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Schwierige Verhandlungen

23. Juli 2009

Die Lösung der Zypern-Frage ist offen. 35 Jahre nach dem türkischen Einmarsch ist eine Wiedervereinigung der Insel nicht absehbar. Spitzenpolitiker beider Seiten signalisieren immerhin den Wunsch nach Verständigung.

Bild: AP

Vor 35 Jahren (20.7.1974) begann die Invasion türkischer Truppen auf der Insel Zypern, die zur Teilung der Insel führte. Seitdem finden immer wieder Gespräche und Verhandlungen statt, die zu einer Wiedervereinigung führen sollen. Bislang ohne Erfolg. Im Herbst vergangenen Jahres wurde eine neue Initiative gestartet, bei der der Präsident der Republik Zypern, der griechische Zyprer Dimitris Christofias, mit dem türkisch-zyprischen Volksführer Mehmet Ali Talat über die Bedingungen für eine Wiedervereinigung verhandelt. An ihrem Einigungswillen besteht kein Zweifel. Über die Erfolgschancen dieses jüngsten Versuchs diskutierten auf einer Veranstaltung der Berliner Zentrale der Friedrich-Ebert-Stiftung der Regierungssprecher der Republik Zypern, Stefanos Stefanou, mit deutschen Experten.

Bereits 1977 hatten sich griechische und türkische Zyprer darauf verständigt, dass in einem vereinigten Zypern die zwei Volksgruppen ihr je eigenes Verwaltungsgebiet besitzen sollen, ein griechisch-zypriotisches im Süden und ein türkisch-zypriotisches im Norden. Die griechischen Zyprer verstehen darunter allerdings eine Föderation mit einem starken Zentralstaat, die türkischen Zyprer dagegen bestehen auf zwei autonomen Teilstaaten mit einer schwachen Zentralregierung. Dass ist nur ein Beispiel dafür, wie schwierig die Fragen sind, die zur Lösung anstehen.

Zwei Gründe für Zeitdruck

Und trotzdem meint der Journalist und Zypernexperte Niels Kadritzke, solle man das Tempo forcieren und so schnell wie möglich zu einer Lösung gelangen. Zumindest zwei Faktoren machten das notwendig. "Erstens haben wir die Präsidentschaftswahl in Nordzypern im nächsten Frühjahr. Nach heutiger Einschätzung wird sie eine Wachablösung bringen und Herr Talat wird nicht mehr der Partner von Herr Christofias sein. Zweitens haben wir die EU-Agenda mit dem Datum Ende dieses Jahres, wo über die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei entschieden wird, unter dem Aspekt, dass sie alle Verpflichtungen gegenüber dem Ankaraprotokoll erfüllt. Nach heutiger Einschätzung wird die Türkei das nicht erfüllen", so Kadritzke. Das so genannte Ankaraprotokoll, das die Türkei und die EU unterschrieben haben, besagt, dass die Türkei allen EU-Mitgliedern, und damit auch Zypern, ihre Häfen und Flughäfen öffnen muss. Das will aber Ankara nicht, weil es dadurch Südzypern als die legitime Vertretung von Gesamtzypern akzeptieren würde.

Verhandlungen ohne Zeitlimit bevorzugt

Wenn also Ende des Jahres der Fortschrittsbericht der EU-Kommission über die Türkei feststellen wird, dass das Land seinen Verpflichtungen im Fall Zypern nicht nachkommt, könnte es sein, dass der EU-Beitrittsprozess der Türkei ausgesetzt wird. Die Republik Zypern unterstütze zwar den EU-Beitritt der Türkei, so Regierungssprecher Stefanos Stefanou in Berlin. Aber Ankara müsse alle eingegangenen Verpflichtungen einhalten. Dazu gehöre auch die Umsetzung des Ankaraprotokolls. Außerdem lehne man ein Zeitlimit bei den Verhandlungen zwischen den griechischen und türkischen Zyprern ab.

"Wir arbeiten daran, so schnell wie möglich zu einer Lösung zu gelangen. Aber wir wollen uns keine zeitliche Begrenzung setzen.“ Denn, wenn sie überschritten werde, dann werde naturgemäß die Frage gestellt werden, wie es weiter gehe. “Wahrscheinlich wird dann ein Dritter auf den Plan treten, um dann wiederum den Zyprern eine Lösung vorzusetzen. Wir Zyprer sind misstrauisch, da uns sowohl die Verfassung von 1959 aufgezwungen wurde als auch der Plan von 2004", meint Stefanou.

Beidseitiger Wille erforderlich

Gemeint ist der Plan des damaligen Generalsekretärs der Vereinten Nationen Kofi Annan. Die griechischen Zyprer hatten ihn mit großer Mehrheit abgelehnt, während die türkischen Zyprer mit großer Mehrheit zugestimmt hatten. Nach Expertenmeinung dürfte aber ein neuer Lösungsvorschlag im Wesentlichen kaum anders aussehen als der Annan-Plan. Die Punkte, die damals von vielen griechischen Zyprern kritisiert wurden, werden heute wohl kaum anders gelöst werden. So zum Beispiel bei Fragen des Rückkehrrechts von griechischen Flüchtlingen in den Norden, bei der Rückgabe von Eigentum, bei der dauerhaften türkischen Militärpräsenz oder der Beibehaltung eines türkischen Interventionsrechtes. Darüber hinaus wird ein vereintes Zypern eine kollektive Führung haben mit Vetorecht für die griechische und die türkische Volksgruppe. So stand es im Annan-Plan und auch in der Verfassung von 1959. Eine solche Regelung kann aber nur funktionieren, wenn beide Seiten es wollen.

Daran zweifelt der Türkeiexperte Heinz Kramer von der Berliner "Stiftung Wissenschaft und Politik". Während er dem zyprischen Präsidenten Christofias den Willen für eine Lösung zugesteht, bezweifelt er das für Christofias Bündnispartner in der Regierung: "Ich habe durchaus den Eindruck, dass das Ziel, das er verfolgt, und die Kompromissmöglichkeiten, die er auslotet, von seinen Koalitionspartnern und auch von der griechisch-orthodoxen Kirche, zumindest ihrer Führung, in keinster Weise befürwortet werden. Wie stark ist eigentlich die Position, die Herr Christofias vertritt, und wie groß sind seine Chancen, die Kompromisse, die er aushandelt, auch durchzusetzen?" Diese Frage wurde in Berlin nicht beantwortet und wahrscheinlich könnte sie zur Zeit auch auf Zypern niemand beantworten.

Autor: Panagiotis Kouparanis

Redaktion: Bernd Johann

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