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Wege aus dem Plastikmüll

Daniela Späth16. April 2014

Rund 200 Tüten verbraucht jeder EU-Bürger im Schnitt pro Jahr. Zu viel, findet die EU und will Plastiktüten verbieten. Doch Plastikmüll ist nicht nur in Europa ein Problem, sondern auch in vielen Schwellenländern.

Weggeworfene Plastiktüten auf einer Wiese Foto: Patrick Pleul
Bild: picture alliance/ZB

Sie lebt im Durchschnitt nur 25 Minuten. Dann landet sie mit ihresgleichen meist auf der Müllhalde. Das ist das Schicksal vieler Plastiktüten. Eine Billion Stück - auf diese Zahl schätzt die Deutsche Umwelthilfe den jährlichen weltweiten Verbrauch an Plastiktüten. Nur rund zehn Prozent werden recycelt.

Allein im Jahr 2010 wurden in Europa nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe insgesamt 750.000 Tonnen Einweg-Plastiktüten produziert. Das entspricht dem Gewicht von 625.000 Pkws. Besonders schlimm daran: Plastik braucht üblicherweise mehrere hundert Jahre, bis es vollkommen verrottet ist, während ein Busticket aus Papier beispielsweise nur wenige Wochen braucht. Sogar eine Blechdose braucht nach Angaben der Internationalen Seeschiffahrts-Organisation nur rund hundert Jahre, um vollständig zu zerfallen.

EU-Kommission fordert weniger Plastiktüten!

Die EU-Kommission will den Plastikmüll nun eindämmen. Umweltkommissar Janez Potocnik fordert, dass die EU-Staaten künftig Plastiktüten sogar verbieten können. Der bisherige Plan: Der Verbrauch von leichten Tüten soll in den nächsten fünf Jahren um 80 Prozent gesenkt werden. "Plastiktüten sind ein Symbol unserer Wegwerfgesellschaft", sagt Potocnik. "Wir nutzen sie nur kurz, aber sie belasten die Umwelt über Jahrhunderte."

Am 16. April 2014 haben die Parlamentarier in Straßburg über einen genauen Gesetzesentwurf abgestimmt. Eine endgültige Einigung mit den nationalen Regierungen muss allerdings erst noch erreicht werden. Das soll nach den Europawahlen - möglicherweise noch in diesem Jahr - angegangen werden.

Wie klimaschädlich sind Plastiktüten?

01:33

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Aber nicht nur Europa hat mit Plastikmüll zu kämpfen. Vor allem aufstrebende Länder rücken in den Fokus. Je reicher ein Land wird, desto größer wird üblicherweise seine Müllproduktion, weil mehr Produkte hergestellt werden. Benjamin Bongardt, Leiter des Bereichs Ressourcenpolitik beim Naturschutzbund Deutschland, sagt, dieses Phänomen sei typisch für asiatische Schwellenländer.

Länder wie Indonesien oder die Philippinen hätten zwar genug Geld, um viel zu produzieren, aber dort fehle oft noch eine Entsorgungsstruktur. Die energetische Verwertung von Plastikmüll - wie durch Verbrennung - sei für viele Länder zu teuer, ergänzt Ellen Gunsilius von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), zuständig für Konzepte nachhaltiger Abfallwirtschaft.

Vor allem Städte haben ein Müllproblem

Besonders schlimm trifft es in den Schwellenländern die Städte. Daniel Hoornweg von der University of Ontario, USA, und seine Kollegen schreiben im Fachmagazin "Nature", dass ein Stadtbewohner doppelt so viel Müll produziere wie ein Landbewohner. Abfalldeponien wie in Laogang in Shanghai (China) und Bordo Poniente in Mexiko-Stadt (Mexiko) konkurrieren um den Titel der weltgrößten Müllhalde. Auf jeder von ihnen landen schätzungsweise 10.000 Tonnen Müll pro Tag.

Auf großen Müllhalden - wie hier in Brasilien - landen pro Tag rund 10.000 Tonnen MüllBild: picture-alliance/landov

Auch Kigali, die Hauptstadt Ruandas, hatte jahrelang mit Plastikmüll zu kämpfen. Die Plastiktüten lagen überall herum, verschmutzten die Straßen, verstopften die Abflüsse. Heute gehört Kigali zu den saubersten Städten Afrikas. Die Vereinten Nationen zeichneten sie vor fünf Jahren mit dem "Habitat Scoll of Honor"-Award für ihre "Null-Plastik-Toleranz"-Politik aus.

Wer heute nach Ruanda einreist, muss sich auf genaue Gepäckkontrollen gefasst machen. Alle Plastiktüten werden eingesammelt und sofort entsorgt. "In Ruanda scheint diese Taktik zu funktionieren, aber auch nur, weil sie mit einem großen Kontrollaufwand verbunden ist. Steuern auf Tüten wie in Dänemark und Finnland scheinen dennoch effektiver zu sein", sagt Gunsilius.

Irland setzt auf Plastiktütensteuer

Als europäisches Beispiel geht Irland voran, dessen Regierung eine Steuer in Höhe von 22 Cent pro Plastiktüte durchsetzte. "Die Steuern waren nicht dazu da, um mehr Steuereinnahmen zu erzielen, sondern um das Verhalten der Bürger zu lenken. Seit der Einführung der Tütensteuer werden dort viel weniger Plastiktüten produziert", erklärt Bongardt. Der Plastiktütenverbrauch pro Kopf sank von 328 Tüten im Jahr auf aktuell 20. Zum Vergleich: Der EU-Durchschnitt liegt laut einer Studie der EU-Kommission bei 198 Tüten.

In Mexiko-Stadt hat die Politik Plastiktüten verboten. Ladenbesitzer müssen eine Geldstrafe zahlen, wenn sie Gratistüten an ihre Kundschaft vergeben. Thomas Ficher, Leiter für den Bereich Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, sieht das Verbot jedoch kritisch: "In Mexiko-Stadt gibt es zwar ein Gesetz, aber das wird in der Praxis oft nicht umgesetzt. Hier fehlen eindeutig die Kontrollen."

Wie könnte man Plastikmüll vermeiden?

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Auch Gunsilius ist der Ansicht, dass Verbote allein oft nicht ausreichen: "In vielen Ländern fehlt das Bewusstsein für den Schaden, den Plastikmüll anrichten kann. Deshalb sehen viele Länder nicht unbedingt eine Notwendigkeit, Plastiktüten zu reduzieren. Verbote oder auch Steuern greifen besser, wenn Bevölkerung und Industrie sie auch akzeptieren."

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