Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat sämtliche Einwände Myanmars gegen eine Klage zurückgewiesen. Damit kann der Prozess vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen starten.
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Mit dem Vorwurf des Völkermords an der muslimischen Rohingya-Minderheit in Myanmar hatte das westafrikanische Land Gambia das Verfahren beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag eingeleitet. Eine Beschwerde des Militärregimes des südostasiatischen Landes dagegen wurde nun von dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen in allen Punkten zurückgewiesen. Vertreter der Militärführung hatten erklärt, dass das Gericht nicht zuständig sei.
Start des Hauptverfahrens unklar
Damit kann der Völkermord-Prozess gegen Myanmar beginnen. Wann nun das Hauptverfahren beginnen wird, ist noch nicht festgelegt. Prozesse vor dem Internationalen Gerichtshof können sich über Jahre hinziehen.
Myanmar hatte argumentiert, dass Gambia nicht als Kläger auftreten dürfe. Es sei in dieser Sache nicht selbst betroffen und fungiere nur als Vertreter der Organisation für Islamische Zusammenarbeit, die selbst keine Klage einreichen dürfe. Doch das Gericht sah keine rechtliche Grundlage für diese Einwände.
Das Militär in Myanmar soll 2017 Tausende Angehörige der Rohingya ermordet, Frauen und Kinder vergewaltigt, Dörfer dem Erdboden gleichgemacht und Menschen lebendig in ihren Häusern verbrannt haben. Mehr als 700.000 Rohingya flohen ins Nachbarland Bangladesch.
Pflicht zum Schutz der Rohingya
Es ist bereits die zweite Niederlage Myanmars in diesem Verfahren. Schon vor etwa zwei Jahren hatte das UN-Gericht in einem Zwischenurteil den Klägern recht gegeben und Myanmar zum sofortigen Schutz der Rohingya verpflichtet. Die damals amtierende Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin, Aung San Suu Kyi, hatte in Den Haag alle Vorwürfe zurückgewiesen. Sie wurde nach dem Putsch von 2021 inhaftiert.
Nach Ansicht von Rechtsaktivisten und Menschenrechtlern hat es jedoch keinen nennenswerten Versuch gegeben, die systematische Verfolgung der muslimischen Minderheit zu beenden. Den Rohingya wird immer noch die Staatsbürgerschaft und die Bewegungsfreiheit in Myanmar verweigert. Zehntausende sind seit einem Jahrzehnt in elenden Vertriebenenlagern eingesperrt.
uh/rb (dpa, afp, rtr)
Die vergessene Katastrophe der Rohingya
2017 ging das Militär in Myanmar brutal gegen die Volksgruppe der Rohingya vor: Tausende starben, Hunderttausende flohen. Die Welt dürfe die humanitäre Katastrophe der Rohingya nicht vergessen, mahnen nun die UN.
Bild: ED JONES/AFP
Von der Welt vergessen?
Hinter ihnen liegt eine gefährliche Reise durch die Andamanen-See: Aus Myanmar geflüchtete Rohingya verlassen an einem indonesischen Strand ihr Boot. Am Dienstag riefen die UN dazu auf, das Schicksal der Rohingya nicht zu vergessen - und zu spenden. Mehr als 880 Milliarden Dollar brauchen die Vereinten Nationen, um die humanitäre Hilfe für 1,4 Millionen Geflüchtete zu finanzieren.
Bild: CHAIDEER MAHYUDDIN/AFP/Getty Images
Fürs Leben gezeichnet
Eine nach Bangladesch geflüchtete Mutter hält ihr von Narben übersätes Kleinkind im Arm. In ihrer Heimat Myanmar werden Angehörige der Rohingya brutal verfolgt: Das Militär soll 2017 Tausende Menschen ermordet, Frauen und Kinder vergewaltigt, Dörfer dem Erdboden gleichgemacht und Menschen in ihren Häusern verbrannt haben.
Bild: AFP
Exodus eines Volkes
Mehr als 700.000 Menschen flohen daraufhin, vor allem ins Nachbarland Bangladesch. Rund 600.000 Rohingya sind im südwestlichen Bundesstaat Rakhine in Myanmar geblieben, wo sie zumeist in bitterer Armut leben. Im März 2022 stuften die USA die Gewalt gegen die Rohingya formell als "Völkermord" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ ein.
Bild: KM Asad/ZUMAPRESS/picture alliance
Bittere Tränen
Eine Rohingya weint, nachdem sie mit ihrem Baby den Naf-Fluss und damit die Grenze zwischen Myanmar und Bangladesch überquert hat. Die Eskalation 2017 kam nicht überraschend: Die muslimische Minderheit der Rohingya ist im mehrheitlich buddhistischen Myanmar seit Jahrzehnten staatlicher Verfolgung und Gewalt ausgesetzt.
Bild: AFP
In Sicherheit
Eine erschöpfte Frau berührt den Boden Bangladeschs nach ihrer Flucht aus Myanmar. Dort gelten die Rohingya offiziell als staatenlos: Die Regierung betrachtet sie als illegale Einwanderer, obwohl viele von ihnen seit Generationen in Myanmar leben. Die UN haben die Rohingya als eine besonders stark verfolgte Volksgruppe eingestuft, die praktisch keinerlei Verbündete habe.
Bild: Danish Siddiqui/REUTERS
Ausuferndes Elend
Ein Luftbild von Dezember 2020 lässt die Ausmaße des Kutupalong-Flüchlingslagers in Ukhia erahnen. Seit Beginn der Militäroffensive gegen die Rohingya 2017 hat das Nachbarland Bangladesch rund 850.000 geflüchtete Rohingya aufgenommen.
Bild: AFP/Getty Images
Knietief im Dreck
Auch fünf Jahre nach dem Genozid und der Flucht aus ihrer Heimat leben die meisten Geflüchteten in Bangladesch im Elend. Hier reinigen Männer im März 2022 einen selbstgegrabenen Abwasserkanal im Kutupalong-Flüchtlingscamp.
Bild: MUNIR UZ ZAMAN/AFP
Kindheit hinter Stacheldraht
Ein Junge wartet an der Grenze zwischen Myanmar und Bangladesch. Der Organisation Save the Children zufolge haben Rohingya-Kinder nicht nur in ihrer Heimat Myanmar, sondern auch als Geflohene in anderen asiatischen Ländern kaum Zugang zu Bildung und Rechtsschutz. Sie seien "die am meisten verfolgten Kinder der Welt" und besonders gefährdet, Opfer von Kinderarbeit und Menschenhandel zu werden.
Bild: YE AUNG THU/AFP
Unbeschwerter Moment
Rohingya-Kinder kühlen sich im Kutupalong-Flüchtlingscamp in einem Teich ab. Nicht nur ihre Freizeit-, sondern auch ihre Bildungsmöglichkeiten sind beschränkt: Reguläre Schulen dürfen sie nicht besuchen, UNICEF unterhält in den Lagern eigene Schulen, jedoch nur für Kinder im Alter von vier bis 14 Jahren. Ältere Schülerinnen und Schüler müssen Privatschulen in den Siedlungen besuchen.
Bild: MUNIR UZ ZAMAN/AFP
Verbrannte Chancen
Ein Mädchen steht vor einem verbrannten Flüchtlingslager. Ein weiterer Schlag für die Bildungschancen der Rohingya-Kinder in den Lagern wurde Ende März 2022 bekannt: Bangladesch hat die größte Privatschule für Rohingya-Kinder schließen lassen. Zur Begründung hieß es, es habe keine offizielle Genehmigung zum Betrieb der Schule gegeben.
Bild: KM Asad/dpa/picture alliance
Licht und Schatten
Trotz aller Härte und Widrigkeiten ist vor allem für die Kinder der Rohingya das Leben als Vertriebene längst Normalität - und sie machen das Beste aus ihrer Situation. Hier lassen einige von ihnen im Hakimpara-Flüchtlingslager in Bangladesch Drachen in den Abendhimmel steigen.
Bild: DIBYANGSHU SARKAR/AFP
Ein buntes Stück Normalität
Ein Mann verkauft farbenfrohe Ballons im Balukhali-Flüchtlingslager in Bangladesch. Doch die Schicht der Normalität ist dünn: Bangladesch hat bereits Tausende geflüchtete Rohingya aus den überfüllten Camps auf eine abgelegene, von Überschwemmungen bedrohte Insel im Golf von Bengalen umgesiedelt, 100.000 sollen es insgesamt werden. Gegen die Lebensbedingungen auf der Insel gab es bereits Proteste.
Bild: MUNIR UZ ZAMAN/AFP/Getty Images
Gestrandet
Polizisten patrouillieren am Strand von Shamlapur in Bangladesch, einem Hotspot für den Schmuggel Geflüchteter. Eine dauerhafte Lösung für die Rohingya ist weder in Myanmar noch in Bangladesch in Sicht: Ihre Rückführung nach Myanmar ist angesichts der dort herrschenden Militärjunta unwahrscheinlich. Diese verfolgt Minderheiten brutal und verweigert den Rohingya nach wie vor die Staatsbürgerschaft.