1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KatastropheSchweiz

Weitere Gefahr nach Gletschersturz in der Schweiz

29. Mai 2025

Eis und Geröll haben Teile eines Schweizer Bergdorfs verschüttet. Dadurch staut sich nun auch ein Fluss. Der Gletschersturz im Wallis ist laut Experten eine "beispielslose" Katastrophe.

Unter Geröll und Erde schauen die Dächern von Häusern des Bergdorfs Blatten in der Schweiz hervor (28.05.2025)
Unter Geröllmassen begraben: Das kleine Schweizer Bergdorf BlattenBild: Jean-Christophe Bott/dpa/picture alliance

Seit Tagen beobachteten Experten die Entwicklung am Birchgletscher in der Schweiz. Am Mittwoch war es dann so weit: Belastet von Geröllmassen aus dem Berg darüber brach der Gletscher ab und begrub einen Teil des kleinen Dorfs Blatten unter Geröll- und Eismassen. Damit ist "das Unvorstellbare" eingetroffen, wie Blattens Gemeindepräsident Matthias Bellwald in einer Pressekonferenz im Nachbarort Ferden sagte.

Ein Sprecher des Einsatzstabes berichtete von einer vermissten Person. Über weitere mögliche Opfer liegen keine Informationen vor. Bereits vergangene Woche war das 300-Einwohner Dorf im Kanton Wallis evakuiert worden.

Bergsturz als Auslöser

Aufnahmen des öffentlich-rechtlichen Senders SRF und Videos in sozialen Netzwerken zeigen, wie eine Melange aus Eis und Geröll samt einer riesigen Staubwolke den Hang des Berges hinunterstürzen. Die Wucht war so groß, dass der Schweizerische Erdbebendienst ein Beben der Stärke 3,1 verzeichnetet.

 

Auslöser dieser Ereignisse war laut Einsatzkräften ein relativ langsam verlaufender Bergsturz am rund 3800 Meter hohen Kleinen Nesthorn - oberhalb des nun abgestürzten Birchgletschers. Durch das Abbröckeln des Berges lagerten sich in den vergangenen Tagen rund neun Millionen Tonnen Geröll auf dem Gletscher ab und übten Druck auf die Eismassen aus, wie die Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtet.

Geologen hatten in den vergangenen Tagen von mehreren Faktoren gesprochen, die gemeinsam zum Abbröckeln des Kleinen Nesthorns geführt haben könnten, darunter das Tauen des Permafrostbodens im Zuge des Klimawandels und andere geologische Prozesse und Wetterereignisse. Zwischen 2022 und 2023 schmolzen Schweizer Gletscher wegen der Klimaerwärmung so stark wie im gesamten Zeitraum von 1960 bis 1990. 

Drohende Flutwelle

Die Naturkatastrophe sei historisch "beispiellos", sagte Raphaël Mayoraz, ein Naturgefahren-Experte des Kantons Wallis. Die Gefahr für das Tal sei auch nach dem Gletschersturz noch nicht gebannt, denn durch den Abbruch wurde der Fluss Lonza auf einer Länge von etwa zwei Kilometern stark aufgestaut. Dadurch droht dem Lötschental nun eine Flutwelle.

Unter dem Druck von abbröckelnden Gesteinsmassen ist der Gletscher abgebrochen (28. Mai)Bild: Jean-Christophe Bott/dpa/picture alliance

Der Geologe Flavio Anselmetti von der Universität Bern beschrieb im SRF die Kettenreaktion, die im schlimmsten Fall nun droht: Die Fels- und Eismassen hätten sich zu einem sehr hohen Damm aufgetürmt, und dahinter staue sich die Lonza. "Das Schlimmste wäre, dass sich Wasser aufstaut bis zur Krone des Bergsturzdammes", sagte Anselmetti. Dadurch könnte der Damm instabil werden und kollabieren, was wiederum sehr starke Flutwellen entstehen lassen würde. Die drohen dann die Gemeinden im unteren Tal zu überschwemmen.

Die wenigen Häuser, die im Dorf Blatten nicht verschüttet wurden, seien bereits überflutet, berichten die Behörden. Vorsorglich wurden die Einwohner der Gemeinden Wiler und Kippel, die im unteren Tal in Flussnähe leben, in Sicherheit gebracht. Es handelt sich um 16 Menschen.

Hilfe von der Regierung

Die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter drückte den Bewohnern von Blatten ihr Mitgefühl aus. "Es ist schlimm, wenn man seine Heimat verliert", ließ sie verlauten. Blattens Gemeindepräsident Bellwald zeigte sich trotz der Ereignisse zuversichtlich. "Wir haben das Dorf verloren, aber nicht das Herz", sagte er und rief zum Wiederaufbau auf.

Verteidigungsminister Martin Pfister war gemeinsam mit Umweltminister Albert Rösti sofort in das Katastrophengebiet gereist. Die Minister sagten der betroffenen Gemeinde die Unterstützung der Schweizer Regierung zu. Zur Hilfe wurde unter anderem eine Einheit der Armee in das Lötschental entsandt.

ch/AR (afp, dpa)

Redaktionsschluss 17.30 Uhr (MESZ). Dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert! 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen