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Washingtons ungeliebter Verbündeter

Peter Philipp 10. August 2003

Während die reichen Großfamilien Saudi-Arabiens in Kairoer oder Beiruter Luxushotels die Sommerfrische genießen, kämpft das Herrscherhaus erbittert gegen Terrorismus-Vorwürfe aus den USA. Doch das Vertrauen ist dahin.

Gespannte Beziehungen: Außenminister Faisal in WashingtonBild: AP

Auf offizieller Ebene pflegen die Vereinigten Staaten und Saudi-Arabien seit Jahrzehnten äußerst gute und enge Beziehungen - doch sehr viele Amerikaner hegen ein tiefes Misstrauen gegenüber den Saudis, denen man dennoch immer mehr Erdöl abkaufte und die man zum festen Kundenkreis für amerikanische Konsumgüter zählte.

Dass die Saudis auch gewaltige Investitionen in den USA vornahmen und Abermilliarden auf amerikanischen Konten deponiert hatten, blieb den meisten ebenso unbekannt wie die Eigenarten des Königsreichs auf der Arabischen Halbinsel. Allenfalls wusste man, dass Saudi-Arabien nicht gerade demokratisch ist und in vielen Aspekten ein eher mittelalterliches Regime führt.

Mit zugekniffenem Auge toleriert

Die amerikanische Politik verstand es geschickt, über solche Makel hinwegzutäuschen. Für sie war der Iran - und nicht Saudi-Arabien - Inbegriff eines restriktiven Gottesstaates. Die offen-kritische Haltung der amerikanischen Bevölkerung hat sich erst seit den Anschlägen vom 11. September 2001 etabliert. Nicht nur, weil 15 der 19 Täter aus Saudi-Arabien stammten. Plötzlich erkannte man die Querverbindungen, die es seit langem zwischen dem Königreich und Terrororganisationen weltweit gegeben hatte. Oft hatten reiche Saudis solchen Gruppen einfach nur Geld gegeben, um nicht selbst Zielscheibe ihres Fanatismus zu werden, sie hatten sich sozusagen freigekauft.

Aber oft steckte doch auch Ideologie dahinter: Um die eigene wahhabitische - das heißt sehr konservative - Form des Islam zu verbreiten, unterstützten die Saudis den Aufbau von Koranschulen in vielen Ländern und ganz besonders in Pakistan. Dort wurden diese Schulen zur Ausbildungsstätte mittelloser afghanischer Flüchtlingskinder, der "Taliban" ("Schüler"), die dann in ihre Heimat zurückkehrten und dort ein rigides System errichteten, wie es die Neuzeit noch nicht erlebt hatte.

Zögerliches Vorgehen

Nur Saudi-Arabien, Pakistan und die Emirate erkannten das Taliban-Regime in Afghanistan an. Die Saudis zogen sich dann aber zurück, weil die Taliban den saudischen Erz-Terroristen Osama Bin Laden aufnahmen und schützten. In Saudi-Arabien selbst aber genoss - und genießt - der längst ausgebürgerte Bin Laden die Bewunderung und Unterstützung radikaler Kreise, und das Königshaus begann nur sehr spät und sehr zögernd, gegen diese Kreise vorzugehen.

Erste Warnungen wurden vor einem Jahr in Washington veröffentlicht, als ein französischer Forscher der "Rand Corporation" in einem Vortrag vor dem Rat für Auslandsbeziehungen referierte, Saudi-Arabien sei eigentlich gar nicht der treue und zuverlässige Freund der USA, weil es unter der Hand eben jene Terrorgruppen unterstütze, denen US-Präsident George Bush einen unerbittlichen Kampf angesagt hat.

Mit einem Schlag war Saudi-Arabien ein Thema in den USA: Umfragen ergaben, dass über 60 Prozent der Amerikaner den Saudis misstrauen und auch die US-Politik begann, sich neu zu orientieren: Riad hatte Washington Hilfe beim Irak-Krieg verweigert und war auch schon beim Krieg in Afghanistan sehr zurückhaltend gewesen. Und dann komplimentierte man die US-Truppen auch noch aus dem Land.

Geschwärzter Bericht

Die Sorgen der USA um das dringend benötigte saudische Erdöl - und damit die Rücksichtnahme auf Riad - waren mit dem Herannahen des Irak-Kriegs gesunken: Sollte Saudi-Arabien den Export verringern, dann würden die USA ja bald Zugriff auf das irakische Öl haben. Ganz abgesehen davon, dass die Saudis natürlich auf den Export angewiesen sind. In Riad verstand man die Zeichen: Man begann, sich um innere Reformen zu bemühen, terroristische Gruppen zu verfolgen und Bankkonten einzufrieren, von denen diese Gruppen unterstützt worden waren.

Die Maßnahmen Riads sind vielleicht zu wenige und kommen vielleicht zu spät. Deshalb wurden die Saudis im Kongressbericht über die Hintergründe des 11. September erwähnt. Es soll klare Verbindungen gegeben haben zwischen saudischen Regierungsvertretern und wenigstens einigen der Terroristen des 11. September. Das offizielle Washington war über soviel Offenheit erschrocken und ließ die belastenden Seiten des Berichts schwärzen. Denn ganz mit Riad brechen will man natürlich nicht. Vielleicht, weil die Dinge im Irak nicht so laufen wie erhofft.

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