Weiterer Schiffbrüchiger gerettet
15. Januar 2012Mehr als 36 Stunden nach der Havarie des Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" vor der italienischen Insel Giglio ist ein weiterer Schiffbrüchiger aus dem Wrack gerettet worden. Wie die Behörden mitteilten, gelang es am späten Sonntagmorgen (15.01.2011), das Besatzungsmitglied Marrico Giampietroni zu befreien. Bereits in der Nacht konnten die Rettungskräfte zwei Überlebende zu bergen - ein junges Ehepaar aus Südkorea. Die beiden 29-Jährigen seien in einer Kabine der "Costa Concordia" entdeckt worden, meldete die Nachrichtenagentur ANSA. Sie befänden sich in einem guten Zustand, teilte Einsatzleiter Vincenzo Bennardo mit. Taucher setzten die Suche nach weiteren Überlebenden im Rumpf des Schiffes auch am Sonntag fort. Die Suche nach den noch etwa 40 Vermissten wird allerdings immer gefährlicher, da das Schiff vollständig zu sinken droht.
Schwere Vorwürfe gegen den Kapitän
Nach ersten Ermittlungen zur Havarie des Kreuzfahrtschiffs hat die italienische Staatsanwaltschaft dem Kapitän Francesco Schettino massives Fehlverhalten vorgeworfen. Schettino habe das Schiff lange vor dem Abschluss der großen Evakuierungsaktion verlassen, sagte Staatsanwalt Francesco Verusio im Sender SkyTG24. Befragt zu möglichen Fehlern der Besatzung bei der Rettung der Passagiere sagte Verusio, es sei vor allem die Schiffsleitung, die nicht funktioniert habe. Außer Schettino wurde auch der erste Offizier Ciro Ambrosio vorerst festgenommen.
Es war offenkundig, dass der Kapitän die Evakuierung nicht abwartete. Nach einigen Berichten war Schettino schon fünf Stunden vorher an Land. Der Kapitän wird sich voraussichtlich wegen fahrlässiger Tötung und Verlassen seines Schiffes verantworten müssen. Der Kurs des Luxusliners sei eindeutig «nicht richtig» gewesen, sagte der Staatsanwalt. Der Kapitän habe sich selbst auf der Brücke befunden und sei daher voll verantwortlich für die Navigation.
"Wie im Film Titanic"
Bei dem Unglück kamen mindestens drei Menschen ums Leben - zwei Touristen aus Frankreich und ein peruanisches Besatzungsmitglied. Etliche Personen erlitten Verletzungen. Die in Genua ansässige Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere nannte den Unfall eine bestürzende Tragödie und sprach den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus.
Insgesamt waren rund 4200 Passagiere und Crew-Mitglieder an Bord, als sich das Unglück am Freitagabend gegen 21:45 Uhr Mitteleuropäischer Zeit ereignete. "Es ging ein Ruck durch das Schiff", beschrieb Peter Honvehlmann aus Nordrhein-Westfalen die Situation. "Innerhalb kürzester Zeit bekam es eine Schräglage, so dass die Vasen von den Tischen fielen, von den Tresen fiel alles runter, (...) so ähnlich wie im Film Titanic. (...) Dann trieb das Schiff immer mehr auf die Küste zu." Die Rettung sei chaotisch gewesen, berichtete der 38-Jährige. Auch andere Passagiere klagten, die Besatzung habe für die Rettungsaktion nicht richtig ausgebildet gewirkt.
Die mehr als 560 deutschen Passagiere der "Costa Concordia" kehrten inzwischen nach Deutschland zurück. Sie landeten am Samstagabend mit Linienmaschinen der Lufthansa in München oder Frankfurt am Main. "Wir haben die Privatsphäre der Leute gewahrt und viele auf Wunsch abgeschirmt aus den Airports bringen lassen. Die wollten einfach nur nach Hause", sagte Werner Claasen, Pressesprecher von "Costa Deutschland". Nach seinem Kenntnisstand wurden bei dem Unglück etwa zehn deutsche Passagiere leicht verletzt.
Zwischenfall Nummer 2
Die "Costa Concordia" - ein schwimmendes Hotel mit mehreren Pools, Kinos und einer Diskothek - befand sich auf dem Weg von Civitavecchia bei Rom nach Savona. Als weitere Stationen waren Marseille, Barcelona, Palma de Mallorca, Cagliari und Palermo geplant. Das zwischen 2004 und 2005 für 450 Millionen Euro gebaute Schiff wird von einer Tochtergesellschaft des Kreuzfahrtkonzerns Carnival betrieben. Das US-Unternehmen zählt zu den Branchenriesen und besitzt unter anderem den deutschen Marktführer Aida. Es ist nicht der erste Zwischenfall mit der "Costa Concordia". 2008 hatte das Schiff bei der Einfahrt in den Hafen von Palermo in schwerem Sturm die Hafenbefestigung gerammt.
Autorin: Annamaria Sigrist (afp, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Reinhard Kleber