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Wechselhafte deutsch-amerikanische Beziehungen

Daniel Scheschkewitz, Washington5. August 2005

Die deutsch-amerikanischen Beziehungen haben selten eine so wechselhafte Epoche erlebt wie unter der rot-grünen Bundesregierung. Die Eiszeit ist zwar gewichen – aber Interessensunterschiede bleiben.

Es geht doch: "Lächel"-Auftritt von Bush und SchröderBild: AP

Erste dunkle Wolken am Horizont der deutsch-amerikanischen Beziehungen gab es bereits im Mai 2002 beim Besuch Präsident Bushs in Berlin. Zwar bedankte sich der Präsident bei seiner Rede im Bundestag noch artig für die moralische Unterstützung der Deutschen nach den Terroranschlägen des 11. Septembers, doch auf den Straßen der deutschen Hauptstadt wurde bereits heftig gegen ihn demonstriert und im Reichstag wurde seine Rede von "Raus-Rufen" einiger Abgeordneter unterbrochen.

Demonstration gegen US-Präsident George Bush in Mainz am 23.2.2005Bild: AP

Grund für die heraufziehende Verstimmung im deutsch-amerikanischen Verhältnis war der Irak, den Bush immer deutlicher als Bedrohung für die freie Welt an den Pranger stellte. Bush in Berlin: "Ich weiß, manche tun so, als sei die Gefahr nicht real. Ich sage Ihnen sie ist sehr real und eine Gefahr für alle, die die Freiheit lieben. Aber wir werden uns damit auseinander setzen."

Wahlkampf-Thema

Als die Kriegsdrohungen in Washington immer unverhohlener werden, bringt Schröder das Thema an prominenter Stelle in den Bundestagswahlkampf ein. An einem Abenteuer im Irak werde sich Deutschland unter seiner Führung nicht beteiligen. Begleitet wird das ganze von unschönen Äußerungen anti-amerikanischer Tonart, die in einem Bush-Hitler-Vergleich der damaligen Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin gipfeln. Im Weißen Haus reagiert man empört und selbst neutrale Beobachter wie der US-Professor für deutsche Zeitgeschichte, Gerald Livingstone, meinte damals: "Das war eine sehr dumme Bemerkung. Eine groteske Übertreibung. Und die empörte Reaktion des Weißen Hauses ist, wie ich finde, angemessen. Ich glaube diese ungeheuerliche Bemerkung wird den Beziehungen schaden, denn Bush nimmt so etwas sehr persönlich."


U.S. Verteidigungsminister Donald H. RumsfeldBild: AP

Da nützte es auch nichts mehr, dass Däubler-Gmelin dem neuen Kabinett Schröder nicht mehr angehörte. Die Retourkutsche kam prompt. An vorderster Front der verbalen Scharmützel: Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Er nannte Deutschland wegen seiner Opposition zum Krieg in einem Atemzug mit Libyen und Kuba und beförderte es zusammen mit Frankreich auf das Altenteil der Geschichte: "Wenn Sie an Europa denken, denken sie an Deutschland und Frankreich. Ich nicht. Ich glaube, dass ist das alte Europa."

Fischers Mühe

Darauf hatte Bundesaußenminister Joschka Fischer, der sich seither redlich um eine Wiederannäherung in den deutsch-amerikanischen Beziehungen bemüht hat, nur eine Reaktion parat: "Dazu kann man nur sagen. Beruhigt euch!" Doch in der Sache blieb die rot-grüne Bundesregierung hart, eine Zustimmung zum Irakkrieg verweigerte man der US-Regierung in der UNO ebenso wie später auf dem Schlachtfeld und beim Wiederaufbau im Irak.

Die Bundeswehr ist Teil der internationalen Schutztruppe ISAF in AfghanistanBild: AP

Inzwischen haben sich Amerika und Deutschland wieder zusammengerauft. Die Amerikaner bringen ihre Wertschätzung für das deutsche Engagement in Afghanistan zum Ausdruck und selbst der scharfzüngige Rumsfeld erklärte anlässlich eines Besuch von Verteidigungsminister Struck im Pentagon, das Verhältnis schon vor zwei Jahren wieder für "entgiftet".

Charme-Offensive

Dass die rot-grüne Bundesregierung die diplomatische Wiederannäherung suchte, erwies sich im November 2004 als klug, als Präsident Bush erneut zum Präsidenten gewählt wurde. Bush besann sich gleich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit auf den Wert der transatlantischen Beziehungen für Amerika und ließ seine Europavisite im Februar 2005 zu einer regelrechten Charme-Offensive geraten. Das bilaterale Verhältnis gilt nun auch offiziell – trotz der fortbestehenden Meinungsunterschiede etwa bei Themen wie dem globalen Umweltschutz – als bereinigt.

Schröder zu Besuch im Weißen Haus im Juni 2005Bild: AP

Dennoch ist längst nicht wieder alles beim Alten. Das haben jüngst die deutschen Bemühungen um einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat gezeigt. Außenminister Joschka Fischer holte sich im Mai eine diplomatisch verbrämte aber in der Sache deutliche Abfuhr, als er die Unterstützung Washingtons für das historische Anliegen der rot-grünen Bundesregierung erbat. Und auch der Bundeskanzler konnte bei seinem letzten Besuch in Washington im Juni nicht gerade behaupten, dass Präsident Bush ihm Glück für den bevorstehenden Wahlkampf gewünscht hätte. Immerhin: "Er hat mir Glück gewünscht für mein Leben", sagte Schröder.

Wie sich die Beziehungen zu einer CDU-geführten Bundesregierung entwickeln würden, ist eine offene Frage. In Washington hat man durchaus registriert, dass die CDU-Kanzlerkandidatin, Angela Merkel, anders als Edmund Stoiber vor drei Jahren, ihren Wahlkampf nicht für einen Besuch in Washington unterbrechen wird.

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