Was Trumps Politik für den US-Tourismus bedeutet
4. April 2025
Herbert Bopp will erst einmal nicht wieder in die USA reisen. "Wir gehörten jahrzehntelang zu denen, die liebend gerne das Nachbarland im Süden besuchten", schreibt der gebürtige Deutsche, der seit vielen Jahren in Kanada lebt, in seinem Blog. Seit Trumps "Attacken" sei er aus Protest nicht mehr in den USA gewesen. "Er will Kanada zum 51. Bundesstaat machen, beleidigt unseren Premierminister und macht sich lächerlich über alles, was nach Ahornsirup riecht", so Bopp. "So jemanden sollen wir mit unseren feinen kanadischen Dollars unterstützen? Ganz sicher nicht."
Ein Einzelfall ist der 76-Jährige damit nicht. Daten der kanadischen Statistikbehörde zufolge lag die Zahl der Kanadier, die von einem USA-Trip zurückkehrten, im Februar um 23 Prozent unter dem Wert desselben Vorjahresmonats. Der Unternehmerverband der US-Tourismusbranche, die US Travel Association, sah sich schon vor Wochen genötigt, angesichts des sich zuspitzenden Konflikts auf die Bedeutung der kanadischen Reisenden für die US-Wirtschaft hinzuweisen. "Kanada ist das wichtigste Herkunftsland der internationalen Besucher in den Vereinigten Staaten", heißt es in der Pressemitteilung. 20,4 Millionen Reisende aus dem Nachbarland hätten im vergangenen Jahr während ihres Aufenthalts insgesamt 20,5 Milliarden US-Dollar ausgegeben und so den Erhalt von 140.000 Jobs garantiert. Eingehender will man sich bei dem Verband nicht zu den aktuellen Entwicklungen äußern. Das gilt auch für die Hoteliervereinigung AHLA (American Hotel & Lodging Association).
Die USA wollten sich von ihrer besten Seite zeigen
Eigentlich hofft die US-Tourismuswirtschaft auf einen Boom, finden doch in den kommenden Jahren nacheinander Fußball-Weltmeisterschaft (2026), Olympische Spiele (2028), Rugby World Cup (2031) und Olympische Winterspiele (2034) im Land statt. Zuletzt, vor dem Amtsantritt von Donald Trump, hatte der US-Tourismus im internationalen Vergleich nachgelassen. Laut offizieller Statistik der US-Tourismusbehörde National Travel and Tourism Office kamen 2024 etwas mehr als 72 Millionen internationale Besucher in den USA an. In den Jahren 2018 und 2019 waren es noch fast 80 Millionen. Frankreich und Spanien haben die USA als beliebteste Reiseländer überholt. Hinter den Kanadiern stellen die Mexikaner mit knapp 17 Millionen die zweitgrößte Gruppe der Gäste in den USA, gefolgt von Briten (vier Millionen), Indern (2,2 Millionen) und Deutschen (2 Millionen). Angesichts der bevorstehenden Sport-Großereignisse wollten sich die USA der Welt von ihrer besten Seite präsentieren, um die verlorenen Marktanteile zurückzugewinnen.
Stattdessen gibt es nun zunächst einmal einen Reisebann für Staatsangehörige mehrerer überwiegend muslimischer Staaten, eine restriktivere Visavergabe, verschärfte Einreisekontrollen und eine strengere Abschiebepolitik. Nachdem zuletzt mehrere deutsche Staatsbürger bei der Ankunft in den USA festgenommen worden waren, weist das Auswärtige Amt in Berlin nun ausdrücklich auf die gestiegenen Anforderungen hin: Vorstrafen, falsche Angaben zum Aufenthaltszweck oder eine Überschreitung der Aufenthaltsdauer könnten zu Festnahme und Abschiebung führen, heißt es auf der entsprechenden Internetseite. Schon Ende Februar hatte es eine Aktualisierung der Reisehinweise gegeben: Steht im Pass der Geschlechtseintrag "X" oder weicht der Geschlechtseintrag vom Geschlechtseintrag bei der Geburt ab, solle man unbedingt vor der Reise eine US-Auslandsvertretung kontaktieren. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hatte US-Präsident Donald Trump im Januar einen Erlass unterzeichnet, demzufolge in den USA nur zwei Geschlechter anerkannt werden, männlich und weiblich.
US-Reiseveranstalter verzeichnet Rückgang der Nachfrage
Auch in Deutschland scheint derzeit der eine oder andere Urlauber seine US-Reisepläne zu hinterfragen. Das hat zumindest Timo Kohlenberg festgestellt, Geschäftsführer von America Unlimited, einem Veranstalter für Reisen in die USA und nach Kanada. "Seit März gibt es einen spürbaren Rückgang der Nachfrage", sagt er. Immer häufiger bekomme er von Kunden mit Verweis auf die derzeitige US-Politik zu hören, man wolle diesmal lieber nach Kanada fahren. Nicht für einen generellen Trend hält das allerdings Martin Lohmann von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen, der sich seit vielen Jahren mit dem touristischen Reiseverhalten beschäftigt. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass sich die Mehrheit nicht von politischen Ereignissen bei der Wahl des Urlaubsortes beeinflussen lasse. "Wir hatten schon einmal vier Jahre Trump", sagt Lohmann. "Das hatte auch keine großen Auswirkungen auf den Tourismus."
Zumindest in den Regionen der USA mit hohem Touristenaufkommen aus Kanada sieht das derzeit anders aus. In Vermont etwa, unweit der kanadischen Grenze, berichten lokale Medien seit Wochen von Stornierungen aus dem Nachbarland, ebenso in den angrenzenden Bundesstaaten Maine und New York. Dort fuhr auch Herbert Bopp immer wieder gerne hin. "Doch damit ist Schluss". Zwar täten ihm die US-Amerikaner leid, die Trumps Vorgehen nicht unterstützen und ebenfalls von einem Boykott betroffen seien: "Aber es geht um die Message." Ob die mittlerweile auch in Washington angekommen ist?