Zehn bis zwölf Millionen Vögel tummeln sich im Wattenmeer. Viele vorübergehend, wenn sie während ihrer langen Reise ins Winterquartier hier rasten. Manche das ganze Jahr. Wir stellen unsere Favoriten vor.
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Schon mal etwas von der Pfuhlschnepfe gehört? Oder vom Säbelschnäbler? Sie gehören zu den Millionen von Vögeln, die im Wattenmeer zu finden sind. Die Zugvögel unter ihnen rasten im Wattenmeer, denn der Tisch ist reichlich gedeckt. Die Brutvögel kommen ins Watt, um ihren Nachwuchs großzuziehen. Und es gibt natürlich auch die heimischen Vögel, die das ganze Jahr im Wattenmeer zubringen. Egal ob temporär oder ganzjährig - Vogelliebhaber kommen im Wattenmeer in jedem Fall auf ihre Kosten.
Auf kurzen Beinen tippelt er durchs Watt und pickt stakkatohaft im Schlick nach Futter. Der Alpenstrandläufer ist der häufigste Zugvogel im Wattenmeer. Und es passiert leicht, dass man einen während eines Deichspaziergangs bei Ebbe entlang der Wasserkante als Begleiter hat.
Das Wattenmeer ist für den Alpenstrandläufer Rastplatz auf seinen langen Reisen ins Frühjahrs- bzw. Herbstquartier. Denn hier kann er sich ein richtiges Fettpolster anfressen. Er wiegt etwa 70 Prozent mehr, wenn er das Wattenmeer wieder verlässt.
Wieso der Alpenstrandläufer so heißt, obwohl die Alpen weit weg sind? Der Name kommt wohl daher, weil er auch in alpinen Gebieten Norwegens brütet, aber an den Küsten überwintert.
Der Knutt
Der Knutt ist kein Doppelgänger des Alpenstrandläufers. Vielmehr gehören beide zur gleichen Familie der Schnepfenvögel. Der Knutt ist Vielflieger, der bis zu 4000 Kilometer zurücklegt. Er brütet in der Arktis, in Nordsibirien.
Doch mittlerweile hat er ein wissenschaftlich belegtes Problem und das heißt Klimawandel. Der Frühling beginnt in der Arktis zwei Wochen früher als noch vor einigen Jahrzehnten. Doch die Knutts kommen nicht zwei Wochen früher an. Das bedeutet, dass die Jungvögel nicht genügend Futter bekommen. Sie schlüpfen oft erst, wenn das Angebot an Mücken und anderen Insekten jahreszeitlich bedingt schon wieder zurückgeht. Die Folge: Sie sind kleiner als normal und haben auch kürzere Schnäbel. Ein Problem, denn die Konkurrenz ums Futter ist groß.
Der Austernfischer
Es ist ein durchdringender, schriller Gesang zu hören? Dann ist es wohl ein Austernfischer. Er liefert nicht nur den Sound für die Insel Pellworm – so hat es der Deichgraf der Insel beschrieben – er gilt auch als Charaktervogel des ganzen Wattenmeeres. Roter Schnabel, rote Augen, rote Beine, dazu schwarz-weiß gefiedert, auch für den Laien ist der Austernfischer leicht zu erkennen.
Im Wattenmeer liegen die größten Brutgebiete des Vogels, gern auf Muschelbänken. Sobald die Jungvögel nach cirka 26 Tagen geschlüpft sind, werden sie noch etwa sechs Wochen durch ihre Eltern versorgt. Übrigens nicht unbedingt mit Austern, wie der Name nahelegt, sondern am liebsten mit Mies- oder Herzmuscheln.
Die Nonnengans
Sie macht den einen Freude und bereitet den anderen Leid. Naturfreunde mögen die imposante Erscheinung der Nonnengans, die sich mit einsilbigen, einem Hundebellen nicht unähnlichen Rufen, bemerkbar macht. So mancher Landwirt würde ihr hingegen lieber den Hals umdrehen, wenn die Gans sich in Scharen über seine Wintersaat hermacht. Seit Nonnengänse vor Jägern geschützt wurden, hat sich ihr Bestand nämlich enorm erholt.
Wenn sie nicht gerade auf den Ackerflächen unterwegs ist, tummelt sich die Nonnengas, die übrigens auch Weißwangengans genannt wird, zum Beispiel in Salzwiesen. Gern in Scharen, denn es handelt sich um ein sehr geselliges Tier.
Die Silbermöwe
Sie gehört natürlich zu unseren Favoriten, denn an der Silbermöwe kommt man einfach nicht vorbei. Sie ist in Europa und Amerika weit verbreitet und eben auch an den Küsten des Wattenmeeres zu finden. Dass es so viele gibt, hängt vielleicht auch mit ihren Fressgewohnheiten zusammen? Die Silbermöwe ist kein Gourmet: Würmer, Fische, aber auch Aas oder Eier von anderen Möwen … sie frisst so ziemlich alles.
Vogelliebhaber mögen ihre Flugkünste. Sie fliegt langsam und ausdauernd, das gibt ihr etwas Erhabenes. Dabei muss eine Silbermöwe keine langen Strecken zurücklegen, viele bleiben das ganze Jahr über im Wattenmeer.
Pendler der Tierwelt: Zugvögel
Viele Zugvögel sind bedroht: Umweltverschmutzung, Lebensraumverlust, Jagd, Stromleitungen und Klimawandel setzen ihnen zu. Am Weltzugvogeltag, machen die Vereinten Nationen darauf aufmerksam.
Bild: picture alliance/dpa
Im Winter hier, im Sommer dort
Milliarden Zugvögel pendeln jedes Jahr zwischen ihrem Sommer- und ihrem Winterwohnsitz. Viele Vögel überwintern auch in Deutschland - wie die Kraniche. Im Frühling fliegen sie wieder zu ihren Brutplätzen in Skandinavien. Aber viele Zugvögel sind inzwischen bedroht. Die Vereinten Nationen rufen jedes Jahr am Weltzugvogeltag zu ihrem Schutz auf.
Bild: picture alliance/dpa
Vorboten der Jahreszeiten
Sag mir, welche Vogelarten gerade da sind, und ich sage Dir, welche Jahreszeit es ist! Wenn die Graugänse in Deutschland ankommen, ist der Winter nicht weit. Wenn sie losfliegen, kommt der Frühling. Überwinternde Graugänse sind am Niederrhein sogar eine Attraktion: Es fahren dort regelmäßig Reisebusse mit Touristen vor, welche die Gänsescharen auf den Feldern bestaunen wollen.
Bild: picture-alliance/dpa
Langstrecken-Weltmeister
Den Sanderling mit seiner unnachahmlichen Art, an der Wasserlinie entlang zu tippeln, kann man an fast jedem Sandstrand der Welt sehen. Er wiegt nur 50 Gramm. Seine Wanderrouten gehören aber zu den längsten überhaupt: Er brütet in den arktischen Polargegenden und überwintert in den gemäßigten Breiten - manche Vögel fliegen aber sogar bis nach Südafrika, Südamerika oder Australien!
Bild: Jeroen Reneerkens
Wenn der Klapperstorch nicht mehr klappert
Auch der Weißstorch, "Klapperstorch" genannt, ist ein Zugvogel: Er brütet in Mitteleuropa und überwintert in Afrika. Er ist heute das Symbol für einen bedrohten Lebensraum. Langjährige Eingriffe des Menschen in die Natur hatten vielerorts seine Lebensgrundlagen zerstört. Sein Bestand erreichte in den 80er Jahren einen Tiefstand. Dank intensiver Schutzmaßnahmen gibt es jetzt wieder mehr Störche.
Bild: picture alliance/wildlife
Gehasst und verfolgt
Am Oberrhein trifft der Kormoran als Wintergast ab Spätsommer ein. Immer mehr der Vögel richten sich auch ganzjährig am Rhein ein und brüten dort in großen Kolonien. Kormorane ernähren sich hauptsächlich von Fischen, sehr zum Ärger der Fischindustrie. Der Mensch hat die Vögel daher von jeher verfolgt und getötet - auch heute noch. Sehr oft werden sie beispielsweise von Jägern geschossen.
Bild: AP
Tödlicher Zwischenstopp
Aufgrund unkontrollierter Jagd können manche Zugvögel ihre lange Reise gar nicht erst zu Ende führen. Auf Malta beispielsweise ist Vogeljagd Volkssport. Nirgendwo ist die Jägerdichte so hoch wie dort. Trotz EU-Richtlinien bleibt der massive Abschuss von Vögeln zum Spaß erlaubt. Ungünstig nur, dass sehr viele Zugvögel auf dem Weg von Europa nach Afrika und umgekehrt in Malta Halt machen...
Bild: picture-alliance/dpa/Komitee gegen den Vogelmord
Tod am Strommast
Jedes Jahr verunglücken weltweit Millionen Vögel an Stromleitungen und Strommasten. Vor allem größere Arten wie Störche und Greifvögel erkennen diese Hindernisse häufig zu spät und ziehen sich bei Kollisionen tödliche Verletzungen zu. Einige Strommasten sind zudem so konstruiert, dass auch Unfälle durch Stromschlag nicht selten sind. Markierungen und andere Vogelschutzmaßnahmen können helfen.
Bild: picture-alliance/dpa
An der Nordseeküste...
Der Austernfischer liebt die Küste: Er brütet in unmittelbarer Ufernähe. Vor allem an der Nordsee ist er im Sommer häufig anzutreffen - man sieht ihn dort im Wattenmeer herumstochern. Sein Bestand nimmt aber ab. Er gilt als eine der Arten, die vom Klimawandel besonders betroffen wären: Wenn der Meeresspiegel steigt oder es öfter zu Hochwasser kommt, würden seine Gelege vernichtet.
Bild: picture-alliance/dpa
Überlebensfaktor saubere Küsten
Die Amerikanische Zwergseeschwalbe brütet an Küsten Nordamerikas, etwa am Golf von Mexiko. Für solche Vogelarten bedeuten Ölkatastrophen wie nach der Explosion der Plattform Deepwater Horizon eine besonders große Gefahr: Eine Ölpest in seinem Brutgebiet könnte unter Umständen gleich eine ganze Generation der Vögel dahinraffen.
Bild: AP
Ständig auf Achse
Albatrosse wie der Wanderalbatros können mit ihrer Flügelspannweite von bis zu 3,5 Meter sehr weite Strecken zurücklegen. Sie verbringen den größten Teil ihres Lebens im Flug über dem Meer, es sei denn, sie brüten gerade. Die Fischerei mit Langleinen wurde dem Albatros zum Verhängnis: Die Vögel beißen sich an den Haken der Leinen fest und ertrinken elendig, wenn diese mit ihnen untergehen.
Bild: picture-alliance/dpa
Zugvögel verstehen lernen
Noch immer wissen Vogelforscher recht wenig über die Wanderrouten und Zugbewegungen von Zugvögeln. Um mehr Informationen darüber zu sammeln, legen Ornithologen und ihre Helfer einigen Vögeln Ringe um den Fuß. In unterschiedlichen Ländern halten Vogelfreunde nach beringten Individuen Ausschau und melden ihre Beobachtungen an eine Beringungszentrale.
Bild: WMBD
Ein Tag für die Zugvögel
Schützt die Zugvögel, wir brauchen sie! Dazu rufen die Vereinten Nationen jedes Jahr am Tag des Zugvogels auf. Weltweit finden beispielsweise Vogelbeobachtungen in der Gruppe statt. Denn Zugvögel sind nicht nur wichtig für das Ökosystem, sondern bereichern auch die Welt des Menschen ganz erheblich.