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Rückschlag im Kampf gegen Alzheimer

Brigitte Osterath
14. Februar 2018

Das erfolgversprechende Alzheimer-Medikament Verubecestat schaffte es bis in die dritte und letzte Phase einer klinischen Studie. Jetzt aber bricht das Unternehmen Merck die Studie ab, weil das Medikament nicht wirkt.

Kernspinaufnahmen eines Gehirns
Bild: Colourbox

Es liegt viel Hoffnung auf dieser Sorte von Alzheimer-Medikamenten: BACE1-Inhibitoren. Sie hemmen ein Enzym, das im Gehirnstoffwechsel dafür sorgt, dass die schädlichen Gehirnplaques entstehen, die für Alzheimer typisch sind. Das Enzym ABCE1, auch Beta-Sekretase genannt, zerschneidet im Gehirn das Vorläufereiweiß APP und setzt so das Beta-Amyloid-Peptid frei. Dieses Peptid lagert sich im Gehirn ab und wird in großer Menge im Gehirn von Alzheimerpatienten gefunden. Daher gehen Forscher davon aus, dass ein Fortschreiten der Krankheit gestoppt werden kann, wenn man die Bildung der Plaques verhindert - und genau das sollen die BACE1-Inhibitoren tun, so die Hoffnung.

BACE1-Inhibitoren blockieren die Proteinschere und können daher - so die Hoffnung - bei Alzheimer-Patienten ein Fortschreiten der Krankheit stoppen.
In Tierversuchen hat das auch geklappt. In klinischen Studien am Menschen allerdings helfen diese Medikamente entweder nicht oder entwickeln so starke Nebenwirkungen, dass sie nicht brauchbar sind. Das Problem: Das Enzym ist auch an der Bildung der schützenden Myelinscheiden um Nervenfasern beteiligt. Kann es diese Funktion nicht mehr wahrnehmen, sind Hyperaktivität, Depressionen und schwere Nervenschäden die Folge.

Historie des Scheiterns

Im November 2016 verkündigte Pharmakonzern Eli Lilly, dass die Ergebnisse seiner Phase-III-Studie für den BACE1-Inhibitor Solanezumab unbefriedigend seien: Das Medikament wirke nicht besser als ein Placebo.

Die Suche nach Alzheimer-Medikamenten

07:03

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Im Februar 2017 stoppte dann Merck eine Studie, die das Medikament Verubecestat an Alzheimer-Patienten mit milden bis mäßigen Symptomen erprobte. Das externe Komitee, das die Studie überwacht, habe "so gut wie keine Chance gesehen, dass man einen positiven klinischen Effekt findet". Mit anderen Worten: Auch dieses Medikament war wirkungslos.

Aber es gab noch immer Hoffnung, dass Verubecestat möglicherweise bei solchen Patienten hilft, die sich in einem sehr frühen Stadium der Erkrankung befinden. Eine andere Merck-Studie hatte das an 1350 Teilnehmern seit 2013 erprobt.

Auch diese Hoffnung hat sich nun zerschlagen: Ein externes Komitee hat diese klinische Studie ebenfalls gestoppt. "Es ist unwahrscheinlich, dass ein positiver Nutzen im Vergleich zum Risiko nachzuweisen ist, auch wenn die Studie weiterläuft", befand laut Merck das Komitee.

Hervorragende Ergebnisse mit Mäusen

Der Stopp der Merck-Studie steht im krassen Gegensatz zu Ergebnissen aus Tierversuchen, die am Mittwoch (14.02.2018) veröffentlicht wurden. Forscher in Cleveland, USA, berichten,dass BACE1-Inhibitoren nicht nur das Wachstum der schädlichen Gehirnplaques hemmen, sondern sogar bestehende Ablagerungen auflösen können. Voraussetzung ist, dass die Medikamente in einem sehr frühen Stadium der Krankheit verabreicht werden.

"Der Schlüssel besteht darin, BACE1-Inhibitoren mit minimalen Nebenwirkungen zu entwickeln, so dass Menschen sie über einen langen Zeitraum nehmen können", antwortet Riqiang Yan von der Cleveland Clinic auf eine Anfrage der Deutschen Welle. "Basierend auf unseren Beobachtungen in Maus-Studien sollten sich die Plaques dann definitiv zumindest teilweise auflösen."

Links: Das Gehirn dieser zehn Monate alten Maus ist voller Amyloid-Plaques (rot). Rechts: Ist das BACE1-Enzym blockiert, lösen sich die Plaques auf.Bild: Hu et al., 2018

Die Forscher hatten Mäuse herangezogen, die aufgrund eines angezüchteten genetischen Defekts Amyloid-Ablagerungen im Gehirn entwickelten. Erst in älteren Tieren schalteten die Forscher die Beta-Sekretase auf genetischer Ebene aus. In den Nagern, die allmählich ihre BACE1-Enzyme verloren, lösten sich die Amyloid-Plaques wieder auf, und es verbesserten sich zudem einige kognitive Funktionen der Versuchstiere: Sie lernten wieder besser und konnten sich besser erinnern. Allerdings kam es auch hier zu Nebenwirkungen in Form von Störungen bei der Nervenreizübertragung.

Erneute Hoffnung - berechtigt?

"Die Ergebnisse der Studie sind für das Feld der Alzheimer-Forschung erfreulich, weil sie zeigen, dass man mit einer Intervention zu einem späteren Zeitpunkt immer noch eine Veränderung des Krankheitsverlaufs im Mausmodell erreichen kann", sagt Johannes Levin vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in München. "Allerdings muss man wie bei allen Daten in einem frühen Stadium und Mausexperimenten vorsichtig sein."

Man sollte die Ergebnisse nicht überinterpretieren, fügt Levin hinzu - vor allem, weil die Mäuse keine Medikamente verabreicht bekommen haben; die Enzyme wurden gleich auf genetischer Ebene ausgeschaltet.

Dass das Enzym BACE1 ein interessanter Ansatzpunkt für die Entwicklung von Medikamenten gegen Alzheimer ist, wusste man schon vor dieser Tierversuchsstudie. Wie die vielen abgebrochenen klinischen Studien am Menschen zeigen, scheint es allerdings schwierig zu sein, auf Basis dieses Wissens auch tatsächlich wirkungsvolle Medikamente zu entwickeln.

Derzeit laufen noch weitere klinische Studien mit BACE1-Inhibitoren, unter anderem die Amaranth-Studie von Eli Lilly und AstraZeneca. Sie erprobt den Wirkstoff Lanabecestat seit September 2014 an über 2200 Freiwilligen. Ergebnisse werden für September 2019 erwartet - es sei denn, auch diese Studie wird frühzeitig abgebrochen.

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