Weiter Kritik nach Benzin-Gipfel zum Biosprit
9. März 2011"Wir dürfen den Druck nicht aus dem Markt nehmen", lautet das Fazit von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner nach dem Benzin-Gipfel in Berlin. In einem Interview mit der "Passauer Neuen Presse" betonte die CSU-Politikerin am Mittwoch (09.03.2011), dass die Entscheidung richtig sei, an der Einführung von E10 festzuhalten.
Industrie steht zur E10-Verträglichkeit
Wichtig sei nun, das verlorene Vertrauen der Autofahrer in den neuen Sprit zurückzugewinnen. "Die Industrie hat beim Gipfel noch einmal klar und deutlich zugesichert, dass sich die Verbraucher auf die Angaben zur E10-Verträglichkeit verlassen können. Dieses Wort gilt", sagte Aigner.
Gleichzeitig warnte sie die Mineralölfirmen davor, eventuelle Strafzahlungen den Autofahrern aufzubürden. "Es kann nicht sein, dass die Verbraucher am Ende die Zeche zahlen." Ab diesem Jahr hat die Mineralölwirtschaftsbranche die Pflicht, eine Quote von 6,25 Prozent an Biosprit mit dem herkömmlichen Treibstoff zu verkaufen.
Wird die Quote nicht erreicht, drohen den Unternehmen Strafzahlungen. Sollten die Mineralölkonzerne diese Strafzahlungen über den Bezinpreis an die Verbraucher weiter geben, könnte das herkömmliche Super-Benzin um rund 2 Cent pro Liter teurer werden.
Viel Kritik
Der Vorsitzende des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes, Gerd Billen, sieht das Ergebnis des Benzin-Gipfels am Dienstag kritischer. In Zeitungsinterviews sprach er von einer "Missachtung der Verbraucher". Die Teilnehmer hätten sich in erster Linie "gegenseitige Schuldzuweisungen" gegeben, sagte Billen den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". "Wir haben darauf gedrängt, dass es eine schriftliche erweiterte Garantie der Hersteller gegenüber ihren Kunden gibt", betonte Billen. Dies sei aber daran gescheitert, dass die versammelten Industrievertreter keine Zusage über die Übernahme der Kosten gemacht hätten.
Auch Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn hat sich enttäuscht vom Ausgang des Treffens unter der Leitung von Bundesumweltminister Norbert Röttgen gezeigt. "Ich hätte mir ein starkes Zeichen für weniger Spritverbrauch bei Autos gewünscht. Das ist der Königsweg", sagte Höhn der Saarbrücker Zeitung. Biokraftstoff könne nur ein ergänzender Weg sein.
Viele Fragen
Außerdem äußerte Höhn Zweifel, ob mit einer Informationsoffensive die Wogen geglättet werden könnten. "Für das Schmalspur-Ergebnis hätte man kein inszeniertes Gipfeltreffen gebraucht." Die Bundesregierung wolle das Thema aussitzen und hoffe, dass es aus dem medialen Fokus verschwinde.
Der Chef des Bundesverbands der freien Kfz-Händler (BVfK), Ansgar Klein, bemängelte fehlende Haftungszusagen bei Schäden. "Wir befürchten weiterhin Schäden durch E10, die erst mit erheblicher Verzögerung auftreten - und an Autofahrern und Gebrauchtwagenhändlern hängen bleiben", sagte Klein in einem Zeitungsinterview.
Auto-Listen an Tankstellen und in Werkstätten
Bundesregierung und Wirtschaft hatten am Dienstag beschlossen, trotz der Verunsicherung der Autofahrer an der Einführung des Bio-Sprits festzuhalten. E10 steht für den Anteil an Ethanol im Benzin. Dieser wurde in Form von Bioethanol von bisher 5 Prozent (bis Jahresende 2010) auf bis zu 10 Prozent angehoben.
An Tankstellen und Werkstätten sollen nun Listen ausgelegt werden, aus denen hervorgeht, für welche Fahrzeuge der Kraftstoff E10 geeignet ist. Die Tankstellen haben derzeit massive Absatzprobleme bei E10, stattdessen tanken die Autofahrer teureres Super Plus. Knapp zehn Prozent der Autos vertragen – laut Bundesregierung - den neuen Sprit nicht.
Der Automobil-Club ADAC forderte vor diesem Hintergrund deutliche Preissenkungen für herkömmliches Super E5. ADAC-Sprecher Maximilian Maurer sagte der "Bild": "Wir fordern ein flächendeckendes Angebot von Super E5 mit 95 Oktan zu fairen Preisen für diejenigen Autofahrer, die E10 nicht tanken dürfen." Acht Cent Preisunterschied pro Liter seien unannehmbar.
Autorin: Marion Linnenbrink (dpa, dapd)
Redaktion: Marko Langer