Wechsel in Polens Präsidialamt: Duda geht, Nawrocki kommt
1. August 2025
Die zehnjährige Amtszeit von Präsident Andrzej Duda endet am 6. August. An diesem Tag wird sein Nachfolger Karol Nawrocki vor den beiden Kammern des polnischen Parlaments - Sejm und Senat - vereidigt. Das höchste Staatsamt in Polen bleibt damit unter Kontrolle des rechtskonservativen Lagers und dessen Anführer, des Vorsitzenden der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski.
Als im Sommer 2015 der völlig unbekannte Jurist Duda die Wahl gegen den Favoriten - den amtierenden Präsidenten Bronislaw Komorowski - gewann, gaben ihm viele, sowohl in Polen als auch im Ausland, einen Vertrauensvorschuss. Denn im Vergleich zu Kaczynski, der eigentlich kandidieren sollte, aber aus wahltaktischen Gründen im Hintergrund blieb, schien Duda aufgeschlossen und kompromissbereit.
Auch in Deutschland rechnete man mit guter Zusammenarbeit mit dem neuen Staatsoberhaupt, dessen Wahlkampf frei von antideutschen Akzenten war. Duda wählte Berlin - nach einem ersten Besuch in Estland - zum zweiten Ziel seiner Auslandsreisen und kam bereits am 28. August 2015 in die deutsche Hauptstadt. Bei Gesprächen mit Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel war viel von der Vertiefung der deutsch-polnischen Freundschaft die Rede.
Doch schnell stellte sich heraus, dass Duda ein "willenloses Werkzeug" (Historiker Tomasz Nalecz in der Wochenzeitschrift Polityka) von Kaczynski war. Von der Opposition und vielen Medien wurde der konservative Jurist als "Kugelschreiber" und "Notar" bezeichnet, weil er fast alle Gesetze, welche die seit Herbst 2015 regierende PiS vorlegte, unterzeichnete.
Duda spielte eine Schlüsselrolle bei der Unterwerfung der Justiz unter politische Kontrolle der Rechtskonservativen - einem Kernprojekt von Kaczynski. Der Präsident weigerte sich, drei vom alten Parlament gewählte Richter des Verfassungsgerichts zu ernennen. Stattdessen ernannte er die von der PiS im neuen Sejm rechtswidrig gewählten Ersatzrichter.
Es folgten weitere Gesetze, die die polnische Justiz im Sinne der konservativen Revolution umkrempelten, was sowohl der Gerichtshof der EU als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kritisierten. Duda sei "Geburtshelfer der Zerstörung der Rechtsstaatlichkeit", urteilte der Richter und Europaabgeordnete Michal Wawrykiewicz, der seit 2015 gegen die Politisierung der Gerichte kämpfte. Duda habe systematisch die Verfassung gebrochen, sagte der Richter dem TV-Sender TVP Info am Donnerstag (31.07.2025).
Hetze gegen LGBTQ, Skepsis gegenüber der EU
Mit der Zeit radikalisierte sich Duda immer mehr. Bei der Wiederwahl 2020 hetzte er auf Wahlveranstaltungen gegen sexuelle Minderheiten. LGBTQ seien "keine Menschen, sondern eine Ideologie, die den Menschen stärker zerstört als der Kommunismus", behauptete er. Die Europäische Union nannte er eine "imaginäre Gemeinschaft". Statt auf Berlin setzte er inzwischen ganz auf das Militärbündnis mit Trumps Amerika.
Duda schwieg, als Kaczynski seine antideutschen Vorurteile zum Fundament seiner Außenpolitik machte. Der PiS-Chef unterstellte Berlin, ein "Viertes Reich" errichten zu wollen, um Polen zu seinem Vasallen zu machen.
In Dudas zehnjähriger Amtszeit gab es auch hellere Momente. Dazu gehörte ohne Zweifel sein schnelles und entschlossenes Engagement für die Ukraine nach dem russischen Überfall im Februar 2022. Als die Bundesregierung noch über die Lieferung von Schutzhelmen nach Kyjiw diskutierte, organisierte Duda bereits militärische Hilfe für das angegriffene Nachbarland.
Verräter an den Galgen?
Nach der Parlamentswahl im Oktober 2023 spielte Duda eine destruktive Rolle. Er blockierte die Bildung der Mitte-Links-Regierung unter Donald Tusk und beauftragte stattdessen den abgewählten Premier Mateusz Morawiecki mit der Regierungsbildung. Erst mit einigen Wochen Verzögerung konnte Tusk die Regierung übernehmen.
Am Ende seiner zweiten Amtszeit verschärfte Duda noch einmal seine Sprache und warf jeden Schein der Neutralität ab. In einem Youtube-Interview drohte er am 9.07.2025 ungehorsamen Richtern mit einem Berufsverbot ohne Recht auf Altersvorsorge. Er zitierte in dem Interview auch die Aussage eines von ihm nicht namentlich genannten Gesprächspartners in einer privaten Unterhaltung, derzufolge sich in Polen "Verrat und Streitsucht breit machen", weil man "seit langem wegen Verrats niemanden aufgehängt hat". Dieser Aussage stimmte Duda zu - er sagte: "Es ist schrecklich, aber diese Worte sind wahr."
Die radikalen Äußerungen des Präsidenten erklären die politischen Beobachter mit dem Frust wegen seiner fehlenden Zukunftsperspektiven. Mit seinen 53 Jahren gilt Duda als immer noch relativ jung. Doch seine politische Zukunft sieht eher düster aus. Seine Autorität in der PiS ist gering, so dass auf ihn keine attraktiven Parteiämter warten. In den internationalen Organisationen ist Duda mit seinen erzkonservativen Ansichten nicht gefragt.
Nawrockis Ziel: Tusks Regierung stürzen
Bei seinem Nachfolger Nawrocki gibt es nicht mal die schwache Hoffnung, die den Anfang der ersten Amtszeit von Duda begleiteten. Der rechtskonservative Historiker wählte zu seinem Motto "Polen und die Polen zuerst". Er macht keinen Hehl aus seiner EU-Skepsis und setzt auf ein enges Bündnis mit Trumps Amerika. In seinem Programm kündigte er an, sich weiterhin darum zu bemühen, von Deutschland Kriegsreparationen zu erhalten. Nawrocki ist fest entschlossen, zusammen mit der PiS die Mitte-Links-Regierung von Tusk zu Fall zu bringen, am besten noch vor der regulären Parlamentswahl im Herbst 2027.
Tusk hat keine Absicht, vorzeitig die Flinte ins Korn zu werfen. "Ich habe keine Zweifel, dass Nawrocki alles unternimmt, um die Regierung zu quälen", sagte der Premier am Mittwoch (30.07.2025) dem Fernsehsender TVN. "Das Staatsoberhaupt vertritt laut Verfassung den polnischen Staat, die Innen- und Außenpolitik macht aber die Regierung", stellte er klar und warnte den Neuling im Präsidentenpalast: "Ich lasse nicht zu, dass Herr Nawrocki die Regierung politisch demoliert."