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Politik

Warum das BKA im Fall Daphne ermittelt

Maximiliane Koschyk
24. Mai 2018

Deutsche Ermittler untersuchen die Unterlagen der ermordeten Journalistin Daphne Caruana Galizia. Sie könnten neue Erkenntnisse zu den "Panama Papers" liefern. Warum die deutsche Justiz so wichtig für diesen Fall ist.

Malta | Gedenken an die ermordete Journalistin Daphne Galizia
Bild: picture-alliance/dpa/L. Klimkeit

Zwei Laptops und drei Festplatten: Sie gehörten Daphne Caruana Galizia. Auf ihnen verwahrte die maltesische Journalistin ihre gesammelten Recherchen - bis zu ihrer Ermordung. Die Geräte liegen jetzt beim deutschen Bundeskriminalamt (BKA). Ein Bevollmächtigter der Familienangehörigen Caruana Galizias hatte sie am 27. April dieses Jahres der deutschen Ermittlungsbehörde ausgehändigt. Das bestätigte die zuständige Staatsanwaltschaft Wiesbaden der DW.

Die Familie der vor etwas mehr als einem halben Jahr ermordeten Journalistin soll sich geweigert haben, die Computer den maltesischen Ermittlern zu übergeben. Caruana Galizia hatte der örtlichen Polizei nicht getraut. Ihr Ehemann und die Söhne sollen befürchtet haben, die maltesische Polizei könnte Beweismittel verschwinden lassen und Informanten der Journalistin könnten durch die darauf enthaltenen Informationen kompromittiert werden. Daher hätten sie sich entschlossen, das Material stattdessen der deutschen Ermittlungsbehörde zu geben.

Großes Vertrauen in deutsche Justizbehörden

"Ich würde in diesem konkreten Fall sagen, dass man wahrscheinlich sehr viel Vertrauen hat in die Professionalität der Forensiker beim Bundeskriminalamt", erklärt Ulf Buermeyer, der als Richter in Berlin tätig ist. Die regierungskritische Reporterin war am 16. Oktober 2017 durch eine Autobombe in Malta getötet worden. Seither hat die dortige Justiz praktisch keine Ermittlungsfortschritte vermeldet.

Die 53-Jährige hatte mehrere Korruptionsaffären in Malta aufgedeckt. Sie hatte auch zu Vorwürfen in dem Steuerskandal rund um die sogenannten "Panama Papers" recherchiert - auch im Zusammenhang mit Maltas sozialdemokratischem Regierungschef Joseph Muscat und dessen Frau.

Maltas Ministerpräsident Joseph Muscat war das Ziel der Recherchen Caruana GaliziasBild: picture-alliance/AP Photo

Spuren im Mordfall führen nach Aserbaidschan

Die Spuren zu dem Mord an Caruana Galizia führen unter anderem nach Aserbaidschan. Ein halbes Jahr zuvor hatte sie mit ihren Recherchen mögliche Korruptionsverbindungen zwischen maltesischen Banken und aserbaidschanischen Eliten offengelegt. Das sogenannte "Daphne Project", ein Netzwerk von 45 Journalisten aus 18 Redaktionen weltweit, hat in seinem Versuch, die Arbeit der Journalistin fortzuführen, vergangenen Monat ähnliche Ergebnisse veröffentlicht. 

"Es gibt wahrscheinlich wirklich kaum eine Behörde in Europa, die so wenig im Verdacht steht, sich von aserbaidschanischen Mafiastrukturen beeindrucken zu lassen wie das BKA", erklärt Buermeyer. Als Vorsitzender der Gesellschaft für Freiheitsrechte engagiert sich der Jurist für Rechtsstaatlichkeit in Deutschland und der Welt. "Es ist sehr positiv, wenn auch im Ausland ein Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit deutscher Ermittlungsbehörden besteht."

Neue Erkenntnisse zu den Panama Papers?

Das Material auf den beim BKA gesicherten Datenträgern soll die gesammelten Recherchen der Journalistin umfassen, inklusive unveröffentlichter Ergebnisse. Darunter könnten sich auch weitere Arbeiten der Journalistin zu den "Panama Papers" befinden, heißt es von Seiten der Wiesbadener Staatsanwaltschaft. Die Daten gelten aber auch als brisant, weil sie Hinweise auf Informanten enthalten können. Deren Aussagen könnten womöglich weitere Auskünfte über die mutmaßliche Korruption in Malta sowie die Motive der bislang unbekannten Hintermänner des Mordes geben.

"The Daphne Project" will das Erbe der Journalistin wahrenBild: The Daphne Project

Das BKA wertet diese Informationen nun aus. Bislang aber gibt es nach Angaben der Wiesbadener Staatsanwaltschaft keine genaueren Erkenntnisse. Das BKA teilte der DW, dass es zu den Vorgängen derzeit keine Stellungnahme plant.

In der Vergangenheit hatte die Staatsanwaltschaft Wiesbaden bereits mit maltesischen Justizbehörden zusammengearbeitet. Die Malteser hatten sich im Rahmen der Ermittlungen um die "Panama Papers" mit einem Rechtshilfegesuch an die Wiesbadener gewandt. Das war kurz nach der Ermordung Caruana Galizias. Wie die Staatsanwaltschaft der DW mitteilte, sei dieser Vorgang aber bereits beendet.

Der deutsche Rechtsstaat ist ein Exportgut

Der deutsche Rechtsstaat sei im Ausland beliebt und in Teilen sogar ein regelrechtes Exportgut, erklärt Buermeyer: "Das Bundesjustizministerium arbeitet seit Jahren daran, das materielle deutsche Recht, zum Beispiel das Bürgerliche Gesetzbuch, in andere Länder zu exportieren." Teile deutscher Gesetzestexte finden sich unter anderem in den Rechtssystemen Georgiens, der Türkei, aber auch in Japan und China wieder. Auch die Struktur des deutschen Justizapparats und die Wächterrolle des Bundesverfassungsgerichts schafften großes Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit Deutschlands, sagt Buermeyer. 

Auch wenn das BKA nun die wertvollen Beweise gesichert hat, ist es nach Einschätzung des Rechtsexperten unwahrscheinlich, dass deutsche Behörden eigene Ermittlungen aufnehmen. Rein hypothetisch müsste es dafür eine Verbindung zwischen Deutschland und den von Caruana Galizia recherchierten Straftaten geben. Wenn zum Beispiel eine kriminelle Vereinigung mit Beteiligten aus Deutschland hinter der Ermordung stünde, dann könne auch eine Ermittlung in Deutschland in Frage kommen. "Aber das", stellt Buermeyer klar. "ist soweit es öffentlich sichtbar ist, zurzeit völlig hypothetisch."

Das BKA werde die Unterlagen bis auf weiteres nicht an Malta aushändigen, bestätigte die Staatsanwaltschaft Wiesbaden der DW. Stattdessen könnten maltesische Behörden erneut ein Rechtshilfegesuch stellen und dann vielleicht eine Kopie der erhobenen Daten bekommen. Der Umweg über die deutschen Behörden sollte nach dem Willen der Angehörigen Caruana Galizias vor allem hauptsächlich sicherstellen, dass keine Informationen verschwinden.