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Weihnachtsbescherung aus dem All

Ina Rottscheidt25. Dezember 2004

Der Saturn-Mond "Titan" hütet ein Geheimnis: Unter einer undurchschaubaren Gaswolke versteckte er bislang seine Oberfläche. Doch am ersten Weihnachtstag nahm die Sonde "Huygens" Kurs auf den unbekannten Himmelskörper.

Blick in die Vergangenheit?Bild: ESA
"Uratmosphäre" - dick und undurchschaubarBild: AP

Nach sieben Jahren und 1,25 Milliarden Kilometer Reise war es Weihnachten 2004 soweit: die europäische Landeeinheit "Huygens" koppelte sich von dem amerikanischen Mutterschiff "Cassini" ab und nahm Kurs auf "Titan" - den geheimnisvollsten und größten von den 31 Monden des Saturn, wie Michael Khan, Missionsanalyst bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA findet.

Das Wissen über Titan ist bislang vage: Aufnahmegeräte können die dichte Gasatmosphäre des Trabanten nicht durchdringen. "Und die Abtastung mit Infrarot-Licht bei Temperaturen von minus 180 Grad liefert auch sehr begrenzte Erkenntnisse", fügt Khan hinzu.


Blick in die Vergangenheit?

Umso mehr erhoffen sich er und seine Kollegen von der Huygens-Mission: Bereits beim Eintritt in die Titan- Atmosphäre saugt die Sonde kleinste Teilchen auf und analysiert sie selbstständig im integrierten Bordlabor.
Von den Ergebnissen erwarten Khan und seine Kollegen einen Blick in die Vergangenheit: "Titan ist umgeben von einer Uratmosphäre, wie sie bei allen Himmelskörpern nach Entstehung unseres Sonnensystems existierte", erklärt Michael Khan. Bei den anderen habe sich die Atmosphäre jedoch stark verändert. "Sonneneinstrahlung, chemische Reaktionen und menschliche Einflüsse - zumindest auf der Erde - sind der Grund", so Khan. Titan jedoch ist zehn Mal weiter von der Sonne entfernt als die Erde: "Bei Dämmerlicht und minus 180 Grad gibt es kaum chemische und physikalische Prozesse", fügt der Forscher hinzu.

"Der geheimnisvollste und größte von den 31 Monden des Saturn"Bild: AP/NASA


Somit müsste die Titan-Gaswolke der Atmosphäre der Erde in jungen Jahren ähneln, das hoffen zumindest die Wissenschaftler. Khan: "Wir erwarten uns Erkenntnisse über den Zustand der Erde, kurz bevor auf ihr Leben entstanden ist."

Riskantes Manöver

Aber der Eintritt in die Atmosphäre ist eine riskante Aktion. Bei einer Geschwindigkeit von 22.000 Stundenkilometern muss das Hitzeschild Temperaturen von bis zu 1200 Grad aushalten. Falls Huygens die Hitzeprüfung besteht, sinkt sie ab - auf unbekanntem Boden und abgebremst durch drei Fallschirme.

Aber auch über den Landeplatz der Raumsonde herrschen bislang nur vage Kenntnisse. "Die Oberflächenstruktur des Mondes ist sehr unterschiedlich", erklärt Khan: "Gefrorene Eisflächen sind dort so hart wie Stahl. Einen Aufprall mit 20 Stundenkilometern würde Huygens vielleicht nicht überleben." Oder die Sonde könnte in einer der zahlreichen Methanseen absinken. "Am Liebsten wäre uns die Landung in einer der klebrigen Schichten aus Kohlenwasserstoffen und Eis, dort würde Huygens weich landen", hofft Khan.

Selbstständiges Forschungslabor

Überlebt die Sonde das Landemanöver, wird die fliegende Forschungsstation mit ihren sechs Geräten unter anderem Windstärken, Blitzschläge sowie die Zusammensetzung der Luft analysieren - und zwar vollkommen eigenständig. "Die Sonde und das Labor an Bord arbeiten autonom und zeitgesteuert. Wir können von der Erde aus nicht eingreifen", erklärt Khan. Selbst zwei fingerlange Mikrofone hat die europäische Raumsonde im Gepäck. Damit wollen die Forscher das Ende des Sonnensystems belauschen. "Huygens übermittelt Töne, Physik, Chemie und sogar Bilder. Die Sonde ist ein Gesamtkunstwerk", schwärmt Khan.

Härtetest für das Huygens - HitzeschildBild: ESA
Das 1997 Paar Cassini-HuygensBild: EUROPEAN SPACE AGENCY ESA/ESOC

Ob das Gesamtkunstwerk jedoch überhaupt wohlbehalten auf dem Mond ankommt, bleibt zunächst im Dunkeln. Denn Huygens wird die Daten zunächst an das Mutterschiff Cassini senden, weil die Sonde die Erde nicht direkt erreichen kann. Erst am 14. Januar um 16.17 Uhr werden die Daten bei der ESA in Darmstadt eintreffen. "Ein ganz spannender Moment", findet Khan. Und wenn er und seine Kollegen erstmalig einen Blick unter die undurchschaubare Gaswolke von Titan werfen, hat die europäische Raumsonde sich schon zur Ruhe gesetzt. Ganze drei Stunden Zeit hat sie für ihre Messungen und Analysen, dann sind die Batterien leer. Und Huygens geht in Frühpension - als Weltraummüll.

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