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Wasserknappheit: Wie Berlin zur Schwammstadt werden soll

Anne-Sophie Brändlin
27. August 2025

Weil Hitze und Trockenheit zunehmen, will Berlin mehr Regenwasser sammeln und das Wassermanagement verbessern. Damit will die Stadt eine sogenannte Schwammstadt werden.

Luftaufnahme der Baustelle eines Wasserspeichers in Berlin, ein risiges rundes Loch aus Beton im Bode.
Mitten im Herzen von Berlin wird ein riesiger Wasserspeicher gebautBild: Sven Bock/Berliner Wasserbetriebe

Berlin liegt in einer trockenen Region Deutschlands und die Wasserversorgung ist jeden Sommer wieder Thema. Der menschengemachte Klimawandel verstärkt das Problem. Deswegen plant die Stadt eine sogenannte Schwammstadt zu werden. Das heißt: Regenwasser soll aufgefangen, gespeichert und bei Bedarf wieder abgegeben werden – wie bei einem Schwamm. 

Dazu baut die Stadt zunächst riesige unterirdische Becken, in denen Regenwasser gesammelt wird. Neun dieser Anlagen sind bereits fertiggestellt. Eine davon liegt unter dem Mauerpark, einem beliebten Treffpunkt im Bezirk Prenzlauer Berg, wo einst ein Teil der Berliner Mauer stand.

Riesige Wasserspeicher unter Berlin

Am größten Auffangbecken in der Stadt wird noch gebaut. Mit einer Tiefe von 30 Metern wird der runde Betonbau nach seiner Fertigstellung im Jahr 2026 fast 17.000 Kubikmeter Regenwasser fassen. Das entspricht etwa der Größe von sieben olympischen Schwimmbecken.

Blick ins Innere des Wasserspeichers unter dem Berliner MauerparkBild: Pedro Becerra/STAGEVIEW

Wenn es stark regnet und das Berliner Abwassersystem überzulaufen droht, wird das überschüssige Wasser in den Becken gespeichert. Anschließend wird es in eine Kläranlage gepumpt und erst dann wieder in die Kanäle und Flüsse Berlins, etwa die Spree, eingeleitet.

So wird verhindert, dass Fäkalien und Abwässer bei Starkregen in die Spree gespült werden, sagt Astrid Hackenesch-Rump, Sprecherin der Berliner Wasserbetriebe (BWB). Die BWB sind für die Trinkwasserversorgung sowie für das Abwasser-Management der Stadt verantwortlich.

"Bei diesem Programm geht es nicht nur um Ressourcenschonung und Trockenheit, sondern auch um die Vermeidung von Mischwasserüberläufen", so Hackenesch-Rump.

Kanalisation bei Starkregen überfordert

Sogenannte Mischwasserüberläufe treten in solchen Wassersystemen auf, in denen Regenwasser und häusliche Abwässer im selben Rohrnetz gesammelt werden. Diese Systeme waren ursprünglich dafür ausgelegt, das gesamte Abwasser zu einer Kläranlage zu leiten, bevor es in natürliche Gewässer eingeleitet wird.

Bei starken Regenfällen kann die Wassermenge, die in das System gelangt, jedoch dessen Kapazität übersteigen. In diesem Fall fließt das überschüssige Wasser - bestehend aus Regenwasser und unbehandeltem Abwasser - direkt in nahegelegene Flüsse.

Rund 2000 der 10.000 Kilometer Abwasserkanäle der Stadt sind Mischwassersysteme mit Überläufen an 180 Stellen. Die Überläufe sind Öffnungen im Abwassersystem, die in die Spree führen, erklärt Hackenesch-Rump.

Berlin hat ein sensibles Wassernetz, das bei Starkregen schnell überlaufen kannBild: Alex Anton/Zoonar/picture alliance

Wenn zu viel Regen die Fische sterben lässt

Im Vergleich zu anderen Städten sind Berlins Wasserwege relativ klein und das Wasser fließt dort vergleichsweise langsam. Das ist anders als beispielsweise in größeren Flüssen wie dem Rhein, im Westen Deutschlands, der durch Köln und viele andere Städte fließt. Er hat eine durchschnittliche Fließgeschwindigkeit von 2200 Kubikmetern Wasser pro Sekunde und kann sich daher recht schnell reinigen.

"In Berlin haben wir einen Durchfluss von weniger als zehn Kubikmetern pro Sekunde. Deswegen bleibt das, was da hineingeflossen ist, natürlich eine ganze Weile liegen", sagt Hackenesch-Rump. "Deshalb führen diese Abwasserüberläufe regelmäßig zu Fischsterben und Sauerstoffmangel in den Gewässern."

Doch den Berliner Wasserplanern wurde bald klar, dass die neuen Regenwasserbecken das Problem zwar eindämmen, aber nicht komplett beheben können. Der Grund: Die meisten Flächen Berlins sind bebaut, dort kann das Wasser nicht mehr in den Boden versickern oder von Pflanzen aufgesaugt werden. Stattdessen fließt es vom Beton oder Asphalt in die Kanalisation und kann sich dort mit anderem Abwasser vermischen. "Ein Prozent mehr Versiegelung führt zu drei Prozent mehr Überläufen", so Hackenesch-Rump.

Das Schwammstadt-Konzept: mehr als nur Wasserspeicher

"Das bedeutet, dass wir das Ziel, die Überschwemmungen zu reduzieren, zwar nicht erreichen konnten. Aber immerhin haben wir den Status quo beibehalten. Das heißt, wenn wir [die Becken] nicht gebaut hätten, wäre das Problem noch größer."

Der Berliner Senat und die Wasserbetriebe BWB haben deshalb eine sogenannte "Regenwasseragentur" gegründet. Die Agentur berät Stadtplaner bei der Gestaltung von begrünten Dächern und Gebäuden. Sie soll außerdem innovative Ideen für das Auffangen und Speichern von Regenwasser entwickeln, damit es sich nicht mit dem Abwasser vermischt.

Nicht nur für Insekten gut: Begrünte Dachflächen dienen auch als Wasserspeicher und kühlen die StadtBild: Andreas FranzXaver Süß

Zudem hat die Stadt Berlin ein Gesetz erlassen, das besagt, dass auf einem neuen Baugrundstück nur ein kleiner Teil des Regenwassers in die Kanalisation fließen darf. Der Rest muss entweder verdunsten oder im Boden versickern.

So wurde beispielsweise vor kurzem ein neuer Wohnblock mit einem großen Teich in einer kleinen Grünanlage gebaut, der das Regenwasser auffängt. Die Pflanzen helfen bei der Reinigung des Wassers, das dann für die Bewässerung verwendet werden kann. Begrünungsmaßnahmen wie diese tragen auch dazu bei, die Stadt abzukühlen und vor Überflutungen zu schützen.

"Um die Wasserkrise zu lösen, brauchen wir die Bereitschaft der Menschen, über Grenzen hinaus zu denken - und sei es nur über die eigene Grundstücksgrenze", so Hackenesch-Rump.

Adaptiert aus dem Englischen Jeannette Cwienk

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