Weiteres Online-Medium in Hongkong gibt auf
3. Januar 2022Erneut hat ein regierungskritisches Nachrichtenmedium in Hongkong seine Auflösung bekanntgegeben. Die Online-Publikation "Citizen News" teilte mit, ab Dienstag den Betrieb vollständig einzustellen. Begründet wurde der Schritt mit dem "sich verschlechternden Umfeld für die Medien". Deshalb könne man die Sicherheit seiner Mitarbeiter nicht mehr gewährleisten.
Journalisten sind in Haft
Erst Ende Dezember hatte das pro-demokratische Medium "Stand News" geschlossen, nachdem Hongkongs Behörden mehrere führende Journalisten der Publikation hatten festnehmen lassen. Im Juni war zudem die prodemokratische Zeitung "Apple Daily" zwangsweise eingestellt worden, nachdem das Boulevardblatt wegen angeblicher Verstöße gegen das sogenannte Sicherheitsgesetz ins Visier der Behörden geraten war. Ihr Gründer Jimmy Lai sitzt im Gefängnis.
Nach anhaltenden Demonstrationen und dem Ruf nach mehr Demokratie in Hongkong hatte die kommunistische Führung in Peking vor eineinhalb Jahren das umstrittene Sicherheitsgesetz erlassen. Die vage Formulierung des Gesetzestextes erleichtert das Vorgehen gegen Aktivitäten, die China als subversiv, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch einstuft - und zielt damit auf Kritiker der Hongkonger Regierung und der chinesischen Führung.
90 Abgeordnete vereidigt
Unterdessen sind die neuen Abgeordneten im Hongkonger Legislativrat nach ihrer umstrittenen Wahl im Dezember vereidigt worden. In einer symbolträchtigen Zeremonie, welche die neuen politischen Gegebenheiten Hongkongs widerspiegelte, legten die 90 Abgeordneten ihren Eid ab.
Die Parlamentswahl hatte erstmals auf Grundlage eines neuen Wahlgesetzes stattgefunden, das die Zahl der direkt gewählten Abgeordneten drastisch verringert und die Zahl der Peking-treuen Repräsentanten vervielfacht. Zudem wurden vor der Abstimmung alle Kandidaten auf ihren "Patriotismus" und ihre politische Loyalität gegenüber China hin überprüft.
Oppositionelle flohen ins Ausland
Die G7 und andere westliche Staaten kritisierten die Wahl als undemokratisch. Die größten pro-demokratischen Parteien hatten keine Kandidaten aufgestellt. Dutzende prominente Oppositionelle - darunter viele, die bei der vorherigen Wahl Sitze im Parlament gewonnen hatten - wurden wegen Verstößen gegen das sogenannte Nationale Sicherheitsgesetz inhaftiert, von der Wahl ausgeschlossen oder flohen ins Ausland. Die Wahlbeteiligung lag bei nur rund 30 Prozent.
nob/AR (dpa, rtr, ap)