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Politik

Welche Zukunft hat Fridays for Future?

4. August 2019

Aufruhr der Abiturienten: Auf ihrem Sommerkongress feiert sich die Klimaschutz-Bewegung Fridays for Future selbst und verspricht Deutschland einen "heißen Herbst". Eindrücke aus Dortmund von Astrid Prange.

Fridays for Future - Sommerkongress in Dortmund
Bild: picture-alliance/dpa/C. Seidel

Es muss schneller gehen. Ausstieg aus der Kohleenergie 2038 - warum geht das nicht schneller? Eine Steuer auf Kohlendioxid - warum ist dies nicht schon längst vom Bundestag verabschiedet worden? Beim Sommerkongress der Klimaschutz-Bewegung Fridays for Future in Dortmund drücken die Teilnehmer aufs Tempo. Sie demonstrieren und debattieren. Sie streiken und feiern. Sie pflanzen Bäume und schmieden Pläne für einen "heißen Herbst".

Viel Lob, wenig Veränderung

Die Ungeduld der rund 1600 Teilnehmer des viertägigen Treffens ist mit den Händen zu greifen. Auf jedem Panel, in jedem Workshop, in jeder Debatte geht es darum, wie Politikern Beine gemacht werden könnten.

"Die Politiker loben uns und tätscheln uns den Kopf", sagt Sebastian Grieme. "Aber sie tun nichts!". Der 19-jährige Physikstudent aus Potsdam will nicht länger warten. Für Fridays for Future wertet er die neuesten wissenschaftlichen Studien aus.

Physikstudent Sebastian Grieme: "Es ist nicht anstrengend, etwas zu verändern"Bild: DW/A. Prange De Oliveira

Seine Forderung: "Wir brauchen eine Politik, die sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichtet und nicht an Interessen von Lobbyisten."

"Dann verliert uns die Politik"

Der junge Mann gehört zu den selbstbewussten Protagonisten einer Bewegung, die in Deutschland seit acht Monaten politischen Druck in Sachen Klimaschutz aufbaut. Es sind Studenten und Abiturienten, die Angela Merkel und ihr Kabinett herausfordern.

Beim Panel zu der Frage "Ist Klimapolitik noch sozial?" nehmen die Aktivisten den Wirtschaftsweisen Christoph Schmidt in die Mangel. Sie wollen von dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wissen, warum die Regierung anscheinend so viel Angst vor der Einführung einer CO2-Steuer hat.

Kritische Blicke: Wirtschaftsweiser Christoph Schmidt (von hinten) stellt sich den Fragen der Aktivisten in DortmundBild: DW/A. Prange De Oliveira

Ökonom Schmidt ringt um eine Antwort und weiß schon, dass die Jugendlichen sich mit dieser nicht zufrieden geben werden. Seine Erklärung: Auch wenn die Mehrheit der Bevölkerung durch die Einführung einer solchen Steuer gewönne, so erführe doch eine Minderheit Nachteile: "Die Politik will aber keine Bevölkerungsgruppe verlieren."

Die Erwiderung kommt prompt. "Dann verliert die Politik eben uns", sagt Franziska Link. Die 19-jährige Abiturientin aus Köln will Umweltwissenschaft studieren und ist begeistert von dem Kongress. "Es sind Sommerferien und die Leute hier machen viel mehr als die Politiker, die in den Urlaub fahren!"

"Bleibt eine Bewegung!"

Druck machen auf die Politik - das wollen nicht nur die Aktivisten der Bewegung Fridays for Future, sondern auch die geladene Gäste und Experten auf dem Sommerkongress. Neben dem Wirtschaftsweisen Schmidt gehört auch Bewegungsforscher Simon Teune dazu.

"Bleibt eine Bewegung!", beschwört Teune seine Zuhörer. Der Sozialwissenschaftler von der Technischen Universität Berlin hat die Bewegung erforscht. Sein Fazit: "Parteien müssten Kompromisse machen, Bewegungen hingegen können sich auf ein Thema konzentrieren."

Hunger! Bei der riesigen Essensschlange wurden die Kongressteilnehmer täglich auf die Geduldsprobe gestelltBild: DW/A. Prange De Oliveira

Die bisherige Erfolgsbilanz der Fridays for Future gibt ihm recht. Seit in Deutschland jeden Freitag Schüler und Studenten fürs Klima streiken und die Europawahl im vergangenen Mai den Grünen einen politischen Höhenflug bescherte, gehört der vernachlässigte Klimaschutz in Deutschland wieder zu den politischen Topthemen.

Rückendeckung aus dem Revier

Entsprechend groß war die Unterstützung für den Kongress mitten im Dortmunder Revierpark. Bei der Organisation des Mega-Events, mit der nicht zwei Jahre, sondern lediglich zwei Monate im Voraus begonnen wurde, war die Hilfsbereitschaft enorm.

Nicht nur die Stadt Dortmund und die Freizeitanlage Revierpark, auch Greenpeace, die Arbeiterwohlfahrt, die Evangelische Jugend Dortmund, die Volxküche aus München und viele andere Organisationen halfen bei Unterbringung und Verköstigung der rund 1600 Teilnehmer.

Organisatorin Carla Reemtsma: "Es wird nicht ruhiger. Wir machen weiter"Bild: DW/A. Prange De Oliveira

Nach vier Tagen Sommerkongress mit 400 Workshops ist klar: Die Zeit des Tätschelns und Hätschelns ist vorbei. "Die Proteste reißen nicht ab, es wird nicht ruhiger und entspannter", stellt Aktivistin und Organisatorin Carla Reemtsma klar. "Gerade im Herbst, wo wichtige politische Ereignisse anstehen, müssen wir noch lauter und größer auf der Straße sein."

Der Countdown läuft. Für den 20. September, wenn das Klimakabinett der Bundesregierung seine Ergebnisse verkündet, hat die Bewegung zu einem bundesweiten Klimastreik aufgerufen. Drei Tage später, am 23. September, bricht Kanzlerin Angela Merkel zum UN-Klimagipfel in New York auf.

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