Was verspricht ein BND-Untersuchungsausschuss?
17. Januar 2006Der Untersuchungsausschuss ist ein parlamentarisches Informations- und Kontrollgremium, dessen Aufgabe hauptsächlich darin besteht, Missstände in der Regierung und Verwaltung oder ein Fehlverhalten der Politik zu prüfen. Nach Artikel 44 des Grundgesetzes kann er dann einberufen werden, wenn sich ein Viertel des Bundestages dafür einsetzt. Somit haben bei der gegenwärtigen Parlamentsverteilung die drei Oppositionsfraktionen die Möglichkeit, die Einberufung eines solchen Ausschusses zur Aufklärung der BND-Irak-Affäre in die Wege zu leiten. Die Besetzung des Ausschusses richtet sich nach der Stärke der Fraktionen.
Bei der Brisanz der Thematik stellt sich die Frage, in welchem Umfang BND-Mitarbeiter vor dem parlamentarischen Ausschuss aussagen dürfen oder müssen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob ein Untersuchungsausschuss zum Thema Nachrichtendienst überhaupt notwendig ist. Denn eine kontrollierende Funktion der Nachrichtendienste besitzt bereits das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG).
Wird ein Untersuchungsausschuss einberufen, dann hat dieser auch das Recht unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu tagen. Laut Paragraph 20 des Untersuchungsausschussgesetzes (UAG) seien Zeugen dazu verpflichtet, auf Ladung des Untersuchungsausschusses zu erscheinen – dies gilt prinzipiell also auch für BND-Mitarbeiter. Auch wenn keine strafrechtlichen Maßnahmen aufgrund der Ergebnisse des Ausschusses ergriffen werden können, ist es rechtlich gesehen möglich, eine zwangsweise Vorführung von Zeugen anzuordnen.
Was darf der BND sagen?
Für den BND trifft die Zeugenpflicht jedoch nicht zu. Denn der Geheimdienst kann unter Berufung auf Interessen der nationalen Sicherheit Zeugen zurück halten, erklärt die Pressereferentin beim Deutschen Bundestag, Bärbel Schubert. Juristisch ist in solchen Fällen unklar, was dann geschieht. Sicher scheint, dass der Untersuchungsausschuss lediglich über die Begründung der Zeugen-Vorenthaltung beraten, dem BND jedoch nicht widersprechen kann. Letzlich entscheidet also der BND, was die nationale Sicherheit gefährdet, nicht der Parlamentsausschuss. Selbst wenn BND-Mitarbeiter als Zeugen aussagen würden, müsste der Bundestag nicht über alle Details der Ergebnisse informiert werden.
Alexander Hirsch, Rechtsanwalt und Autor des Buches "Die Kontrolle der Nachrichtendienste", glaubt, dass zwar auf der einen Seite ein gerechtfertigtes Geheimhaltungsinteresse des BND bestünde. Andererseits habe das Parlament das Recht, informiert zu werden. Hirsch geht davon aus, dass sowohl die Kontrollgremien, als auch der BND sich brauchen und dass eine Wechselwirkung zwischen beiden besteht.
Der Rechtsexperte hebt hervor, dass der BND in der Öffentlichkeit bald ein Akzeptanzproblem hätte, wenn er sich nicht kontrollieren ließe und nur schlechte Schlagzeilen auslöste. Deshalb sei auch der BND auf eine Kontrolle angewiesen. "Wenn der BND seinen Mitarbeitern eine Aussage verweigern würde, dann hätte dies auch eine Aussagekraft, auch wenn dies die Opposition nicht zufrieden stellen würde", so Hirsch. Daher müsse sich der BND genau überlegen, was er sagt.
"Plutonium-Affäre"
Der Untersuchungsausschuss gilt als die stärkste Waffe der Opposition. Dass die Opposition sowohl ein transparenteres Parlamentarisches Kontrollgremium fordert, obwohl dieses der Geheimhaltung untersteht, als auch einen Untersuchungsausschuss einberufen will, hat sicherlich auch andere Gründe. Alexander Hirsch meint, dass der Untersuchungsausschuss von seinem eigentlichen Zweck abgekommen ist, und von der Opposition zu Wahlkampfzwecken benutzt wird.
Bereits 1995 hatte das Handeln des BND zur Einberufung eines Untersuchungsausschusses geführt. Es war damals aufgeflogen, dass die erfolgreiche Festnahme eines kolumbianischen Plutoniumhändlers auf dem Münchener Flughafen im August 1994 eine Inszenierung gewesen war. Daran beteiligt waren der BND, das Bayerische Bundeskriminalamt (LKA) und die Bayerische Justiz. Damit sollte vor den Wahlen in Bayern und der Bundestagswahl ein politisch brauchbarer Fahndungserfolg vorgezeigt werden. Vor dem so genannten Plutonium-Untersuchungsausschuss kam es damals erstaunlicherweise auch zu einer Aussage des BND-V-Mannes Rafael Ferreras Fernandez.