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Reise

Weinanbau in Thailand

Julian Tompkin
7. April 2019

Edle Tropfen aus den Tropen? Das widerspricht allen Regeln des Weinanbaus. Doch engagierte Winzer in Thailand machen das Unmögliche möglich. DW-Reporter Julian Tompkin zu Besuch bei den Winzern von Khao Yai.

Mit Wein gefülltes Glas vor Landschaft
Bild: DW/J. Tompkin

Es war Schicksal, da ist sich Visooth Lohitnavy sicher. Wie viele junge Studenten im Thailand der 60er Jahre wurde auch Lohitnavy ins Ausland geschickt. Nicht wie die meisten in die USA oder auf die Philippinen, er landete in Deutschland. Genauer in München und Stuttgart. Bei seinen Ausflügen ins Umland entdeckte Lohitnavy eine kleine, traditionsreiche Weinanbauregion am Neckar, das Zaubergäu. Und verliebte sich in die Landschaft und ihre Früchte und den Wein. Und ein Gedanke begann in ihm zu reifen: Was wäre, wenn er zurück in Thailand Wein anbauen würde, und zwar richtig guten?

Elefanten im Weinberg

Drei Autostunden nordöstlich von Bangkok erstreckt sich das Weinanbaugebiet Khao Yai, inmitten der hinreißenden Landschaft der Provinz Nakhon Ratchasima. Die Regenwälder und die immergrüne Graslandschaft sind Heimat exotischer Tiere wie Elefanten und Tiger. Der erste Nationalpark Thailands, der Khao Yai National Park entstand hier und gilt noch heute als der schönste.

Das Weinanbaugebiet Khao Yai liegt zwischen 350 und 500 Metern über dem Meeresspiegel. Khao Yai ist weit vom dichten Smog und der hohen Luftfeuchtigkeit im Süden Thailands entfernt. Kalksteinhügel ziehen sich bis zum Horizont, zu ihren Füßen satte, rote Erde, sogenannte Terra Rosa. Ab und zu sieht man ein Farmhaus aus Stein und Weinreben - ich fühle mich fast wie in der Toskana.

Wein-Pionier Visooth Lohitnavy, seit 1999 baut er Wein in Khao Yai anBild: DW/J. Tompkin

Das Klima in Thailand ist vom Monsun bestimmt, hier im Norden allerdings ist es milder als im Rest des Landes. Auf die heißen und feuchten Sommer folgt ein relativ "kühler" Winter. Die Temperaturen sinken bis auf 14 Grad, und die Nächte im Januar und Februar können richtig kalt sein. Für Lohitnavy das entscheidende Argument, es hier mit dem Weinanbau zu wagen. Denn Trauben brauchen Kälte, um ihr Aroma auszubauen. 1999 kauft er eine alte Mais- und Cashew-Plantage im Asoke Tal und steckte all seine Energie und Kraft in den Anbau von Wein. Er nannte die Lage "Gran Monte", was so viel bedeutet wie "Großer Berg" - auf thailandisch Khao Yai.

Nichts für schwache Nerven

Heute ist das 16 Hektar große Grundstück Zeile für Zeile bepflanzt mit Reben großer europäischer Weine: Syrah, Cabernet Sauvignon, Verdelho oder Viognier. Lohitnavys Tochter Nikki hat Önologie studiert und überwacht gerade die Auslese und das Keltern des Chenin Blanc, der in der Nacht geerntet wurde. Die beste Erntezeit, weil es kühler ist.  

Ihre Weine sind preisgekrönt: Nikki Lohitnavy ist Thailands erste und einzige WinzerinBild: DW/J. Tompkin

Am Nachmittag bricht plötzlich ein Sturm über uns herein. Der eng getaktete Ernteablauf gerät durcheinander, und es ist nicht klar, ob die Trauben den Sturm unbeschadet überstehen. Die Trauben sind jetzt sehr empfindlich und können aufplatzen. Ein Winzer in den Tropen darf keine schwachen Nerven haben. "Das Wetter ist unberechenbar", erklärt Nikki Lohitnavy, die ihre ganze Erfahrung einbringt. Sie hat in Australien gelernt und in Europa und Südamerika gearbeitet.

"Weinanbau in den Tropen ist extrem arbeitsintensiv", ergänzt sie. "Das macht Thai-Weine teuer in der Herstellung. Im Vergleich zu anderen Weinanbaugebieten, wo die Winzer Steuererleichterungen und/oder Subventionen genießen, sind wir im Nachteil. Aber wir sind überzeugt vom Potential des Weins. Besonders von dem Kao Yai Wein. Am Anfang wollten die Leute nicht glauben, dass das funktionieren kann. Aber ihre Meinung hat sich ziemlich schnell geändert."

Das passt: edle Tropfen als Begleitung zu exotischem Thai-FoodBild: picture-alliance/dpa/B. Walton

Vorbild Thai-Wein

Thailand führt die "Wein-Revolution" in den Tropen an. Auch in Indien, Brasilien, China und Vietnam ist der Weinanbau auf dem Vormarsch. Es ist ein langer Weg und ein harter Kampf. Tropische Weine erleben keine Vegetationspause wie in Europa, sie haben keinen "Winterschlaf". Da bleibt nur eins: das ganze Jahr über wird der Wein zurück geschnitten, um den dichten Wuchs einzudämmen und sicherzustellen, dass nur einmal im Jahr geerntet werden muss. 

"Die Khao Vai Winzer machen das Unmögliche möglich", sagt mir Visooth Lohitnavy. Von überall auf der Welt kommen mittlerweile Kollegen, um von den Winzern in Thailand zu lernen. Auch Winzer in traditionellen Weinanbaugebieten sind wegen des Klimawandels häufiger mit Wetterphänomenen konfrontiert, die ihr Können auf eine harte Probe stellen. Das Klima zwingt die Kollegen in Frankreich, Italien und Spanien neue Wege auszuprobieren. Die Thai-Weine sind ihr Vorbild.

Reiseziel für Genießer

Von den drei großen Weinanbaugebieten Thailands ist Khao Yai das wichtigste. Die beiden anderen, Pattaya und Hua Hin, liegen im Süden. In Khao Yai werden nicht nur Spitzenweine produziert, hier sitzt  auch die "Thai Wine Association", die  über die Qualität des angebauten Weines wacht. Auch was die touristischen Angebote anbelangt, ist Khao Yai wegweisend. Weinverkostungen auf Farmen, geführte Weinbergtouren, Übernachten beim Winzer - das ganze touristische Paket ist zu haben.

Mal was anderes als Strand: Touristen bei einer Weinverkostung im Monsoon Valley im Süden ThailandsBild: picture-alliance/dpa/B. Walton

Visooth Lohitnavys "Gran Monte" ist mittlerweile zu einem Botschafter der Thai-Weine geworden - sowohl in Thailand als auch im Ausland. Es heißt, wegen  "Gran Monte" seien schon viele Thailänder, die von Haus aus eher Biertrinker sind, zum Wein konvertiert. Der Wein wird nicht nur in Asien gehandelt, er wird auch nach Europa exportiert. Darunter preisgekrönte Jahrgänge wie der 2009er Asoke Cabernet Sauvignon und der Syrah - sie gewannen Gold bei der renommierten "International Wine Challenge" (AWC)  in Wien. Es ist die größte offiziell anerkannte Weinbewertung der Welt. 

Zwar kommen die meisten Thailandurlauber noch immer wegen der Strände, aber Khao Yai kann sich nicht beklagen. Immer mehr Touristen entdecken das Genießer-Reiseziel. Sie schätzen die Kombination von exotischem Wein, guter Küche und üppiger Natur.  

Weinanbau im Khao Yai Nationalpark, nur drei Stunden von Bangkok entferntBild: DW/J. Tompkin

Nur 20 Autominuten von "Gran Monte" entfernt führt mich der Starkoch Somchai Chaivanich in seinen gut sortierten Weinkeller. Hier lagern Weine aus Frankreich, den USA, Italien, Australien, und es gibt auch eine kleine Abteilung Thai-Weine. Chaivanich greift nach einer Flasche. "Das ist der Anfang von etwas Großem", sagt er. "Thai-Wein kann sich mit den großen Weinregionen der Welt messen."