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Linker Terror

Ina Rottscheidt12. Februar 2007

In Deutschland hat die Freilassung der RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt für große Diskussionen gesorgt. Auch Italien und Frankreich mussten schon entscheiden, wie sie mit dem linksterroristischen Erbe umgehen sollten.

Linker Terror in Italien: Die Roten BrigadenBild: AP

An Haus Nummer 9 der Via Caetani in der Römer Innenstadt erinnert eine schlichte Gedenktafel an die Ermordung Aldo Moros: Am 9. Mai 1978 wurde hier die Leiche des ehemaligen Ministerpräsidenten im Kofferraum eines geparkten Autos gefunden, der Fall stellte den Höhepunkt des Terrors der Roten Brigaden dar: Die 55-tägige Entführung des Politikers und sein Mord gehörten zu den dramatischsten Tagen, die Italien seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges durchlebt hatte.

Aldo Moro in der Hand der Roten BrigadenBild: AP

Wie in Italien strebten auch in Deutschland und Frankreich seit den 1970er Jahren Linksextremisten den Aufbau einer "antiimperialistischen europäischen Front" an, erklärt Rolf Tophoven, Leiter des Instituts für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik. Gemeinsam sei RAF, Roten Brigaden und Action Directe der sozialrevolutionäre Ansatz gewesen: "Gegen Staat, gegen die Ausbeutung und für die Interessen der Arbeiterklasse. Sie strebten den revolutionären Umbau der Gesellschaft nach marxistisch-leninistischem Vorbild an", so Tophoven.

Gleiche Ziele, keine Zusammenarbeit

Mittel war die Gewalt, Ziel vor allem führende Politiker und Top-Manager aus der Wirtschaft. Über eine ideologische Vernetzung seien die Gruppen jedoch nie hinaus gekommen: Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit, wie heute im Fall des islamistischen Terrors, habe es nie gegeben, nicht zuletzt deshalb hätten die Gruppen letztlich auch zerschlagen werden können.

Freilassung von Joelle Aubron 2004 - ein früheres Mitglied der Action DirectBild: AP

In Frankreich reagierten die Regierung und Präsident François Mitterand in den 1980er Jahren zunächst relativ zurückhaltend auf die Action Directe, da man, anders als in Deutschland, die staatliche Ordnung nicht unmittelbar gefährdet sah. Mit den ersten Todesopfern des Action-Directe-Kommandos änderte sich jedoch die öffentliche Meinung: Die großen linksliberalen Tageszeitungen wie Le Monde und Libération verurteilten Action Directe und kritisierten den fehlenden Bezug zur Arbeiterklasse, in deren Namen die Gruppe agierte.


Keine Gnade

Nach den Morden an dem General René Audran 1985 und Renaultchef Georges Besse 1986 wechselte auch der Staat zur Politik der harten Hand: Ein Jahr später wurden die Gründer der Gruppe, Jean-Marc Rouillan, Nathalie Ménigon und Georges Cipriani festgenommen und die Action Directe zerfiel. 2006 hatten die drei Häftlinge nach Verbüßung einer Mindeststrafe von 18 Jahren um Freilassung auf Bewährung gebeten. Sie wurde ihnen jedoch verweigert - wegen fehlender Reue.

Nach der Entführung von Aldo MoroBild: AP

Auch die 1973 gegründeten Roten Brigaden träumten in Italien von einer kommunistischen Ordnung, das Ergebnis jedoch war durch zahlreiche Anschläge und Entführungen ein Klima der Verunsicherung und der Gewalt: Über 400 Todesopfer werden den Roten Brigaden bis heute zugeschrieben.

Schnelle Zerschlagung

Die Zäsur kam nach der Ermordung Aldo Moros: "Das Ereignis schockte ganz Italien. Erstmals bildete sich eine breite, parteiübergreifende Front gegen den Terror von links", sagt der Terrorismusexperte Tophoven. Entscheidender Aspekt der Terror-Bekämpfung sei damals die "pentiti", also die Kronzeugen-Regelung, gewesen, mit der führenden Köpfen eine Strafmilderung bei Kooperation mit dem Staat in Aussicht gestellt wurde. "Das führte 1982 zur Zerschlagung der Roten Brigaden", so Tophoven, über 200 Aktivisten hätten damals Haftstrafen bekommen, 85 von ihnen lebenslänglich.

RAF- Anschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried BubackBild: picture-alliance / dpa

Viele seien jedoch mittlerweile wieder frei oder erhielten Freigang, so der Terrorismusexperte, und als 1998 der Gründer Renato Curcio nach 24 Jahren Haft entlassen wurde, sei die Diskussion in Italien auch lange nicht so aufgeregt gewesen wie in Deutschland.

RAF löst sich selbst auf

Nach den Erfolgen in Italien wurde die Kronzeugenregelung auch in Deutschland eingeführt, doch hier löste sich die Rote Armee Fraktion letztlich selbst auf: 1998 bezeichnete sie in einem Schreiben ihren Kampf als sinnlos und ihr Experiment als gescheitert.

Die Ex-RAF-Terroristen Brigitte Mohnhaupt und Christian KlarBild: AP

Nach der angekündigten Entlassung der Ex-Terroristin Brigitte Mohnhaupt sitzen heute noch Christian Klar, Eva Sybille Haule und Birgit Hogefeld im Gefängnis. Für sie könnte nach 2009 ebenfalls die Haftstrafe in eine Bewährungsstrafe umgewandelt werden.

"In allen drei Ländern scheiterten damals die durch Gewalt geprägten und durch Terroranschläge getränkten sozialrevolutionären Experimente", zieht Tophoven Bilanz. Dazu habe letztlich auch der nahezu weltweite Zusammenbruch des "realen Sozialismus" beigetragen: "Die Geschichte der antiimperialistischen europäischen Front ist eine Geschichte des Scheiterns."

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