Ein Subtyp der Delta-Variante des Coronavirus namens AY.4.2 ist offenbar noch ansteckender als die erste Delta-Variante. Kommt eine neue Infektionswelle auf uns zu?
Anzeige
Seit Mitte Oktober häufen sich Berichte über das Auftreten der Coronavirus-Variante Delta-Plus. Das wissen wir bisher über den neuen Subtyp:
Seit wann gibt es Delta-Plus und wo wurde die Variante bisher nachgewiesen?
Der Subtyp AY.4.2 der Delta-Variante, auch Delta-Plus genannt, wurde erstmals in Großbritannien nachgewiesen und zwar bereits im Juni 2021. Delta-Plus ist bisher am häufigsten in Großbritannien gefunden worden. Der Subtyp wurde nach Angaben der Webseite CoV-Lineages bisher bei etwa 20.000 Menschen nachgewiesen. Allerdings hat Großbritannien derzeit viele tägliche Neuinfektionen, bis zu 40.000. Es ist unklar, wie viele davon auf den neuen Subtyp zurückgehen. Die britischen Gesundheitsbehörden gehen davon aus, dass es etwa sechs Prozent der Gesamtinfektionen sein dürften.
Andere betroffene Länder sind Dänemark (230 Nachweise), Deutschland (laut Robert-Koch-Institut bisher 280 Nachweise) und zahlreiche weitere europäische Staaten mit jeweils zweistelligen Nachweiszahlen. Israel, die USA, Canada und Japan sind die einzigen außereuropäischen Länder, die das Virus bislang nachweisen konnten. Dort liegen die Zahlen jedoch eher im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Bereich. Es ist aber auch möglich, dass der Subtyp stärker vorhanden ist, aber bei Proben nicht sequenziert wurde.
Ist Delta-Plus gefährlicher als Delta?
Der neue Subtyp ist nicht nachweislich gefährlicher als die Delta-Variante. Auch hier sind besonders ältere Menschen von einem schweren Krankheitsverlauf bedroht.
Aber nach Schätzungen der britischen Gesundheitsbehörden ist Delta-Plus um etwa zehn Prozent ansteckender als Delta. Das ist allerdings eine nur geringfügige Steigerung.
Warum hat AY.4.2 keinen eigenen griechischen Buchstaben bekommen?
Der neue Subtyp hat insbesondere zwei Mutationen am Spike-Protein, die als A222V und Y145H bezeichnet werden und wahrscheinlich dafür verantwortlich sind, dass die Variante geringfügig ansteckender ist. Diese Mutationen sind aber nicht nur von Delta-Plus bekannt, sondern waren bereits bei früheren Mutationen aufgetreten.
Insofern ruft das Entstehen des neuen Subtyps bei den Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch keine größeren Sorgen hervor. Einen eigenen Namen würde die Variante erst erhalten, wenn die WHO AY.4.2 als "Variant of Concern" (VOC) oder "Variant of Interest" (VOI) einstufen würde.
Corona in Indien: Ein Land ringt nach Luft
Die Corona-Pandemie hat Indien mit voller Wucht erwischt. Das marode Gesundheitssystem kommt nicht mehr hinterher. In einigen Regionen gibt es nicht einmal mehr genug Sauerstoff, um die Patienten zu versorgen.
Angehörige eines verstorbenen COVID-Patienten trauern vor einem Krankenhaus im indischen Ahmedabad. In Indien weitet sich die Corona-Pandemie immer rasanter aus. Mehr als 330.000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden - so viele gab es bislang in keinem anderen Land der Welt. Damit haben sich allein in den vergangenen vier Tagen mehr als eine Million Menschen in Indien mit dem Virus infiziert.
Bild: Amit Dave/REUTERS
Überfüllte Krankenhäuser
COVID-19-Patienten warten in diesem Hospital in Neu Delhi auf ihre Behandlung. Viele Krankenhäuser sind völlig überlastet. "Uns fehlen dringend benötigte Betten, Sauerstoffrationen und Medikamente", erzählt der indische Arzt und Direktor einer Krankenhauskette, Shuchin Bajaj, der DW. "Wir sind dazu gezwungen, Patienten abzuweisen. Die Situation im Land ist geradezu apokalyptisch."
Bild: Danish Siddiqui/REUTERS
Rikscha statt Wartezimmer
In ihrer Not machen sich viele Patienten dennoch auf - und müssen teils stundenlang vor den Krankenhäusern ausharren, so wie dieser Mann in einer Motorrikscha in Ahmedabad. Zumindest hat er eine der immer knapper werdenden Sauerstoffflaschen bekommen. Allein in Delhi fehlten offiziellen Angaben zufolge rund 5000 Intensivbetten. Einigen Hospitälern sei der Sauerstoff schon fast ausgegangen.
Bild: AMIT DAVE/REUTERS
Nachschub für die Nächsten
Wie hier in Allahabad drängeln sich vielerorts im Land Angehörige mit leeren Sauerstoffflaschen an Nachfüllstationen, um ihre Verwandten zu versorgen. Sauerstoff wird bereits zu Wucherpreisen auf dem Schwarzmarkt gehandelt. Die Regierung überlegt, Ölraffinerien und andere Industrien, die Sauerstoff zur Produktion nutzen, zu stoppen. Der Sauerstoff soll stattdessen an Hospitäler geliefert werden.
In der Nacht zu Freitag brach in diesem Krankenhaus nahe Mumbai ein Feuer aus. Die gesamte Intensivstation brannte aus, mindestens 13 COVID-Patienten starben. Noch ist die Brandursache unklar. Aber in Indien kommt es oft zu gefährlichen Bränden - auch in Krankenhäusern. Ursache ist meist eine schlechte oder veraltete Ausstattung. Der Brandschutz ist oft mangelhaft, Notausgänge gibt es nur selten.
Bild: AP/picture alliance
Überlastete Krematorien
Seit Beginn der Pandemie sind bereits mehr als 185.000 Inder an den Folgen des Coronavirus gestorben. Täglich kommen derzeit mehr als 2000 Tote hinzu. Der Hinduismus erlaubt als einzig mögliche Bestattungsart die Feuerbestattung. Doch in vielen Regionen des Landes, so wie hier in der Hauptstadt Delhi, kommen auch die Krematorien mit der Verbrennung der Leichname kaum noch hinterher.
Bild: DANISH SIDDIQUI/REUTERS
Mutante auf dem Vormarsch
Verschärft wird die Situation im Land durch die rasante Verbreitung einer besonders ansteckenden doppelten Mutation des Coronavirus. Aufgrund der Variante B.1.617 haben viele Länder Einreisesperren für Reisende aus Indien erlassen - und selbst Reisewarnungen für das Land ausgegeben - die USA selbst für bereits gegen das Coronavirus geimpfte Menschen.
Bild: Xavier Galiana/AFP
Warten auf den Impfstoff
Mehr als 1,3 Milliarden Menschen leben in Indien - doch nur ein Bruchteil von weniger als zwei Prozent der erwachsenen Bevölkerung ist bislang geimpft. Dabei ist das Land einer der größten Impfstoffproduzenten der Welt. Doch erst spät wurden die indischen Pharmafirmen angewiesen, zunächst den heimischen Bedarf zu decken. Ab 1. Mai sollen nun Impfstoffe für alle Inder über 18 Jahren verfügbar sein.
Bild: Amit Dave/REUTERS
Pilgerfest in Pandemiezeiten
Doch nicht nur die schlechte Impfquote wird von Experten für die rasante Ausbreitung des Coronavirus verantwortlich gemacht, sondern auch religiöse, politische und sportliche Massenveranstaltungen überall im Land. An der Kumbh Mela, Indiens größtem hinduistischen Pilgerfest, nahmen mehrere Millionen Gläubige teil. Beim rituellen Bad im Ganges spielten Masken und Abstandsregeln keine Rolle.
Bild: Money Sharma/AFP
Wahlkampf statt Warnungen
Und auch die Politik ging bislang mit eher schlechtem Beispiel voran. Im Bundesstaat Westbengalen fanden Anfang des Monats Regionalwahlen statt. Im Wahlkampf kam es in der Millionenstadt Kolkata zu Massenkundgebungen mit führenden Politikern der Regierungspartei BJP. Auch Premierminister Narendra Modi nahm daran teil - und ließ sich von tausenden dicht an dicht gedrängten Anhängern feiern.