sitze auf das Festland und 50 auf Sansibar. Zusätzlich werden 113 Sitze für Frauen vergeben - diese werden indirekt von den Parteien bestimmt.

Samia Suluhu Hassan will ihre Position als Präsidentin von Tansania festigBild: CCM

Wer tritt zur Präsidentschaftswahl an?

Insgesamt sind 17 Kandidatinnen und Kandidaten und ihre Parteien offiziell im Rennen. Doch Samia Suluhu Hassan von der Regierungspartei Chama Cha Mapinduzi (CCM) gilt als einzige landesweit anerkannte Kandidatin. Die beiden wichtigsten Oppositionsparteien, Chadema und ACT-Wazalendo, wurden von der Wahl ausgeschlossen - ebenso zentrale Kandidaten beider Parteien.

Was bewegt die Wähler?

Tansania hat in den letzten Jahren große Fortschritte bei Infrastrukturprojekten gemacht - Straßen, Stromleitungen, Eisenbahnstrecken und der Internetzugang wurden ausgebaut. Dennoch bleibt die Kluft zwischen ländlichen Regionen und wachsenden Städten groß.

Zugang zu sauberem Wasser, verlässlicher Stromversorgung sowie Bildung und Arbeit sind zentrale Anliegen für die Bevölkerung. Viele kritisieren, dass die Regierungspartei CCM trotz ihrer fast fünf Jahrzehnte währenden Herrschaft wichtige Versprechen nicht eingelöst habe.

ACT-Wazalendo hat zwar für eine Parteiführung abgestimmt, wurde jedoch von der Teilnahme an den Parlamentswahlen ausgeschlossen.Bild: Office of the First Vice President of Zanzibar

Tansania wächst rasant: Es ist das bevölkerungsreichste Land Ostafrikas und zählt zu den Ländern mit dem weltweit schnellsten Bevölkerungswachstum. Junge Wählerinnen und Wähler melden sich zunehmend zu Wort. Doch Apathie und die Zurückhaltung, überhaupt wählen zu gehen, bleiben ein Thema - nicht zuletzt weil die CCM abweichende Meinungen unterdrückt.

Wie verliefen die bisherigen Wahlen?

Die Wahl 2025 wird zeigen, wie stark Samia Suluhu Hassan innerhalb ihrer Partei verankert ist - und wie sich die Machtverhältnisse verschieben.

Seit der Unabhängigkeit von Großbritannien in den 1960er Jahren regiert die CCM nahezu ununterbrochen. Sie gilt als Partei des hoch angesehenen Staatsgründers Julius Nyerere und als letzte Partei aus Zeit der Befreiungsbewegung in Afrikas, die noch bei Wahlen dominiert. Zwischen 1977 und 1992 war Tansania ein Einparteienstaat - in dem die CCM das Sagen hatte.

Anhänger der Regierungspartei CCM während einer WahlkampfveranstaltungBild: Ericky Boniphase/DW

Ihr bestes Ergebnis erzielte die diesmal nicht zugelassene Oppositionspartei Chadema 2015: Präsidentschaftskandidat Edward Lowassa erreichte knapp 40 Prozent der Stimmen, unterlag jedoch Magufuli mit 58 Prozent. 2020 sank Chademas Stimmenanteil auf 13 Prozent. Die Parteiführung sprach von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl.

Wie steht es um die Opposition?

Nach ihrer Amtsübernahme 2021 wurde Hassan zunächst gelobt, politische Repressionen und die Zensur von Medien gelockert zu haben. Sie hob 2023 das Verbot von Oppositionskundgebungen auf und initiierte Reformen.

Doch die Kritik wächst: Menschenrechtsaktivisten und Oppositionspolitiker berichten von staatlich sanktionierten Entführungen und Verhaftungen. Der Chadema-Vorsitzende Tundu Lissu steht wegen Hochverrats vor Gericht - er wurde im April 2025 festgenommen, als er Wahlreformen forderte.  

Der Vorsitzende der tansanischen Oppositionspartei CHADEMA, Tundu Lissu, wird Hochverrat vorgeworfenBild: Ericky Boniphace/DW

Der ehemalige tansanische Botschafter in Kuba Humphrey Hesron Polepole, ein scharfer Regierungskritiker, wurde im Oktober 2025 als vermisst gemeldet. Chadema-Funktionär Ali Mohamed Kibao wurde im September 2024 entführt und später tot aufgefunden.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warnte im Vorfeld der Wahl vor einer "zunehmenden Unterdrückung", die den demokratischen Prozess gefährde. Die Organisation Amnesty International dokumentierte "systematische Menschenrechtsverletzungen" durch die Behörden - darunter "Verschleppungen und Folter" sowie "außergerichtliche Tötungen von Oppositionellen und Aktivisten".

Aus dem Englischen adaptiert von Silja Fröhlich