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PolitikNahost

Was steckt hinter Saudi-Arabiens Friedensinitiative?

4. August 2023

Am Wochenende richtet Saudi-Arabien eine internationale Konferenz zum Krieg in der Ukraine aus. Warum das Königreich sich für den Frieden einsetzt - und wer davon profitieren könnte.

Mohammed bin Salman und Wolodymyr Selensky schütteln sich die Hände und posieren für die Kameras
Bereits im Mai hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dem Gipfel der Arabischen Liga beigewohntBild: SPA/dpa/picture alliance

Zu den Gesprächen in der saudischen Großstadt Dschidda am 5. und 6. August sind Vertreter von rund 30 Regierungen geladen. Darunter sind die BRICS-Staaten Brasilien, Indien und Südafrika sowie weitere Länder des globalen Südens wie Indonesien, Mexiko, Sambia und Ägypten. Doch auch die Regierungen des Vereinigten Königreichs, Polens und Vertreter der EU haben bereits zugesagt. Die Teilnahme Chinas ist ungewiss. Nicht eingeladen ist Russland.

Warum richtet Saudi-Arabien eine Ukraine-Konferenz aus?

"Die Initiative kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem sich Saudi-Arabien als treibende Kraft für Gesprächs- und Konfliktlösungsansätze in Position bringen möchte", sagt Simon Engelkes, Nahost-Referent der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Traditionell ist Saudi-Arabien immer ein Verbündeter des Westens gewesen, allen voran der USA. Riad unterhält aber auch gute Beziehungen zu Peking sowie zu Moskau - wenngleich es mit dem Kreml jüngst Spannungen im Rahmen des erweiterten Erdölkartells OPEC+ gab. Russland hatte sich nicht an die vereinbarte Verringerung der Ölfördermengen gehalten.

Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Juni 2023: Diplomatische Charmeoffensive des KronprinzenBild: Abd Rabbo Ammar/ABACA/picture alliance

Seit einiger Zeit sind auch die Beziehungen zum Westen angespannt geworden. Dazu tragen der Krieg im Jemen bei, an dem Saudi-Arabien beteiligt ist, und die Menschenrechtslage in der absoluten Monarchie konservativ-islamischer Prägung. Der brutale Mord am saudischen Dissidenten Jamal Khashoggi 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul, hinter dem der Westen den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman - kurz MBS - vermutet, hat den Ruf des Königshauses nachhaltig geschädigt.

Da Saudi-Arabien bisher von den Sanktionen gegen Russland und den dadurch gestiegenen Ölpreisen profitiert, könnte die Konferenz zum Krieg in der Ukraine also vor allem ein Prestigeprojekt sein. "Der Kronprinz will die diplomatische Rolle des Königreichs als Regionalmacht stärken. Das zeigt sich in einer Vielzahl von Annäherungstendenzen, mit denen er sich auch mit dem Erzfeind Iran und im Jemen um Entspannung bemüht", sagt Engelkes.

Was ist vom Friedensgipfel in Saudi-Arabien zu erwarten?

Mit einem echten Durchbruch für einen Friedensschluss in der Ukraine rechnet wohl niemand - allein schon, weil Russland nicht mit am Tisch sitzt. Hinzu kommt, dass viele der vertretenen Staaten zwar die Verletzung der territorialen Unversehrtheit der Ukraine verurteilen, sich bisher aber mit einer klaren Parteinahme gegen Russland - etwa in Form von Sanktionen - zurückgehalten haben.

Den festgefahrenen Stellungskrieg in der Ukraine wird die Konferenz in Dschidda kaum beendenBild: Genya Savilov/AFP/Getty Images

Ihre Teilnahme versteht Engelkes als Zeichen, dass auch sie nun auf ein Ende des Konflikts drängen, der - neben den Kriegsparteien - vor allem dem globalen Süden schade: "Dass in Dschidda nun der Zehn-Punkte-Friedensplan von Präsident Selenskyj die Grundlage der Gespräche sein soll, ist durchaus als Zeichen der Unterstützung für die Ukraine zu werten."

Welche Bedeutung hat die Konferenz in Dschidda über den Ukraine-Krieg hinaus?

Was in Europa wie ein diplomatisches Vabanque-Spiel seitens Riad wirken mag, bringt nach Meinung von Experten etwas ganz anderes zum Ausdruck. So sagte Sebastian Sons vom Bonner Nahost-Thinktank CARPO dem ZDF, dass der Ukraine-Krieg in Saudi-Arabien als innereuropäischer Konflikt gesehen werde. Das harte Vorgehen gegen Russland könne dort kaum nachvollzogen werden - zumal sich das Königreich im Konflikt mit dem Iran "im Stich gelassen" fühle: "Dieser unterschiedliche Umgang mit Konflikten wird in Saudi-Arabien als Doppelmoral wahrgenommen."

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Auch KAS-Referent Engelkes erkennt in der saudischen Initiative eine pragmatische, unideologische Betrachtung von Wirtschafts- und Sicherheitspolitik sowie "die Überzeugung, dass der bei uns häufig ausgerufene 'Systemwettbewerb' nicht die Verantwortung und Herausforderung anderer Weltregionen ist". Grundsätzlich sende Riad damit ein gutes Zeichen, auch weil die starke Teilnahme aus dem globalen Süden ein Ausbrechen aus dem Blockdenken "Russland gegen den Westen" ermögliche.

Jan D. Walter Jan ist Redakteur und Reporter der deutschen Redaktion für internationale Politik und Gesellschaft.