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Weißrussische Opposition errichtet Zeltlager

21. März 2006

Die Opposition in Weißrussland will sich nach dem umstrittenen Wahlsieg von Präsident Alexander Lukaschenko nicht geschlagen geben. Aus dem Ausland gab es erneut Forderungen nach Sanktionen.

Demonstranten am Dienstag in MinskBild: AP
Alexander Milinkewitsch bei der zentralen DemonstrationBild: AP

Ungeachtet weiterer Festnahmen hat die Opposition in Weißrussland ihren Protest gegen die Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko verstärkt und ein Zeltlager in Minsk errichtet. Oppositionsführer Alexander Milinkewitsch und 300 bis 400 seiner Anhänger trotzten Sicherheitskräften und eisiger Kälte und harrten bis Dienstagmorgen (21.3.2006) auf dem Platz aus. Die Polizei nahm vier Mitglieder von Milinkewitschs Führungsstab sowie rund 30 Demonstranten fest. Für den Abend rief der Oppositionsführer zu neuen Protesten auf. "Wir sagen Nein zu Diktatur und Lügen", rief Milinkewitsch der Menge zu, die mit "Freiheit"-Sprechchören antwortete und "Lang lebe Weißrussland" rief.

Während die Polizei in der Nacht zum Dienstag (21.3.2006) 20 bis 25 Regimegegner verhaftete, die den Oktoberplatz verließen, bauten die verbliebenen Aktivisten auf dem Platz im Zentrum Zelte auf. Trotzdem blieb die Furcht vor einem gewaltsamen Eingreifen der Sicherheitskräfte präsent. "Die Staatsmacht lässt uns ein, zwei Tage gewähren, um dann durchzugreifen", sagte der unterlegene Kandidat der Opposition, Alexander Milinkewitsch.

Vorbild Ukraine

Das nach dem Vorbild der Orangenen Revolution in der Ukraine errichtete Lager wuchs bis zum Dienstagmittag auf 15 Zelte an, die von 300 meist jugendlichen Oppositionellen geschützt wurden. Ähnlich wie in Kiew versorgten Sympathisanten die Jugendlichen mit Essen. Orthodoxe Priester der nicht offiziell registrierten Autokephalen Kirche Weißrusslands hielten einen Gottesdienst ab und beteten "für die Teilnehmer der Aktion, die weißrussische Regierung, die Armee und die Polizei, die uns bewacht".

Alexander LukaschenkoBild: AP

Zu den in der Nacht Festgenommenen zählte auch der Vorsitzende der Vereinigten Bürgerpartei, Anatoli Lebedko. Aus Oppositionskreisen hieß es, die Festgenommenen gehörten zum Wahlkampfstab von Milinkewitsch. Die Polizei dementierte dies. Milinkewitsch rief seine Anhänger für Dienstagabend zu einer weiteren Kundgebung auf. An den Vorabenden hatten sich jeweils etwa 10.000 Menschen versammelt. Sie protestierten gegen den Wahlsieg Lukaschenkos, der 82,6 Prozent der Stimmen für sich in Anspruch nahm, und forderten Neuwahlen.

"Massivst" behindert

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, sagte dem Fernsehsender n-tv, Lukaschenko habe die Wahlen "massivst" behindert und Oppositionspolitiker bis hin zu Todesdrohungen eingeschüchtert. "Die EU hat schon einen Visa-Bann gegen sechs Personen der weißrussischen Führung verhängt. In dieser Richtung wird die EU auch weiter überlegen, wie sie vorgehen wird", erklärte er. Politiker von Union und SPD sprachen sich für Sanktionen gegen Lukaschenko aus. "Gegen eine Ausweitung der Einreiseverbote ist nichts einzuwenden, wenn das selektiv geschieht und die richtigen Leute aus dem Umfeld von Lukaschenko getroffen werden", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Gert Weisskirchen, der "Berliner Zeitung". Auch sein Unions-Kollege Eckart von Klaeden (CDU) nannte Sanktionen angemessen. "Die EU darf diese Pervertierung der Wahlen im sowjetischen Stil nicht hinnehmen und zur Tagesordnung übergehen", sagte er.

In Moskau begrüßte der Vorsitzende des Föderationsrates, Sergej Mironow, offiziell die "überzeugende Wiederwahl" Lukaschenkos. Damit könne die russisch-weißrussische Union ausgebaut werden. Beobachter äußerten indes die Ansicht, dass Russland mit öffentlichem Eingreifen in die weißrussische Wahl vorsichtiger sei als vor 15 Monaten in der Ukraine. "Der Kreml hält sich offenkundig zurück, weil die Russen im G8-Jahr nicht als undemokratisch gelten wollen", sagte der Politologe Valeri Karbalewitsch vom weißrussischen Zentrum Strategija. (stu)

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