Was tun gegen Dürre?
27. August 2022Ein Sommer mit extremer Hitze und geringen Niederschlägen hat Wälder und Äcker ausgedörrt. Wissenschaftler warnen, dass Europa die schlimmste Dürre seit mindestens 500 Jahren bevorsteht. Diese Einschätzung basiert auf vorläufigen Erkenntnissen, die der wissenschaftliche Dienst der Europäischen Kommission in dieser Woche veröffentlichte - einer Woche, in der niedrige Pegelstände die Schifffahrt ebenso wie die Erzeugung von Energie durch Wasserkraft beeinträchtigten.
Europa ist nicht der einzige Kontinent, der unter der Dürre leidet. Laut den Vereinten Nationen sind jedes Jahr etwa 55 Millionen Menschen weltweit von Dürren betroffen. Mit 44 Prozent ist Afrika der Kontinent, der am häufigsten Dürren durchlebt.
Doch auch wenn Wissenschaftler wissen, dass Dürren aufgrund des Klimawandels immer häufiger auftreten, intensiver werden und länger anhalten, ist es doch schwierig, Dürren vorherzusagen und zu untersuchen.
Was genau ist eigentlich eine Dürre?
Kurz und knapp: Eine Dürre ist ein Zeitraum, der aufgrund mangelnder Niederschläge trockener ausfällt als der durchschnittliche Vergleichszeitraum. Es handelt sich um komplexe Phänomene, die über Wochen, Monate oder sogar Jahre anhalten können und oft gravierende Folgen für Menschen und Wirtschaft haben.
Wissenschaftler ordnen Dürren in der Regel einer von vier Kategorien zu. Eine sogenannte meteorologische Dürre tritt ein, wenn das Wetter über einen längeren Zeitraum trocken ist und weniger Regen oder Schnee als üblich fällt. Sinken daraufhin die Pegelstände in Bächen, Flüssen, Stauseen sowie Grundwasser, spricht man von einer hydrologischen Dürre. Bei einer landwirtschaftlichen Dürre beginnt die mangelnde Feuchtigkeit im Erdreich, sich auf Pflanzen und Ernten auszuwirken. Wirkt sich der Wassermangel auch auf Angebot und Nachfrage von Waren aus, weil beispielsweise der Transport oder die Energieproduktion betroffen sind, handelt es sich um eine sozio-ökonomische Dürre.
Häufig, jedoch nicht immer, kommen alle vier erwähnten Szenarien zusammen, betont Oldrich Rakovec, Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. So ist es auch bei der aktuellen Dürre in Europa. "In der Regel beginnt es jedoch mit einer meteorologischen Dürre", sagt er. Niederschlagsaufzeichnungen geben gewöhnlich erste Hinweise auf eine Dürre. Bevor diese jedoch auch Auswirkungen auf Flüsse und Pflanzen hat, kann einige Zeit verstreichen.
Wann wird Trockenheit offiziell zur Dürre?
Wissenschaftler beobachten verschiedene Indikatoren wie Niederschlag, Bodenzustand und Bodenfeuchte. Liegen diese Werte unter dem, was auf Grundlage langfristig erhobener Daten als normal gilt, macht dies deutlich, dass eine Dürre begonnen hat, so Rakovec. Werden wieder Normalwerte erreicht, ist die Dürre vorbei.
Der Dürremonitor am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung bewertet landwirtschaftliche Dürren anhand der Feuchtigkeit im Boden. Eine Dürre beginnt nach diesem Modell, wenn die Bodenfeuchte einen Grad erreicht, der nur in 20 Prozent der Jahre in einer langen Zeitreihe auftritt.
Im Dürrebericht der Europäischen Kommission wendeten die Wissenschaftler den kombinierten Dürreindikator an, der Niederschläge, Bodenfeuchte und Zustand der Vegetation misst. Sie kamen zu dem Schluss, dass es sich bei der gegenwärtigen Situation um die schlimmste Dürre seit 500 Jahren zu handeln scheint. Laut Bericht wird auf etwa der Hälfte des europäischen Gebiets die Warnstufe für Dürre erreicht, die Bodenfeuchte ist also eindeutig zu gering. Dazu gilt für 17 Prozent Europas eine Dürre-Alarmstufe; auch dort ist die Vegetation betroffen.
Erholung und Resilienz
Ob sich eine Region erholen kann, hängt nicht allein davon ab, wie schwerwiegend und lang andauernd eine Dürre ist, sondern auch davon, ob kommende Regenfälle ausreichen, um den Boden ausreichend zu bewässern und Grundwasserdepots und Stauseen zu füllen - ob also die gewohnten Zustände wiederhergestellt werden.
Andrea Toreti, leitender Forscher bei der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission, ist überzeugt, dass Wasserbewirtschaftungspraktiken in Zusammenarbeit mit lokalen Nutzern verbessert werden müssen sowie die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden muss, um Dürren überstehen zu können. "Mittel- bis langfristig müssen wir auf globaler Ebene Treibhausgasemissionen reduzieren, um das Risiko einer weiteren Erwärmung erfolgreich einzudämmen", betont er. Rakovec weist außerdem darauf hin, dass "neue technische Entwicklungen erforderlich sind, um die Folgen extremer Dürren abzumildern".
Auf regionaler Ebene könnte die Einrichtung großer Wasserreservoirs, wie zum Beispiel unterirdischer Speichersysteme, dabei helfen, Wasser für Krisenzeiten zurückzuhalten. Intelligente Bewässerungstechnologien, bei denen die Wurzeln von Pflanzen direkt versorgt werden, könnten ebenfalls helfen, weniger Wasser zu vergeuden und Pflanzen gesund zu erhalten. Die Züchtung hitzeresistenterer Pflanzen könnte Ernteverluste reduzieren, so Rakovec. Mischwälder anstelle von Monokulturen sind ebenfalls hilfreich, da eine Mischung von Arten besser geeignet ist, Wasser zu speichern und Dürren zu überstehen. Letztendlich wird Europa sich an Wetterextreme anpassen müssen, so Rakovec.
Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.