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Politik

Was tut Deutschland für die Ukraine?

26. September 2019

"Sie redet nur über die Ukraine, aber sie tut nichts", hat US-Präsident Trump in einem Telefonat mit dem ukranischen Präsidenten Selenskyj über Merkel gesagt. Selenskyj stimmte "tausendprozentig" zu. Hat Trump Recht?

Deutschland Merkel empfängt Selenskyj mit militärischen Ehren im Kanzleramt
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel im Juni in BerlinBild: Reuters/H. Hanschke

Wirtschaftshilfe

Hier liegt Donald Trump völlig falsch. Nach Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit OECD steht Deutschland hinter der Europäischen Union und den USA an dritter Stelle, bei der humanitären Hilfe nach Angaben des Auswärtigen Amtes sogar auf Platz zwei hinter der EU. Seit der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 hat Deutschland die Ukraine laut OECD mit insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro unterstützt, 1,18 Milliarden bilateral und mit weiteren 200 Millionen über die EU.

Allein für Entwicklungszusammenarbeit sind demnach seit 2014 insgesamt 544 Millionen Euro in die Ukraine geflossen, außerdem 110 Millionen Euro humanitäre Hilfe, ein Finanzkredit von 500 Millionen und 25 Millionen für Stabilisierungsmaßnahmen mit dem Schwerpunkt Konfliktüberwachung, Rechtsstaatsförderung und Friedensmediation.

Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump am Donnerstag bei der UNO in New YorkBild: Getty Images/AFP/S. Loeb

Auch die Europäische Union braucht einen Vergleich mit den USA nicht zu scheuen. Im Zeitraum 2016/17 zum Beispiel half die EU der Ukraine mit einem Betrag, der mehr als doppelt so hoch war wie jener der USA. Darin sind nicht einmal die Beiträge einzelner EU-Staaten wie Deutschland enthalten.

Nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt hat die EU seit 2014 Entwicklungszusammenarbeit mit einem Betrag von mehr als 260 Millionen Euro geleistet; darin sei ein deutscher Beitrag von fast 53 Millionen Euro enthalten. Die humanitäre Hilfe der EU betrug demnach in dem Zeitraum fast 755 Millionen Euro, davon 151 Millionen aus Deutschland. 

Militärische Unterstützung

Deutschland leistet der Ukraine umfangreiche militärische Unterstützung, allerdings im Rahmen der NATO, daher ist ein spezifisch deutscher Militärbeitrag kaum zu ermitteln. Auch die NATO-Hilfe lässt sich zahlenmäßig nicht erfassen. Deutschland versucht bei der militärischen Zusammenarbeit immer, die strategische Gesamtsituation mit Russland im Auge zu behalten, und bringt diese Perspektive in die NATO-Beratungen ein. Die USA haben dagegen bereits unter Präsident George W. Bush junior kurz nach der Jahrtausendwende versucht, die Ukraine als Vollmitglied in die NATO zu holen. Deutschland und andere NATO-Staaten konnten das mit Rücksicht auf Russland verhindern.

2008 lehnte ein NATO-Gipfel den ukrainischen Aufnahmeantrag ab. 2018 wurde anerkannt, dass das Land der NATO beitreten möchte. "Die Tür der NATO steht jedem europäischen Land offen, das in der Lage ist, das Engagement und die Verpflichtungen der Mitgliedschaft zu erfüllen und zur Sicherheit im euro-atlantischen Raum beizutragen", hieß es in einer Erklärung des Bündnisses. Eine Aufnahme würde jedoch die Sicherheit des Bündnisses durch eine Konfrontation mit Russland eher gefährden, daher ist ein Beitritt auf absehbare Zeit nicht in Sicht.

Russische Raketenbatterie auf der Krim: Vor einer Aufnahme der Ukraine schreckt die NATO zurückBild: picturealliance/A. Pavlishak/TASS/dpa

Die militärische Zusammenarbeit zwischen der NATO und der Ukraine hat sich aber seit Beginn der Krise deutlich verstärkt. Ziel der NATO ist, dass sich die Ukraine besser selbst verteidigen kann und in der Lage ist, durch Übernahme von NATO-Standards bis 2020 mit der Allianz voll operieren zu können.

Dazu hilft das Bündnis bei der Modernisierung der ukrainischen Streitkräfte. Sie hat ihre Präsenz im Schwarzen Meer ausgeweitet und die Zusammenarbeit mit der ukrainischen Marine verstärkt. Schließlich hat die NATO auch die Krim-Annexion immer verurteilt und unterstützt die Ukraine damit diplomatisch, indem sie den Status quo nicht anerkennt. 

Friedensverhandlungen und Russland-Sanktionen

Eine Unterstützung der Ukraine kann auch immateriell sein. Die Friedensbemühungen zwischen Moskau und Kiew im Konflikt in der Ost-Ukraine sind ein Projekt Deutschlands und Frankreichs, und zwar auf höchster Ebene. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Emmanuel Macron haben immer wieder ihr politisches Gewicht in die Waagschale geworfen, um zwischen den Präsidenten Russlands und der Ukraine zu vermitteln.

Die USA spielten bei diesen Treffen überhaupt keine Rolle. Steffen Halling von der Stiftung Wissenschaft und Politik sagt im Gespräch mit der Deutschen Welle, diese Verhandlungen seien "bisher sehr, sehr wichtig gewesen". Sie hätten zwar "sehr wenige Fortschritte" gebracht. Doch das sei nicht Deutschland und Frankreich anzulasten, denn "der Schlüssel zur Lösung des Konfliktes liegt in Russland, so wie Russland für die Eskalation des Konfliktes verantwortlich ist".

Versteinerte Mienen bei den Ukraine-Friedensverhandlungen 2015 in Paris mit (v.l.) Merkel, Russlands Präsident Putin, dem damaligen ukrainischen Präsidenten Poroschenko und Macrons Vorgänger Hollande Bild: Reuters/M. Palinchak

Auch bei den EU-Sanktionen gegen Russland wegen der Krim-Annexion spielt Deutschland "eine Schlüsselrolle", so Halling. Im Laufe der Jahre hat es immer wieder Versuche einzelner EU-Staaten gegeben, die Sanktionen zu beenden, doch nach wie vor gelten sie. Ohne Deutschland hätte es diesen Konsens in der EU "wahrscheinlich nicht mehr gegeben", glaubt Halling.

Auf einem anderen Blatt steht das Projekt Nord Stream 2, eine direkte Gasleitung von Russland durch die Ostsee nach Deutschland. Für die Ukraine stellt sie gewissermaßen einen Widerspruch zur deutschen Sanktionspolitik gegen Russland dar. Die Leitung ist der Ukraine ein Dorn im Auge, weil sie den Wegfall von Transiteinnahmen befürchtet. Die Regierung in Kiew hat dabei Trump auf ihrer Seite. Der US-Präsident meint, Deutschland mache sich dadurch einseitig von Russland abhängig.

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