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Politik

Papst Franziskus - schlichte Feier für neue Kardinäle

27. November 2020

Das Kardinalskollegium wird globaler und vielsprachiger. Nie zuvor waren so viele Länder im Kreis der Kardinäle vertreten, die im Falle einer Papstwahl teilnehmen dürften.

Vatikan | Kardinalswahl | Symbolbild
Bild: Tiziana Fabi/AFP/Getty Images

Vieles wird anders als sonst. An diesem Samstag nimmt Papst Franziskus 13 Männer in den Kardinalsstand auf. Normalerweise ist das eine für vatikanische Verhältnisse geradezu bunte Feier in einem vollbesetzten Petersdom, in dem auch Gäste in Trachten und mit Nationalfahnen zu sehen sind. Und weil die eigentliche Kardinalserhebung keine Messfeier und keine Liturgie ist, wird auch mal gejubelt oder frenetisch geklatscht. Und jeder der "neuen" Purpurträger geht, nachdem ihm Papst Franziskus Ring, Birett und Urkunde - die Insignien des Kardinalsamtes - überreicht hat, durch die Reihen der zahlreich versammelten weiteren Kardinäle zur Gratulationscour - hier ein Händedruck, dort eine freundschaftliche Umarmung.

Nun in Corona-Zeiten wird die größte katholische Kirche der Welt nur spärlich gefüllt sein. Die großen Gratulationen während und nach der Feier fallen weg. Und zwei der neuen Kardinäle, der philippinische Erzbischof Jose Advincula und Bischof Cornelius Sim in Brunei, nehmen nur aus der Heimat per Livestream an der Feier teil.

Brunei, Malta, Ruanda

Und trotzdem: Mag der feierliche Rahmen für die neuen Kardinäle auch ganz anders ausfallen, so geht Franziskus seinen Weg der Ausgestaltung des Kardinalskollegiums konsequent weiter. Damit prägt er auch ein mögliches Konklave, das eines Tages seinen Nachfolger bestimmen würde. An einem Konklave dürfen Kardinäle teilnehmen, die noch nicht 80 Jahre alt sind - das gilt für neun der 13 Neuen.

Das letzte Konsistorium, wie die Feier der Kardinalserhebung in der Kirchensprache heißt, fand im Oktober 2019 statt.Bild: Andrew Medichini/AP Photo/picture alliance

Künftig kommen die nun 128 Papstwähler somit aus weltweit 70 Ländern - damit internationalisiert der Papst diesen Kreis weiter. Im Jahr 2005 kamen die Kardinäle, die den Nachfolger von Johannes Paul II. wählten, aus 52 Ländern. Acht Jahre später waren es Vertreter aus nur mehr 48 Ländern, die nach dem Rücktritt von Benedikt XVI. abstimmten - und sich für den Argentinier Jorge Mario Bergoglio entschieden.

Seitdem sind auch Länder wie Marokko, Mali und Madagaskar, Mauritius und Papua-Neuguinea, Tonga und die Kapverden, die Zentralafrikanische Republik und Myanmar im Kreis der möglichen Papstwähler vertreten. Und nun kommen noch Brunei, Malta und Ruanda hinzu.

Franziskus hat dafür gesorgt, dass die Europäer nicht mehr die absolute Mehrheit der potenziellen Papstwähler stellen. 2013 kamen 52 Prozent der Konklave-Teilnehmer vom "alten Kontinent", heute wären es 42 - und damit immer noch überdurchschnittlich viel, denn nur 24 Prozent der Katholikinnen und Katholiken weltweit leben in Europa. Auch den Anteil der Kardinäle aus Nordamerika reduzierte Franziskus. Dagegen stärkte er die Präsenz aus Asien und dem pazifischen Raum, aus dem südlichen Afrika, aus Lateinamerika und der Karibik.

"Globale Kirche"

Für den Kirchenhistoriker Massimo Faggioli ist diese Internationalisierung vor allem als symbolischer Schritt wichtig. "Es ist eine Umkehr der Re-Europäisierung des Kardinalskollegiums, die es unter Papst Benedikt gab", sagt Faggioli der Deutschen Welle.

Er spricht von wachsender "Repräsentation für die globale Kirche", die aber tendenziell auf ein Konklave beschränkt bleibe, "wenn Franziskus das Kardinalskollegium nicht als ein Gremium reaktiviert, das sich regelmäßig trifft und vom Papst konsultiert wird". Benedikt wählte diese Beratungsform im Kreis aller Kardinäle häufiger als Franziskus.

Papst Franziskus begrüßt den zurückgetretenen Papst Benedict XVI bei einem Konsistorium im Jahr 2014Bild: L'Osservatore Romano/AP PHoto/picture alliance

Welcher Kleriker-Typ ist das so, der unter Franziskus Kardinal wird? Relevant sei, sagt Faggioli, was der Wirkungsort des jeweiligen Kardinals "über die Zukunft der Kirche sagt: eine Minderheit unter den Minderheiten, im Dienst der Menschheit und nicht nur der Katholiken, weit weg von Rom, nicht auf Tradition oder politische Macht angewiesen, sondern auf Zeugnis". Und ein Punkt, den der Historiker nennt, widerspricht dem Klischee, das man in Europa von Franziskus pflegt: Die von ihm ernannten Kardinäle seien "nicht unbedingt liberal oder fortschrittlich nach westlichen politischen Kategorien", so Faggioli.

Siena statt Mailand

Kein großes Kriterium für die Kardinalswürde ist es nach Einschätzung Faggiolis übrigens, ob der Bischofssitz eine Großstadt sei oder eine wichtige Rolle in der Geschichte der Kirche gespielt habe. So gehen die Bischofsstühle von Mailand, Venedig und Turin, deren Erzbischöfe in früheren Jahrzehnten meist auch Kardinäle waren und als "papabile", als mögliche künftige Päpste, galten, seit Jahren leer aus, wenn es um neue Kardinäle geht.

Fünf Italiener, darunter drei unter 80, bekommen nun den Kardinalspurpur. Statt der Traditions-Orte werden nun unter anderem der Bischof von Siena bedacht, der sich sehr für Migranten engagiert, und der Obere der Franziskaner von Assisi.

Die Wahl des US-Amerikaners Wilton Gregory (rechts) ist ein echtes NovumBild: Terry Ashe/AP Photo/picture alliance

Für die USA ist die Ernennung des Erzbischofs von Washington zum Kardinal spektakulär. Der in Chicago geborene Wilton Gregory (72) ist der erste US-Afroamerikaner, der Kardinal wird. Gelegentlich gilt er als "Obama der US-Kirche". Seit Mai 2019 führt Gregory das Hauptstadtbistum und gehörte zu jenen, die auch mal Präsident Trump widersprachen. Die größere Last erwartete ihn in Washington aber im kirchlichen System: Auch seine beiden Vorgänger gehörten zum Kreis der Papstwähler – aber beide strauchelten über schlimmste Fälle von sexuellem Missbrauch oder über dessen Vertuschung.

Das gleiche gilt übrigens für den neuen chilenischen Kardinal Celestino Aos Braco (75). Seit März 2019 wirkt er im Hauptstadt-Erzbistum Santiago de Chile. Seine beiden Vorgänger waren beide Kardinäle, sie sind beide wegen der Vertuschung von Missbrauch in der Kritik und hatten beide mit der Justiz des Landes zu tun.

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